Nach dem Tod einer zweifachen Mutter in Rodenkirchen stand jetzt ein 72-Jähriger vor Gericht. Das Urteil fiel am selben Tag.
„Menschliche Katastrophe“Zweifache Mutter stirbt bei Unfall in Köln – Urteil gegen Rentner
Weihnachten heißt, sich mit Menschen umgeben, die man liebt, bei der Familie sein. Doch für zwei junge Frauen ist es seit 2022 eine besonders schwere Zeit – Heiligabend ist der Tag, an dem ihre Mutter starb.
Dafür musste sich am Montag (22. Januar 2024) ein Rentner (72) vor dem Kölner Amtsgericht wegen fahrlässiger Tötung verantworten.
Prozess in Köln: Zweifache Mutter wird an Heiligabend von Pkw erfasst
Am Unglückstag gegen 17.15 Uhr war der Angeklagte mit seinem Opel Zafira in Rodenkirchen unterwegs, als er beim Rechtsabbiegen in die Hammerschmidtstraße die zweifache Mutter (†54), die ihm auf einem Pedelec entgegen kam, erfasste.
Der Vorwurf: Der Rentner hätte die Radlerin sehen müssen, wenn er richtig geguckt hätte. Zwar hatte die Frau den Radweg auf der falschen Seite, also entgegen der Fahrtrichtung genutzt, doch, so stellte die Richterin klar, habe sie trotzdem Vorfahrt gehabt.
Angeklagter entschuldigt sich und schildert Unglückstag in Rodenkirchen
„Ich wollte noch mein aufrichtiges Beileid ausdrücken. Entschuldigung. Es ist leider nicht mehr gutzumachen“, sagte der Angeklagte direkt bei Prozessbeginn. Schräg hinter sich hatte er seinen Rollator geparkt, vor sich auf dem Tisch stand seine Herrenhandtasche.
Er erzählte, dass er an dem Nachmittag des Heiligabends nach einem Bankbesuch auf dem Heimweg nach Wesseling war. „Ich kenne die Straße aus dem Effeff“, erklärt er und fügte hinzu, dass er ein sehr versierter Fahrer sei.
An der Unglückskreuzung sei er mit zirka 10 km/h abgebogen, der Zusammenstoß dann „wie aus heiterem Himmel“ passiert. Er beharrte darauf, nach rechts und links geguckt, aber weder die Radfahrerin noch zuvor den Lichtkegel eines Fahrrades gesehen zu haben. „Es war nichts zu sehen!“, so der Mann.
Todesdrama in Rodenkirchen: Experte rekonstruiert Unfall
Ein Sachverständiger hatte jedoch festgestellt, dass das Fahrradlicht der 54-Jährigen angeschaltet war. Zudem befand sich an einer Satteltasche, die auf der rechten Seite angebracht war, ein weißer Reflektor. Der Experte hatte den Unfall auch vor Ort rekonstruiert.
Dabei kam er zu dem Schluss, dass die Leuchtintensität wahrnehmbar gewesen sei. Die Geschwindigkeit des Pkw gab er mit 25 bis 27 km/h, die des Pedelecs mit über 20, aber unter 25 km/h an.
„1,4 Sekunden vor der Kollision befand sich der Pkw noch an der Haltelinie. Für die Fahrradfahrerin, die sich da bereits mitten im Einmündungstrichter befand, war noch keine Gefahrensituation erkennbar“, erklärte der Experte. Die Frau habe nicht damit rechnen können, dass der Angeklagte ihr die Vorfahrt nimmt.
Bei dem Zusammenstoß war die 54-Jährige mit dem Kopf in die Windschutzscheibe eingeschlagen. Sie trug keinen Helm. Ihr Fahrrad zerbrach und rutschte noch zehn Meter weit.
„Wie ein dumpfer Schlag“, so ein Zeuge im Prozess am Kölner Amtsgericht
Neben dem Sachverständigen wurden auch zwei Zeugen und drei Zeuginnen gehört. Ein 58-Jähriger kam zu Fuß mit seinen beiden Töchtern vom Heiligabend-Gottesdienst und wurde Ohrenzeuge des Unfalls. Er hörte „wie einen dumpfen Schlag und das Aufheulen eines Motors“, schilderte er.
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Er hatte sich dann neben die Radfahrerin gekniet. „Ihr Kopf lag auf dem Boden, darunter hatte sich eine relativ große Blutlache gebildet“, so der Zeuge. Er fühlte ihren Puls. Erst später sei ihm bewusst geworden, dass er das Opfer über die Kinder kennt.
Amtgericht Köln: Rentner wird wegen fahrlässiger Tötung verurteilt
Am Ende wurde der Rentner wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 50 Euro verurteilt. Damit kam die Richterin der Forderung von Staatsanwaltschaft und Nebenklage nach. Die Staatsanwältin nahm es dem Angeklagten ab, dass er die Radfahrerin nicht gesehen hat. „Aber war sie für ihn zu sehen? Ja, sie war zu sehen, wenn er denn ausreichend hingeschaut hätte“, erklärte sie in ihrem Plädoyer.
Allerdings trage das Opfer eine Mitschuld, da es den Radweg in falscher Richtung genutzt habe. Letztendlich hätte die Frau den Unfall, als sie merkte, der nimmt mir die Vorfahrt, aber nicht mehr verhindern können. „Ganz anders der Angeklagte, er hätte bremsen können“, so die Anklagevertreterin. Der 72-Jährige hatte aber statt Bremse die Kupplung getreten.
„Es ist eine menschliche Katastrophe mit der denkbar schlimmsten Folge“, so die Richterin in ihrer Urteilsbegründung. Sie hielt dem Angeklagten zugute, dass er weder Punkte in Flensburg hat noch einschlägig vorbestraft ist. An den Mann gewandt, sagte sie: „Ich habe sie jetzt ehrlich betroffen erlebt.“