Story der JVA OssendorfDie prominentesten Insassen und raffinierten Fluchten

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Übersichtsbild über die JVA in Ossendorf. Schon 2020/21 soll hier ein Neubau entstehen.
Köln – Die Tage des alten Klingelpütz am Gereonswall sind im Juli 1959 gezählt: Das Land NRW schreibt einen Wettbewerb für den Neubau der Kölner Justizvollzugsanstalt (JVA) aus. Knapp zehn Jahre später, im Winter 1968/1969 ziehen die ersten Gefangenen nach Ossendorf um – in den angeblich sichersten Knast Europas. Dieser Mythos wird allerdings 1976 widerlegt…
Neuer Knast zehnmal so groß wie der alte
Zielvorgabe für den neuen Knast in Ossendorf ist der Bau einzelner, streng gegliederter Hafthäuser. So will man die weitestgehende Trennung der einzelnen Gefangenengruppen erreichen.
Der Grundstein wird am 3. November 1961 gelegt – auf einem Gelände, das mit 25 Hektar (255.521 Quadratmeter) etwa zehnmal so groß ist, wie der des alten Klingelpütz mitten in der Stadt.

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Ein Teil der die JVA umgebenden Mauer mit Wachturm.
Baustopp für neuen Knast
Dann wird ein allgemeiner Baustopp für öffentliche Bauten verfügt – also auch für den neuen Knast. Der dauert bis 1963. Am 7. Dezember 1966 wird Richtfest gefeiert, im November 1968 treffen die ersten Gefangenen ein, im März darauf werden auch die Frauenhäuser belegt.
Seit dem 20. Mai 1969 ist die neue JVA offiziell in Betrieb und verfügt als einer von sechs der insgesamt 43 nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten über einen Hochsicherheitstrakt. Eine 1 300 Meter lange und zwischen dreieinhalb und fünf Meter hohe Mauer umgibt die Haftanstalt.
Von wegen sicherster Knast: Gangster gelingt Flucht
Der Mythos des sichersten Knastes Europas erledigt sich im Sommer 1976: Da gelingt dem französischen Gangster-Boss Didier Barone die Flucht. Der damals 38-Jährige schreibt dem JVA-Chef aus Paris eine nette Postkarte. Und bietet an, seinen Fluchtweg zu verraten – für 25 000 Mark. Ob man auf diesen Deal eingegangen ist?
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Räuber zersägte Gitter
Arbeit macht sich der jugoslawische Räuber Adnan H.: Im Februar 1985 zersägt er das Gitter vor seinem Zellenfenster und buddelt sich in einen 25 Meter-Tunnel in die Freiheit. Weit kommt er nicht: 80 Minuten später wird er in der Innenstadt wieder geschnappt.
Nur zwei Jahre später lassen sich die Häftlinge Ali K. und Nisret B. in Kartons auf einem Lkw aus dem Klingelpütz schleusen. 1988 seilt sich Geldfälscher André V. aus seinem Zellenfenster ab und überwindet sie Gefängnismauer gleich neben einem der Wachtürme mit einem Enterhaken.
Heavy Metal-Fan floh an Ostern
Wieder ein Jahr später, wieder eine spektakuläre Flucht: Heavy-Metal-Musiker und Kokser Detlef K. schabt wochenlang kleine Bröckchen aus dem bröckelnden Beton um dann das Stahlgitter vor seinem Fenster freizulegen. Durch das flieht er an den Osterfeiertagen.
In der Nacht des 17. Juni 1999 machen sich auch Bankräuber Andreas B. und sein Zellengenosse Barry I. auf den Weg: Sie verlassen ihre Zelle im Hafthaus 3 durch die zuvor durchgesägten Gitterstäbe. Dann geht’s über die Dächer bis zum Dach des Haupteingangs. Nach einem Sprung aus sechs Meter Höhe winkt die Freiheit....
Die „Knast-Promis“ der JVA Ossendorf
„Berühmt“ geworden ist die JVA Ossendorf auch durch ihre Insassen: Der pädosexuelle Serienmörder Jürgen Bartsch saß hier. Genau wie „Pleitebankier“ Iwan Herstatt oder der als DDR-Spion enttarnte Günter Guillaume und seine Frau Christel.
Im Hochsicherheitstrakt der JVA waren die RAF-Terroristen Gudrun Ensslin, Andreas Bader, Ulrike Meinhof, Holger Meins und Jan-Carl Raspe festgesetzt.
Und auch Norbert Gruppe, der unter dem Pseudonym „Prinz von Homburg“ bekannte Schwergewichtsboxer und Schauspieler („Ghostbusters II“, „Stirb langsam“), Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi und seine Ehefrau Helene sowie Beate Zschäpe, Mitglied der rechtsterroristischen „Nationalen Untergrunds“ (NSU) saßen in der JVA Ossendorf ein.
Schon wieder: Neue JVA in Ossendorf soll her
Nun sind aber auch die Tage der JVA gezählt: 2020 oder 2021 soll Baubeginn der neuen Justizvollzugsanstalt in Ossendorf sein. Die Mängel der in die Jahre gekommenen JVA sind zu vielfältig. Der Neubau wird rund 240 Millionen Euro kosten und erfolgt in zwei Etappen.
Eine Mauer wird durch das Gelände gezogen, trennt Hafthäuser von der Baustelle. Rund die Hälfte der 1200 Häftlinge müssen in andere Justizvollzugsanstalten umziehen.