Peter-und-Paul-AngriffDer Tag, an dem das alte Köln unterging

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Beim Peter-und-Paul-Angriff starben tausende Menschen und die Stadt lag in Schutt und Asche. Nur der Dom stand noch.
Köln – Unerträgliche Hitze, verbrannte Leichen, notdürftig mit Pappe bedeckt. Brennende Häuser und Trümmer, nichts als Trümmer. In der Nacht zum 29.?Juni 1943 um 1 Uhr morgens ging das alte Köln unter. Beim sogenannten „Peter-und-Paul-Angriff“.
Es war das schlimmste Bombardement Kölns im Zweiten Weltkrieg, die Metropole am Rhein wurde in Schutt und Asche gelegt. Gürzenich, Rathaus, alle romanischen Kirchen – schwer getroffen. Einzig der Dom hatte den Bombenhagel relativ unbeschadet überstanden und ragte wie ein Mahnmal gen Himmel.
262 Mal wurde Köln zwischen dem 31. Mai 1942, der Nacht des „1000-Bomber-Angriffs“, und 1945 von alliierten Luftgeschwadern angegriffen. 1,5 Millionen Bomben gingen nieder. 20.000 Menschen starben, 95?Prozent der Altstadt wurden zerstört.
Beim Angriff am 29. Juni 1943 starben 4377 Menschen, 10.000 wurden verletzt, 230.000 waren nach dem „Peter-und-Paul-Angriff“ obdachlos. Der 29. Juni ist der Gedenktag der beiden Apostel Simon Petrus und Paulus.
Im EXPRESS schildern drei Zeitzeugen die schrecklichste aller schrecklichen Nächte - auf der nächsten Seite lesen Sie, wie Jean Pütz den Angriff erlebte!
„Leichen. Es lagen überall Leichen.“ Wenn Jean Pütz (76) sich an die verheerende Bomben-Nacht erinnert, kommen der „Hobbythek“-Legende die Tränen. Seine Stimme stockt, als er an die schlimmen Stunden denkt, die er mit seiner Familie am Blaubach/Perlengraben erlebt hat. „Ich war mit meinen Eltern im Keller unserer Brauerei. Zwölf Stunden haben wir ausgeharrt, und ich als Kind hatte wahninnige Angst.“
Als die Familie Pütz nach dem Angriff das Tageslicht erblickte, war nichts mehr wie vorher: „Ich musste über eine tote junge Frau steigen, die ein blaues Kleid mit weißen Punkte anhatte. Das brennt sich ein, das lässt dich dein Leben lang nicht mehr los.“
Auf eine Laterne schrieb die Mutter: „Die Pützens leben noch.“ Zum Glück hatte die Familie die Kellertür zugelassen und nicht geöffnet, denn: „Alle Menschen in den umliegenden Kellern, es müssen ungefähr 60 gewesen sein, sind erstickt. Wir hatten großes Glück“, erzählt Pütz. Sein geliebtes Köln lag in Schutt und Asche.
Der Moderator stellt klar: „Ich hege keinen Groll auf die Engländer. Der Verbrecher war Hitler.“ Und dann sagt er noch: „Wenn wir heutzutage über manche Dinge klagen, ist das nichts dagegen, wie dreckig es uns damals ging. Bitte erinnert euch daran!“
Auf der nächsten Seite: So überlebte Paul Brandt (81) im Bunker am Kölner Dom
„Ob es wohl noch jemanden gibt, der in dieser Nacht mit mir im Dombunker war? Der lag genau da, wo heute das Römisch-Germanische Museum steht“, erzählt Paul Brandt (81).
Der Vater war an der Front gefallen, der damals Elfjährige erlebte die Nacht mit Mutter und Schwester (damals 8). „Als ich am Morgen wieder aus dem Bunker herauskam, brannte es überall: Das gegenüberliegende Feuerwehrhauptgebäude, Dom-Hotel, Stollwerck-Haus, Café Reichardt“, erinnert sich der ehemalige Bankangestellte.
„Überall nur Feuer, Rauch, Tote und Verletzte. Ich hatte so große Angst – und schlug mich trotzdem zum Rheinufer durch. Dort erfuhr ich, dass es auf einem KD-Schiff was zu essen geben würde. Also bin ich zurück zum Bunker, habe meine Mutter informiert. Zusammen sind wir wieder aufs Schiff. Mit ihm gelangten wir nach Remagen, wurden dann für 14 Tage nach Antweiler an der Ahr gebracht. Zurück in Köln landeten wir in der Niehler Straße – und wurden im Oktober 1944 wieder ausgebombt.“
Auf der nächsten Seite: Albin Köhler (81) schildert, wie seine Familie alles verlor.
„Zum Glück war ich in dieser schrecklichen Nacht nicht in Köln“, sagt Albin Köhler (81). „1943 war ich elf Jahre alt und mit 150 anderen kölschen Jungs mit der Kinderlandverschickung im Salzburger Land. Aber meine Großeltern hatten an der Hahnepooz eine Schuhmacherei – von der stand nachher nix mehr, alle Werkmaschinen waren zerstört. Zusammen flüchteten Oma und Opa nach Bad Aussee in Österreich. Sie waren froh, dass sie diese Nacht, in der es nichts gab als Tod und Verwüstung, überlebt hatten.“
Köhlers Eltern waren in Köln geblieben. „Um Brot zu backen“, erzählt er. „Mein Vater war der einzige Bäcker in Ehrenfeld und war deshalb vom Frontdienst befreit worden.“ Beide überlebten.
Wie durch ein Wunder überstand der Dom die Angriffe: Niklas Möring beschreibt die zum Teil abenteuerlichen Geschichten rund um die Rettung der Kathedrale.