„Pure Verzweiflung“Koch darf nicht nach Deutschland: Kölner Restaurant kämpft um Existenz

Das Restaurant Mahal von vorne.

Das „Mahal“ in der Eburonenstraße in der Kölner Südstadt. Betriebsleiterin Cane und Inhaber Onur suchen verzweifelt nach Personal.

Das Kölner Restaurant „Mahal“ braucht dringend Personal. Ein Koch ist längst gefunden, darf aber nicht nach Deutschland einreisen. Warum? Für die Betreiber und die IG Kölner Gastro ein Rätsel.

von Niklas Brühl  (nb)

Wer bei Google die Bewertungen des kleinen türkischen Restaurants „Mahal“ in der Kölner Südstadt liest, wird sich vermutlich schnell für einen Besuch des Etablissements in der Eburonenstraße entscheiden:

„Eine wunderschöne Stimmung in dem sehr liebevoll eingerichteten Restaurant“, „Das Ambiente und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unfassbar nett. Mein Aufenthalt war wie eine kurze Kulturreise“ oder „Absolut schöne und familiäre Atmosphäre. Ein Geheimtipp für die Kölner Insider“ sind nur einige der begeisterten Kommentare.

Kölner Restaurant am Limit: Behörde bremst Betreiber aus

Doch was die Gäste nicht mitbekommen: Betriebsleiterin Cane und Inhaber Onur sind schon länger am Limit. Wie lange sie ihr Restaurant unter den momentanen Umständen noch halten können, ist ungewiss. Denn: Sie werden von der deutschen Bürokratie massiv ausgebremst.

Cane und Onur führen das „Mahal“ mit Antiochia-Küche nur zu zweit. Es sei nahezu unmöglich, Personal für die Küche oder den Service zu finden. Cane kocht, spült, kümmert sich um den Einkauf, bereitet alles für den Service vor und kümmert sich darüber hinaus noch um die Internetpräsenz des Restaurants.

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„Ich habe immer 15- bis 17-Stunden-Tage“, sagt die Betriebsleiterin gegenüber EXPRESS.de. Dieser riesige Aufwand sollte sich eigentlich schon längst durch einen Neuzugang im „Mahal“ gemindert haben. Mit Özgür sollte nämlich ein Bekannter aus der Türkei, dort als Meisterkoch tätig, die Gäste in der Kölner Südstadt verwöhnen.

Alles sei vorbereitet worden: Man habe ihn zu einem Deutschkurs angemeldet, er habe bereits eine Wohnung und selbsterklärend einen festen Job, in der Zukunft sollte er als Ausbilder im „Mahal“ fungieren.

Doch die IHK FOSA (Foreign Skills Approval), die für die Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse zuständig ist, macht Cane und Onur seit einem Jahr einen Strich durch die Rechnung und verweigert die Bewilligung.

IG Gastro zu Kaugummi-Verfahren: „Es herrscht pure Verzweiflung“

Auch die IG Gastro Köln hat sich nun in den Fall eingeschaltet und die Zustände des Verfahrens wiederholt scharf kritisiert: Die IHK FOSA sei nicht erreichbar, reagiere selten auf E-Mails und tue nichts dafür, dieses Verfahren beschleunigt zu behandeln. Zusagen über eine schnelle Bearbeitung würden zudem nicht eingehalten.

Als sich Cane dann zwischenzeitlich auch noch den Fuß brach und somit nicht mehr in vollem Umfang in dem Zwei-Personen-Betrieb arbeiten konnte, war die Katastrophe perfekt. Das Restaurant konnte nur noch seltener öffnen, dadurch musste das „Mahal“ einen massiven Umsatzverlust einbüßen.

Für Maike Block, Geschäftsführerin der IG Gastro, ist es ein unhaltbarer Zustand: „Die beiden klemmen sich seit Monaten total dahinter, dass ihr Bekannter, der gleichzeitig ein angesehener Koch ist, nach Köln kommen darf, um hier die Gäste glücklich zu machen. Doch da dieses Verfahren momentan komplett brach liegt und sich nichts tut, geht ihnen verständlicherweise auch langsam die Puste aus. Es herrscht mittlerweile pure Verzweiflung und wir als IG Gastro sind auch extrem wütend, vor allem da die Lösung nur drei bis vier Flugstunden entfernt ist.“

Özgur warte darauf, dass die IHK FOSA endlich aufhört, Praktika, die er nicht braucht, anzufragen und die 17. Schleife zu drehen, so die IG Gastro.

Betreiber von Kölner Restaurant Mahal: „Mental am Ende“

Für Cane und Onur wird die Arbeit im eigenen Restaurant immer mehr zur Zerreißprobe. Bis zu 17 Stunden arbeitet die Betriebsleiterin pro Tag. Sie schlafe überwiegend nur vier Stunden, sagt Cane.

Zeit für Freundinnen und Freunde oder die eigene Familie bleibt dabei kaum: „Die wissen mittlerweile wahrscheinlich gar nicht mehr, wie ich aussehe, wenn man es mal extrem ausdrücken möchte. Es bewegt sich bei meinen Bekannten immer zwischen Mitleid und beleidigt sein, dass ich so wenig Zeit habe. So war es definitiv nicht unser Plan.“

Im „Mahal“ haben Cane und Onur alles selber gemacht – die Renovierungen, die Tische und Stühle aufgebaut. „Unser Herzblut, unsere Ersparnisse und unsere gesamte Arbeitskraft stecken hier drin, das gibt man natürlich nicht einfach auf. Aber irgendwann ist man mental und psychisch einfach am Ende“, sagt Cane gegenüber EXPRESS.de.

Özgür, Cane und Ogur auf einem Bild.

Koch Özgür (l.) würde gerne im Restaurant „Mahal“ von Cane (m.) und Onur (r.) arbeiten, darf es bislang jedoch nicht.

Zu dem Kaugummi-Verfahren um Koch Özgür kommt nun auch noch eine weitere, katastrophale Komponente hinzu: Er kommt aus der türkischen Stadt Adana, welche im Februar 2023 von dem zerstörerischen Erdbeben betroffen war. Er verlor sein Zuhause und viele bekannte Menschen.

Die IG Gastro fordert nicht nur deshalb jetzt ganz klar: „Es muss eine Lösung gefunden werden! Dieses Verfahren muss jetzt abgeschlossen werden, IHK FOSA!“. Denn wer weiß, wie lange Cane und Onur bei dem aktuellen Aufwand noch standhalten, um den Gästen im beliebten „Mahal“ einen schönen Abend zu bereiten – auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit.