Schleuser-ProzessNach Geständnis: Mitarbeiterin (60) der Stadt Köln kassiert harte Strafe

Die angeklagte Stadt-Mitarbeiterin wird auf die Anklagebank geführt. 

Nach einer spektakulären Schleuser-Razzia in Köln ist am Freitag (30. Juni 2023) eine Mitarbeiterin der Stadt Köln verurteilt worden. Das Foto zeigt sie beim Prozessauftakt am 6. Juni.

Nach einer spektakulären Schleuser-Razzia wurde seit Anfang Juni unter anderem einer städtischen Mitarbeiterin der Prozess gemacht. Jetzt ist ein Urteil gegen sie gefallen.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Sie setzte ihren sicheren Job, ihre Pensionsansprüche aufs Spiel ... Und jetzt muss sie auch noch in den Knast! Am Freitag (30. Juni 2023) wurde eine damalige Gruppenleiterin im Kölner Ausländeramt (60) wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern für schuldig gesprochen.

Die Frau, die seit ihrer Festnahme in U-Haft sitzt, muss für vier Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Das berichtet die Kölnische Rundschau. Die Staatsanwaltschaft hatte demnach sechs Jahre Haft gefordert. Bereits beim Prozessauftakt am 6. Juni hatte die Angeklagte ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Prozess in Köln: Mitarbeiterin der Stadt Köln bestreitet Geldhöhe

Ihre Festnahme bei einer Schleuser-Razzia im Oktober 2022 hatte die Stadt bis ins Mark erschüttert. Die damalige Gruppenleiterin im Ausländeramt soll laut Anklage Dokumente für Einreisewillige gefälscht und dafür mehr als 140.000 Euro kassiert haben. Wenn man ihrem Geständnis jedoch Glauben schenkte, wurde sie bei der Bezahlung ordentlich übers Ohr gehauen.

Die inzwischen 60-Jährige räumte über ihren Verteidiger die Vorwürfe ein – bis auf die hohen Geldbeträge, die geflossen sein sollen. Statt mehr als 140.000 Euro, wie es in der Anklage steht, wollte sie insgesamt lediglich rund 15.000 Euro erhalten haben. Plus ein Handy und ein Parfüm der Marke Opium, welches ihr einer der Mitangeklagten geschenkt habe.

Den Mitangeklagten hatte sie bei einem Termin im Ausländeramt kennengelernt, bei dem er gedolmetscht hatte. „Er hat mir schöne Augen gemacht, etwas mit mir geflirtet“, so die 60-Jährige.

Anfangs, so erklärte sie in ihrer Einlassung, sei nur die Rede von einem gefälschten Dokument gewesen, doch nach und nach habe er immer mehr gewollt. Sie habe ihm mehrfach gesagt, sie wolle nicht weitermachen, aber er habe es immer wieder geschafft, sie umzustimmen. Unter anderem habe er ihr erzählt, dass sich die zu schleusende Person in einer äußersten Notlage befände.

„Ich bereue die Taten zutiefst und kann mir heute nicht erklären, wie es dazu kommen konnte“, ließ die Angeklagte über ihren Anwalt erklären. Durch die Taten haben sie alles, was sie sich mühsam aufgebaut hatte, mit einem Schlag zerstört. Seit der Razzia läuft ein Disziplinarverfahren gegen sie, 50 Prozent ihrer Dienstbezüge werden einbehalten.

Kölner Staatsanwaltschaft klagt insgesamt 37 Taten an

Die Anklage ist 150 Seiten lang und richtet sich gegen insgesamt vier Personen. Drei Männer sowie die Angestellte der Stadt Köln. Insgesamt sind 37 Taten angeklagt. Hauptvorwürfe: Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz, Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit und Urkundenfälschung.

So sollen sich die Angeklagten spätestens seit Januar 2022 zusammen getan haben, um in wechselnder Besetzung wiederholt Menschen, insbesondere aus Syrien, die Einreise nach Deutschland auf dem Luftweg zu ermöglichen. Laut Anklage buchten sie für die „schleusungswilligen Personen“ Flüge, begleiteten sie und stellten ihnen die benötigten Dokumente aus.

Köln: Angeklagte Stadt-Mitarbeiterin soll viel Geld kassiert haben

Die städtische Mitarbeiterin soll dabei Reisepässe für Ausländerinnen und Ausländer oder sogenannte Fiktionsbescheinigungen zur Verfügung gestellt haben.

Letztes erhalten Ausländerinnen und Ausländer, die einen Antrag auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis gestellt haben und deren Antrag noch nicht entschieden wurde. Bis der Antrag bestätigt oder abgelehnt wird, gilt der Aufenthalt damit als rechtmäßig und erlaubt.

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Um die Dokumente ausstellen zu können, soll die Mitarbeiterin der Stadt Köln fremde Datensätze aus dem Ausländerzentralregister manipuliert und die Personalien übernommen haben. Die ebenfalls benötigten Lichtbilder der „schleusungswilligen Personen“ soll ihr einer der Mitbeschuldigten an ihre Dienst-E-Mail geschickt haben.

Anschließend soll die Stadt-Mitarbeiterin die Datensätze wieder in ihren Ur-Zustand versetzt haben. Die Anklage wirft ihr vor, so mindestens 37 Fiktionsbescheinigungen und drei Reisepässe für Ausländerinnen und Ausländer ausgestellt und dafür je 3500 beziehungsweise 4000 Euro kassiert zu haben. Insgesamt mehr als 140.000 Euro.

Heftiger Verdacht – Schleuserlöhne von tausenden Euro

Mit den Dokumenten wurde ein tatsächlich nicht bestehendes Aufenthaltsrecht vorgetäuscht. Die Schleusungswilligen vernichteten sie nach dem Check-in und beantragten bei der Ankunft in Deutschland Asyl. Dafür zahlten sie laut Anklage Schleuserlöhne von jeweils mehreren tausend Euro.

Bei der Razzia am 20. Oktober 2022 waren zeitgleich zwölf Objekte im Raum Köln, Gelsenkirchen und im Großraum Limburg durchsucht und mehrere Tatverdächtige festgenommen worden. Darunter die Mitarbeiterin der Stadt Köln. (iri)