Selbstmord in KürtenDas Todes-Zimmer der drei Freunde

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Auf dem Bett liegt noch ein schwarzer Schuh von Marvin, daneben das Handy von Mirko, mit dem er seinem Vater die Abschieds-SMS schickte. Die Flaschen beweisen, dass die jungen Männer zuvor Alkohol getrunken hatten.
Kürten – Eine orange bezogene Matratze, gelb-rotes Bettzeug und ein paar persönliche Gegenstände - wir schauen in das Todeszimmer von Kürten.
Hier brachten sich drei Freunde um. Zuvor schrieben zwei von ihnen Abschiedsbriefe.
Mirko M. (20) traf sich mit Marvin L. (20) und Henri K. (20) am Montagmittag in seiner Wohnung. Zuvor hatten die Freunde in einem Supermarkt eingekauft: Einen einfachen Elektrogrill, ein Päckchen Holzkohle und Grillanzünder – Zutaten für ihren furchtbaren Suizid.
Sie stellten einen Metallbehälter auf den eingeschalteten Grill, kippten die Kohle und den Grillanzünder hinein. Dann legten sich Marvin und Mirko auf die Matratze, ihr Kumpel Henri auf ein Kissen daneben. Mirko schickte seinem Vater eine letzte SMS, schaltete dann sein Handy aus.
Zuvor hatten die drei jungen Männer etwas Alkohol getrunken – um ihre Angst vor dem Tod zu betäuben. Ein paar Atemzüge, dann verloren alle drei das Bewusstsein. Nur Minuten später, so das Ergebnis der Obduktion, starben sie an einer Rauchgasvergiftung.
Als Mirkos Vater wenig später zur Rückseite des Hauses stürmte, sah er nur Rauch – und dann die leblosen Körper der drei Jungs. Jede Hilfe kam zu spät.
Aus einem Abschiedsbrief ging hervor, dass die drei Freunde Todessehnsucht hatten. Sie sahen für sich keine Perspektive, keine Zukunft.
Freunde beschreiben Mirko, Marvin und Henri als „krasse Typen“, die gern Hardrock-Musik hörten und sich in den letzten Wochen stark verändert hatten. Mirko bezeichnete sich im Internet selbst als „Dr. Psycho“, als verrückt. Marvin hatte sich die Haare schwarz gefärbt und sich schwarz gekleidet. Bisher hatte er sich rührend um seine Mutter, sie ist an den Rollstuhl gefesselt, gekümmert. Doch dann zog er sich plötzlich völlig zurück.
Henri hatte die beiden Schüler in einem Internetforum kennengelernt, in dem sich sehr „emotional gesteuerte Menschen“ austauschen. Henri schrieb auch keinen Abschiedsbrief. Angeblich hatte er niemand, dem er schreiben konnte. Er dürfte als Mitläufer bei dem Selbstmord-Drama gelten. Er machte mit, weil ihn nichts in diesem Leben hielt.
Eine Nachbarin ist wie alle im Dorf entsetzt: „Ich kann nicht begreifen, das sich drei Meter von mir entfernt diese netten Jungs umgebracht haben.“
Beim örtlichen Bäcker, an der Tankstelle oder am Kiosk - überall sind die Leute geschockt. Aber niemand hätte das Drama verhindern können. Denn bislang war keiner der drei Männer auffällig oder in psychiatrischer Behandlung. Es bleibt wie immer die Frage nach dem „Warum“...