Rassimus-VorwürfeNach Knorr und REWE: Kölns Kultlokal schafft Zigeunerschnitzel ab
Köln – Das seit vielen Jahrzehnten beliebte, deftige Zigeunerschnitzel hatte schon immer einen kleinen Beigeschmack politischer Unkorrektheit. Doch jetzt will neben mehreren Soßenherstellern auch Kölns Lebensmittelriese REWE bei den Eigenmarken das Wort Zigeuner streichen. Und auch das Schnitzel wird in Kölns Lokalen jetzt abserviert.
Etwa beim Kult-Schnitzelrestaurant Nummer 1 in der Stadt, in der urigen Gaststätte „Bei Oma Kleinmann” an der Zülpicher Straße.
Sprecherin Maureen Wolf zum EXPRESS: „Ja, wir möchten unser Schnitzel auch umbenennen. Wenn Menschen sich durch diese Bezeichnung gekränkt und ausgegrenzt fühlen, nehmen wir das Ernst und halten es nicht für besonders schwer, den Namen zu ändern und das Problem so aus der Welt zu schaffen.“
Die Gastronomin weiter: „Wir denken schon länger darüber nach und waren bisher leider einfach zu nachlässig. Das hätten wir schon viel früher ändern sollen. Zur Zeit läuft im Team eine Umfrage, wie der neue Name lauten soll.“ Die bisherigen Vorschläge sind etwa „Puszta-Schnitzel“, „Schnitzel Rote Zora“, „Piroschka-Schnitzel“ oder einfach „Schnitzel ungarische Art“.
Während in den großen Altstadt-Brauhäusern von Gaffel und Sion das Thema keine Rolle spielt und man sich primär auf die Herausforderungen durch Corona konzentriert, wird im Rathaus-Restaurant „Consilium“ schon lang auf politische Korrektheit geachtet. Hier heißt der rustikale Leckerbissen seit Jahren „Puszta-Schnitzel“.
Chef Josef Rayes betont: „Für uns ist das selbstverständlich. Das Wort 'Zigeuner' ist diskriminierend, eine echte Beleidigung. Dieses Wort will keiner in den Mund nehmen, und insofern auch ungern ein derartiges Schnitzel bestellen.“
Zigeunerschnitzel: Meinung unter Kölns Wirten ist gespalten
Günther Schneider, Inhaber des Wirtshauses Brauerei Zum Pfaffen am Heumarkt will von derlei nichts wissen. „Bei uns heißt das Jägerschnitzel auch Jägerschnitzel, muss ich das auch ändern?“, fragt der Gastwirt: „Ich bin 60 und mache das Theater nicht mehr mit. Solange die mich dafür nicht Haft stecken, bleibe ich dabei.“
Auch im Brauhaus Reissdorf am Kleinen Griechenmarkt bleibt alles wie es war. Inhaber Reiner Wilkens sagt: „Für uns ist der Begriff der Garnitur klassisch und auf keinen Fall diskriminierend. Die Gäste kennen und mögen ihr Zigeunerschnitzel so, wie es ist. Deshalb werden wir nichts ändern.“
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In der Braustelle in Ehrenfeld, Kölns selbst ernannter kleinster Brauerei, hat man das „Zigeunerschnitzel“ schon vor längerer Zeit von der Karte gestrichen. „Wir nennen es ganz einfach Paprikaschnitzel“, erklärt Inhaber Peter Esser: „Eine Diskriminierung von Sinti und Roma wollen wir nicht und haben wir mit dieser Formulierung vermieden.“
Auch an den Imbissen der Kölnbäder könnte schon bald das Zigeunerschnitzel nicht mehr auftauchen: „Unsere Gastronomen werden sich sicher mit dem Thema auseinandersetzen“, so ein Sprecher.
Zigeunersauce: Knorr brachte die Streichliste in Gang
Nach der Ankündigung der Firma Knorr, die „Zigeunersauce“ aufgrund der Rassismusdiskussionen in „Paprikasauce Ungarischer Art“ umzubenennen, wollen auch Hersteller wie Homann und Bautz’ner ihre Saucen neu etikettieren.
Ebenso die REWE Group: „Unabhängig von der Entscheidung der Marke Knorr werden wir den Begriff Zigeunersauce bei unseren Eigenmarkenprodukten sowohl bei REWE als auch bei PENNY zukünftig nicht mehr verwenden und ersetzen“, so eine Sprecherin.
Der Hotel- und Gaststättenverband spricht sich in Restaurants für eine bedachte Sprache aus: „Gute Gastfreundschaft ist geprägt durch eine respektvolle Beziehung zwischen Gastgeber und Gast. Dazu gehört natürlich auch die passende Wortwahl, die nicht verletzend und diskriminierend sein darf.“, so DEHOGA-Köln-Chef Christoph Becker.
Zum Kochen wird die „Zigeunersauce“ (würzige, scharfe Sauce mit Tomaten, Paprika, Zwiebeln,Gewürzen) schon seit mehr als 100 Jahren verwendet.