Carl Diem hatte die Idee mit dem olympischen Fackellauf und war Gründer der bekannten Kölner Spoho. Doch um seinen Grabstein rankt sich ein Geheimnis.
Carl Diem (†1962)Erfinder des olympischen Fackellaufs – Geheimnis um sein Kölner Grab
Die Olympischen Spiele von Paris sind ab Sonntagabend (11. August 2024) Geschichte. Das begeisternde Sportfest hat die Frage neu befeuert, ob Deutschland nach 1936 und 1972 die Olympischen Sommerspiele ein drittes Mal austragen wird, womöglich 2036 – also 100 Jahre nach den „Nazi-Spielen“ von Berlin.
Deren Geschichte ist eng verknüpft mit dem Namen Carl Diem. Der spätere Wahlkölner und Gründer der Deutschen Sporthochschule (Spoho) in Müngersdorf war Generalsekretär des Organisationskomitees für Olympia 1936.
Gründer der Spoho: Carl Diem wurde auf Kölner Friedhof beerdigt
Trotz seiner Verstrickung ins Hitler-Regime: Der Sportenthusiast Diem, der 1920 die Reichsjugendkämpfe initiierte (Vorläufer der heutigen Bundesjugendspiele) und der Initiator des olympischen Fackellaufs war, der 1936 in Berlin erstmals stattfand, konnte an seine Karriere als ein maßgeblicher Sportfunktionär in der jungen Bundesrepublik fast nahtlos anknüpfen.
Drei Jahre lang war er Sportreferent im Bundesinnenministerium. Bis zu seinem Tod 1962 führte Diem als Rektor die bis heute renommierte Spoho.
Carl Diem, gebürtiger Würzburger, wurde auf dem Friedhof in Köln-Junkersdorf bestattet. Ein mächtiger Grabstein erinnerte an ihn und seine (1992 gestorbene) Ehefrau Liselott. Doch wer heute auf dem Friedhof am Stüttgerhofweg auf Spurensuche geht, wird nichts mehr finden. EXPRESS.de stieß allerdings auf einen bizarren Vorgang.
Dr. Ansgar Molzberger vom Institut für Sportgeschichte an der Spoho erklärt: „Diems Grab auf dem Junkersdorfer Friedhof wurde in der Tat geräumt – der Grabstein befindet sich im Sportmuseum Berlin.“
Carl Diem: Öffentliche Wahrnehmung wandelte sich
Ein grotesk wirkender Transfer – dahinter steht ein Wandel, der in der öffentlichen Wahrnehmung Carl Diems eintrat. Nach seinem Tod hatte zunächst die Würdigung seiner unstrittigen Verdienste um den deutschen Sport überwogen. Doch zeitgeschichtliche Forschungen vor allem ab den 1980er Jahren ergaben ein zunehmend zwiespältiges Bild.
Zwar galt Diem den Nationalsozialisten 1933 als unzuverlässige Person, da er einen Beitritt in die NSDAP verweigert hatte. Seine Frau hatte zudem jüdische Wurzeln. Doch Publikationen in der NS-Presse, in denen er „Sport als freiwilliges Soldatentum“ pries oder 1939 den Blitzkrieg der Wehrmacht verherrlichte, führten dazu, dass sich die Daumen über der Person Carl Diem zunehmend senkten.
Existenz von Carl Diem in Köln ausradiert – Sohn klagte dagegen
Dass er noch am 18. März 1945 Kinder der Hitlerjugend im Kuppelsaal des Berliner Olympiageländes zum „finalen Opfergang für den Führer“ aufgerufen hatte, bedeutete das weitgehende Ende öffentlicher Anerkennung. Zahlreiche nach Diem benannte Straßen – auch in Köln, nach teils erbitterter Kontroverse – sowie nach ihm benannte Sportstätten oder Auszeichnungen wurden umbenannt.
Das umfassende „Canceln“ nahm für die Familie von Carl Diem tragische Züge an. Sein Sohn Carl-Jürgen Diem wehrte sich sogar vor Gericht gegen die Herabwürdigung seines Vaters – und scheiterte.
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Die Geschichte des Grabsteins von Köln-Junkersdorf verkörpert nun den Widerstand und dessen Vergeblichkeit gleichzeitig. Die Nutzungszeit des Grabes war 2012 abgelaufen. Maike Priesterjahn von der Sammlungsleitung des Berliner Sportmuseums erklärt, was dann geschah: „Der Stein wurde dem Sportmuseum Berlin damals von Diems Sohn Carl-Jürgen als Schenkung angeboten. Ursprünglich hatte das Sportmuseum in Köln Interesse bekundet, musste dann aber aus Platzgründen – der Stein nimmt sehr viel Raum ein – absagen. So kam der Stein dann nach Berlin. Er befindet sich in unserem Depot.“