Werden Sie mit EXPRESS zum Brauchtumsretter oder zur Braumtumsretterin! In einer neuen Serie stellen wir Ihnen das kölsche Brauchtum vor. Im vierten Teil unserer Brauchtums-Serie geht es um den Karneval.
Liebe dein BrauchtumKölle alaaf! Karneval alaaf! Aber worum geht es eigentlich wirklich?
Köln. Unser Brauchtum. Heimat, Gemeinschaft, Identität. Doch durch Corona, Krisen und den schnellen Wandel der Gesellschaft schlafen viele Traditionen, die uns Eltern und Großeltern „met Hätz und Siel“ vermittelten, langsam ein. Jetzt aber kommt der Weckruf: Liebe Dein Brauchtum! Heute: Die Bedeutung des Karnevals für Köln und die Jecken.
Liebe dein Brauchtum: Kölner Karneval ist weltweit bekannt
Wer Kölns größte Sause googelt, findet das: „Der Kölner Karneval ist ein rheinisches Volksfest, das weltweit zu den größten und bekanntesten Karnevalsfesten zählt. Er wird mundartlich auch ‚Fastelovend‘ oder ‚Fasteleer‘ genannt. Die Karnevalssession oder die ‚fünfte Jahreszeit‘ wird offiziell am ‚Elften im Elften‘, dem 11. November, um ‚Elf Uhr Elf‘ auf dem Kölner Alter Markt bzw. Heumarkt mit Auftritten der bekanntesten Karnevalsmusiker vor mehreren tausend Zuschauern sowie mit der Vorstellung des designierten Kölner Dreigestirns eröffnet.
Die Aktivitäten steigern sich schrittweise: Nach der ruhigen Advents- und Weihnachtszeit beginnen ab Neujahr die Korpsappelle, Karnevalssitzungen und -bälle mit Auftritten von Büttenrednern sowie Tanz- und Musikgruppen. Anfang Januar findet die Prinzenproklamation statt. Am Donnerstag vor Aschermittwoch, dem Tag der Weiberfastnacht, wird um 11.11 Uhr ebenfalls auf dem Alter Markt der Straßenkarneval eröffnet. Von diesem Zeitpunkt an feiern die Jecken in den Kneipen und auf der Straße bis zum Abend des Karnevalsdienstags.
Am Karnevalssonntag finden die Kölner Schull- un Veedelszöch statt. Die besten Fuß- und Wagengruppen der Veedel werden dabei prämiert und dürfen am Rosenmontagszug teilnehmen. Der offizielle Höhepunkt ist der Rosenmontagszug. In der Nacht zum Mittwoch wird in den Veedeln als Abschiedsbrauch die Nubbelverbrennung abgehalten. Am Aschermittwoch finden nur noch interne Abschlusstreffen, meist ein gemeinsames Fischessen, statt.“
Liebe dein Brauchtum: „Es geht nicht nur um Oberfläche“
Weiß man nun dank Wikipedia alles über Karneval? Nein. Denn auch die Regeln eines Fußballspiels lassen beim Lesen nichts davon erahnen, was passiert, wenn es passiert ...
Diese kribbelige Vorfreude, dieser Spaß am Kostümieren, Schminken, Feiern mit Familie, Freunden, Nachbarn. Das Eintauchen in das bunt schillernde Meer schunkelnder Jecken. Das irre Spektakel am Rosenmontag. Diese plötzliche Explosion der guten Laune. Und ...
