Sie war die große Hoffnung Russlands auf eine Olympische Goldmedaille in der Rhythmischen Sportgymnastik. Dann stürzte Jenny Wiens mit zwölf Jahren schwer. Jetzt lebt sie in Köln.
Nach Sturz-DramaRussische Ex-Olympiahoffnung lebt jetzt in Köln
Köln. Mit gerade einmal zwölf Jahren erlebte Jenny Wiens (27) den schrecklichsten Moment ihres Lebens. Das junge Mädchen war zu diesem Zeitpunkt eine der größten Olympia-Hoffnungen ihres Landes. Ihr Leben bestand nur aus Schule und Training der Rhythmischen Sportgymnastik. An der Olympischen Sportschule in Moskau ackerte sie hart für ihren großen Traum – ehe dieser in nur einer Sekunde jäh zerplatzte.
Jenny Wiens: Frühere Olympiahoffnung Russland lebt nach Sturz-Drama in Köln
„Ich hatte einen Unfall. Ich war russische Meisterin geworden und habe mich auf die Titelverteidigung vorbeireitet. Bei einer Übung mit dem Ball bin ich beim Salto gestürzt und auf meinen Nacken geknallt“, erzählt Wiens im Gespräch mit EXPRESS.de. Mit schlimmen Folgen.
Die ambitionierte Sportlerin sah sich plötzlich für lange Zeit im Krankenhausbett. Der vorher so bewegliche und grazile Körper gelähmt, das Gefühl in den Beinen – von der Hüfte bis in die Zehenspitzen – einfach weg.
„Da wurde mir dann gesagt: Die Sportkarriere ist vorbei. Es wird nichts mehr mit Olympia“, so Wiens. Aus der Traum. Alle Hoffnung von ihr selbst, den Eltern, Trainern zerstört. „Das war sehr hart“, sagt Wiens und versucht eine Träne zu unterdrücken. „Wenn du dich dann im Rollstuhl im Spiegel siehst, ist das einfach hart.“
Gerade jetzt, wo die Olympischen Spiele in Tokio laufen, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Am Samstag (6. August) steht dort die Rhythmische Sportgymnastik auf dem Programm. „Ich habe mir extra einen Wecker gestellt. Ich freue mich darauf, es zu sehen. Für mich die schönste Sportart, die es gibt“, so Wiens.
Jenny Wiens: Sturz-Drama brachte sie nach Deutschland
Die schöne Nachricht: Ihren Sport konnte sie zwar nicht mehr ausüben, doch die Lähmung hielt nicht dauerhaft an. Letztlich stellten die Ärzte fest, dass sich ein Nerv im Rücken verklemmt hatte. Und diese Verklemmung ließ sich wieder lösen. Auch, so Jenny, weil sie selbst immer daran glaubte. „Wenn man positiv denkt, dann kann man viel erreichen“, sagt die Deutsch-Russin (Papa Deutscher, Mama Russin).
Dennoch entschied ihre Familie, das Drama hinter sich zu lassen – und zog in die deutsche Heimat ihres Vaters. Nur ein halbes Jahr nach dem Unfall folge der Umzug nach Köln.
„Dadurch bin ich nicht in ein Trauma verfallen. Ich hatte eine neue Aufgabe: Die Sprache lernen, neue Freunde finden“, sagt Jenny. Und bis heute lebt sie hier. Auch wenn sie das Unfall-Drama weiterhin beeinträchtigt – langes Stehen auf einer Stelle fällt ihr schwer, die Gefahr eines Rückfalls schwebt über ihr. „Mit 16 hatte ich einen Rückfall, war wieder gelähmt und lag im Krankenhaus. Aber das war eher psychisch.“
Und sie ist froh, überhaupt laufen zu können. „Ich stehe jeden Morgen auf und bin dankbar, sagt sie. Und sogar noch mehr: „Spagat und Salto kann ich noch – aber ich stand nicht mehr bei einer Meisterschaft auf dem Teppich, wie man sagt. Ich habe damals damit abgeschlossen.“
Nach ihrem eigenen Sturz-Drama unterstützt sie heute Menschen mit ähnlichen Schicksalen. Wiens: „Ich bin Personal Trainerin mit medizinischem Schwerpunkt. Helfe also Menschen nach einem Bandscheibenvorfall oder wenn sie eine künstliche Hüfte brauchen.“