Vor dem Kölner Landgericht begann ein Prozess gegen drei mutmaßliche Betrüger. Sie sollen Investoren im großen Stil aufs Kreuz gelegt haben.
Prozess in KölnInvestoren aufs Kreuz gelegt: So soll ein Herren-Trio Millionen ergaunert haben
Köln. Der eine humpelt in den Gerichtssaal, der andere schiebt einen Rollator vor sich her. Nur der dritte Angeklagte wirkt, als käme er gerade vom Golfplatz. Drei ältere Herren, zum Teil schwer krank, sitzen seit Freitag (10. September 2021) auf der Anklagebank im Kölner Landgericht. Doch der Eindruck täuscht. Glaubt man der Staatsanwaltschaft, handelt es sich bei dem Trio um hochkarätige Wirtschaftsverbrecher. Der Vorwurf: besonders schwerer Betrug als Mitglied einer Bande.
Als Staatsanwalt René Seppi die Anklage vorliest, fällt dann auch so manchen Zuhörer die Kinnlade runter. Denn die drei Herren (69, 57, 50) sollen zwischen November 2011 und Februar 2021 insgesamt mehr als 11.5 Millionen Euro ergaunert haben.
Prozess in Köln: Angeklagte täuschten mit falschen Versprechen
Als Verantwortliche einer US-Firma sollen sie eine Vielzahl von Investoren mit falschen Renditeversprechen getäuscht haben. So sollen sie behauptet haben, dass ihre Firma mit einem Finanzvolumen von 10 Milliarden Dollar ausgestattet sei und diese als Treuhänderin dafür Sorge trage, dass die Anleger kapitalgesicherte Investments mit hoher Rendite mit Hilfe einer Bank in Dubai tätigen könnten. Laut Staatsanwaltschaft war die Firma in Oregon aber faktisch vermögenslos, also bloß eine Scheinfirma.
Angeklagt sind insgesamt 85 Fälle. Wie beim Schneeball-System typisch bekamen die ersten Anleger auch tatsächlich ihr Geld zurück, der Rest soll jedoch in die Röhre geguckt haben. In 58 Fällen sei, so Seppi, „ein Vermögensverlust in großem Ausmaß“ herbeigeführt worden. Beim Prozessauftakt war auch eine ältere Dame anwesend, die nach eigener Aussage ihre Söhne vertrat, die 100.000 Euro verloren hätten. Weitere Opfer sollen an den folgenden Prozesstagen kommen.
Kölner Hauptangeklagter soll als „Prof. Dr. Dr.“ gezeichnet haben
Besonders der 50-jährige Hauptangeklagte schien eine schillernde Persönlichkeit. Er ließ sich in der schnieken Uniform eines US-Offiziers ablichten, ein anderes Mal schlicht als Prediger oder lässig mit Pferden aus seiner eigenen Zucht in Spanien. Er soll dick aufgetragen haben. Ein Schreiben an den Kölner Superintendenten soll er als „Prof. Dr. Dr.“ gezeichnet haben, obwohl er die Titel nie erworben hatte.
Während die Investoren gutgläubig auf ihre Rendite warteten, sollen die Angeklagten einen Großteil des Geldes für sich ausgegeben haben. Nicht nur für teure Fahrzeuge. So soll der Hauptangeklagte viel Geld unter anderem für das Sponsoring seines Reitstalls genutzt oder sich und einem anderen Angeklagten mal eben einen Bonus von jeweils 75.000 Euro genehmigt haben.
Hauptangeklagter untergetaucht – dann Festnahme in Berlin
Ein Leben in Saus und Braus, wie es schien. Das böse Erwachen kam Anfang 2019. Nach langjährigen verdeckten Ermittlungen standen im spanischen Domizil des Hauptangeklagten die Ermittler auf der Matte. Er wurde abgeführt, später gegen Auflagen wieder vorläufig freigelassen, weil er einen Wohnsitz in Spanien hatte und dort mit seiner Familie lebte. Die Kölner Staatsanwaltschaft beantragte seine Auslieferung. Doch er floh, tauchte in Deutschland unter. Im Dezember 2020 konnte er in Berlin festgenommen waren, sitzt seitdem in U-Haft.
Der 50-Jährige hat eine Beinthrombose und es besteht der Verdacht eines Bauchspeicheldrüsen-Tumors. „Mein Mandant befindet sich trotz schwerer Krankheit seit über neun Monaten in Untersuchungshaft. Das ist eines Rechtsstaates nicht würdig“, so seine Verteidigerin Pantea Farahzadi. „Er bestreitet die Vorwürfe.“ Auch der 69-jährige Angeklagte ist krank und benötigt alle zwei Stunden eine Prozesspause.
Es wird ein Mammutprozess vor der Wirtschaftsstrafkammer. Insgesamt 31 Verhandlungstage sind eingeplant. Mit einem Urteil wird Ende Januar 2022 gerechnet. (iri)