„Moment!“ sagt Kölns oberste Karnevals-Koryphäe Reinold Louis (81), unangefochtener, hochdekorierter und preisgekrönter Kenner des Brauchtums. „Es geht nicht nur um Oberfläche, es geht um viel mehr. Es geht um eine innere Fröhlichkeit, die uns Kölschen angeboren ist. Karneval kann man nicht lernen. Dieses Brauchtum bekommt man in die Wiege gelegt. Wer Karneval nicht feiern kann, dem fehlt sehr viel. Das kann kein Mensch, der nicht in Kölle geboren ist, nachempfinden.“
Liebe dein Brauchtum: 200 Jahre Kölner Karneval
Kein Wunder: Karneval am Rhein wird schon seit Menschengedenken gefeiert, betont Dr. Philipp Hoffmann vom Verein der „Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums“: „Ursprünglich ein echtes Volksfest: wild, anarchisch, und ein Ärgernis für die Regierenden. Offiziell, mit festgeschriebenen Regeln, Roten Funken und Rosenmontagszug mit Held bzw. Prinz erst seit 1823.“
Schon Goethe wusste: „Karneval ist ein Fest, das dem Volke eigentlich nicht gegeben wird, sondern das sich das Volk selbst gibt.“ Im Jubiläumsjahr 2023 sollen dann „200 Jahre Kölner Karneval“ groß gefeiert werden – das ganze Jahr über mit vielen Aktionen, Konzerten und Events, die Planungen laufen. Und FK-Gesellschaften, die auch in diesem Jahr gegründet worden sind, etwa die Grosse von 1823, die Roten Funken und die Tanzgruppe Hellige Knäächte un Mägde mischen kräftig mit.
Für große und kleine Jecken ist auch à la Panini ein Karnevals-Sammelalbum geplant, das Gesellschaften, Bands und Künstler abbildet. Und bis dahin? Hoffen alle Jecke und ihr Dreigestirn in der zweiten Session auf einen Fastelovend, der nicht unter der Corona-Knute steht. In zwölf Wochen ist der 11.11. Kölle alaaf, Karneval alaaf!
Liebe dein Brauchtum: „Beim Schunkeln hüpft mein Herz“ – Prof. Kollmann über seine jecke Parallelwelt
Bei vielen Jecken prallen im Karneval Welten aufeinander. So wie bei Tobias Kollmann, der als Hochschulprofessor, Digitalexperte und Unternehmer in der Session die Parallelwelt der Prinzen-Garde genießt.
Was sind für Sie die schönsten Momente im Karneval?
Prof. Kollmann: Wenn man als letzte Gruppe im Rosenmontagszug den Kindern noch mit seinen Kamellen eine Freude machen kann und die sich immer noch artig bedanken, obwohl deren Büggel schon mehr als voll sind.
Wann hüpft Ihr jeckes Hätz?
Prof. Kollmann: Mit dem Dreigestirn in einem Altenheim einzuziehen und dann die Senioren zum Schunkeln in den Arm zu nehmen - das ist immer ein ganz besonderer Moment, wo mir mein Herz aufgeht und ich merke, welch wichtige Aufgabe der Karneval für die Menschen haben kann.
Wie vereinbaren Sie Beruf, Familie und Karneval?
Prof. Kollmann: Leider muss ich mir die Termine sehr gezielt aussuchen und gut planen. Schließlich wollen meine Studenten ebenso gut in ihrem Studium von mir begleitet werden wie das Dreigestirn während meiner Wache. Ansonsten versuche ich, Freunde und Familie zu unseren Sitzungen mitzunehmen.
Wie lange wollen Sie noch im Karneval aktiv bleiben?
Prof. Kollmann: So lange wie möglich und im Gegensatz zu meinem Beruf, wo man als Professor ja irgendwann einmal in Pension geschickt wird, darf man bei der Prinzen-Garde zum Glück bis ins hohe Alter aktiv bleiben.
Morgen lesen Sie in der großen Brauchtums-Serie: Alles über die Kölsche Küche. Himmel un Äd, Halver Hahn, Hämmchen oder Rievkooche? Warum es die Kölnerinnen und Kölner gerne deftig mögen.
So viel Spaß macht der neue EXPRESS-Brauchtums-Pass
Der Brauchtums-Pass steckt im nächsten gedruckten Sonntag-EXPRESS. In ihm findet jeder Inhaber 16 Aufgaben, Zeit dafür ist bis 22.Oktober. Wer elf Stück gelöst hat, wird zum Brauchtumsretter und Gast eines tollen Treffens. Alle Aufgaben und der Pass werden noch einmal im EXPRESS am 24. August veröffentlicht.