Die finnische Rock-Band Sunrise Avenue befindet sich auf Abschieds-Tour. In der Kölner Lanxess-Arena fand eines der letzten Deutschland-Konzerte vor der Auflösung statt.
Sunrise AvenueSamu Haber trauert bei Abschieds-Konzert um engen Freund und zeigt seine Köln-Liebe
Wie kann sich nur eine Band, die in der Kölner Lanxess-Arena ihren größten Auftritt ihrer Tour hinlegt, die ein über zweistündiges begeisterndes Konzert abliefert und der die Fans zu Füßen liegen, auflösen? Das Motto von Sunrise Avenue kann nur lauten: Aufhören, wenn es am schönsten ist.
Was die 19.000 Fans im ausverkauften „Henkelmännchen“ am Dienstagabend (23. August 2022) erlebten, schreit eigentlich nach einer Fortsetzung. Doch Sänger Samu Haber (46), der seine Haare inzwischen als Surfer-Mähne trägt, machte gleich zu Konzert-Beginn mit der Abschieds-Hymne „Thank you for Everything“ deutlich, worum es geht.
Sunrise Avenue: Abschieds-Tour mehrfach verschoben
„Das ist das Ende, von dem Märchen, das wir in unseren Händen halten. Das ist das Ende. Ich sage die Worte, denn ich sehne mich danach, frei zu sein, obwohl es weh tut“, sang er da. Der charismatische Frontmann will nicht mehr, zumindest nicht mehr in dieser Besetzung.
Nach 16 erfolgreichen Jahren ist nun Schluss. Bereits im Dezember 2019 hatte die Band ihre Auflösung verkündet. Doch die für 2020 geplante Abschieds-Tour musste mehrfach verschoben werden. In der Arena gab es noch einmal mit 22 Songs die volle Ladung Sunrise Avenue vor dem Rock-Ruhestand, gaaaanz viel Fan-Liebe und mehrere emotionale Momente.
2006 gaben Sunrise Avenue ihr erstes Deutschland-Konzert im inzwischen abgerissenen Underground in Köln-Ehrenfeld. Damals spielte die Band gerade einmal elf Songs, darunter den Hit „Fairytale Gone Bad“. „Ihr wisst, was diese Stadt für uns bedeutet. In Köln fing alles an“, sagte Haber zu den Fans. „Wir haben gesehen, dass es den Club nicht mehr gibt. Das ist eine Schande.“
Sunrise Avenue trauerten in Köln um ihren Tour-Manager
2006 lernte die Band in Finnland auch einen speziellen Wegbegleiter kennen: Enrico Karolczak, den späteren Europa-Agenten. „Damals spielten wir in einer Pizzeria“, erinnerte sich der Frontmann. „Enrico, eine Seele aus unserem Team, der die erste Show, dieses Konzert und die ganze Tour gebucht hat, ist nicht mehr unter uns.“ Die schlimme Nachricht vom Tod erreichte die Band nach dem Konzert in Helsinki im Juli.
„Wir wissen, dass du uns nun hören kannst“, sagte Haber und stimmte mit feuchten Augen den Song „Forever yours“ an, begleitet von viel Pyrotechnik. Es folgten weitere Tränen-Momente. Bei „Home“ leuchteten tausende Handylichter, bei „Point of no Return“ hüpften alle ausgelassen. „Kölle alaaf“, rief der finnische Frontmann begeistert. Selbst auf seiner Jeans-Jacke stand der Jecken-Schlachtruf.
Sunrise Avenue: Samu Haber verliebt in das „Belgische Viertel“ in Köln
Überhaupt hat es ihm die Stadt angetan. „Ich habe immer schon mal darüber nachgedacht, nach Köln zu ziehen“, verriet er. „Ich liebe das ‚Belgische Viertel‘ mit den Bars und den Menschen. Vielleicht in einem anderen Leben. Ohne euch in diesem wunderschönen Land und in dieser wunderschönen Stadt hätten wir nicht das Leben, was wir jetzt führen. Ohne euch hätte es diese magischen 16 Jahre nicht gegeben.“
Eine dicke Überraschung gab’s auch noch bei den Zugaben. Gründungsmitglied und Gitarrist Janne Kärkkäinen (45) gab für drei Songs ein Comeback. Der hatte die Band 2007 nach Streitigkeiten verlassen. „Wir haben uns vor Gericht gesehen, haben uns bekämpft. Aber diese Tour hat uns die Tür geöffnet“, sagte Haber. „Ich habe ihn gefragt, wo er in Deutschland noch einmal mit uns spielen will“. Die Wahl fiel auf Köln.
Sunrise Avenue: Ex-Gitarrist Janne Kärkkäinen mit Gastauftritt in Köln
Nach dem Schluss-Song „Hollywood Hills“ badeten die fünf Musiker minutenlang im Applaus, warfen Gitarrenplektren in die Menge und schritten ergriffen den Steg durch den Innenraum entlang – teils mit feuchten Augen. Am 18. September wird im Düsseldorfer PSD-Bank-Dome das große Finale der Tour stattfinden. Doch der heimliche Höhepunkt war nun schon in Köln.
Diesen denkwürdigen Abend wollten sich auch die Fans nicht entgehen lassen, verkauften die Arena komplett aus und campten schon am Vortag vor den Hallen-Toren in Köln-Deutz. „Eine beeindruckende Band mit einer beeindruckenden Geschichte. Für tausende Fans aus Köln und der Region geht hier auch eine Ära zu Ende“, sagte Lanxess-Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher (51), als er der Band den Sold-Out-Award überreichte.
Am 30. September erscheint das Solo-Album von Samu Haber, gesungen in seiner Heimatsprache. Die großen Hits „Heartbreak Century“, „Lifesaver“ oder „I help you hate me“ will er dann künftig alle nicht mehr performen. Sollte seine Solokarriere komplett den Bach runtergehen oder er ausgelacht werden als Versager, könnte er noch mal ins Grübeln kommen, hat er angekündigt. Vielleicht wird er eines Tages auch noch mal an diesen Abend in Köln denken.