Uni-Center in KölnStefan ist seit 27 Jahren der Hausmeister – ein Erlebnis prägt ihn bis heute

Stefan Röttgen arbeitet seit 27 Jahren als Hausmeister im Uni-Center in Köln. Bei einer Führung durch das Gebäude plaudert er gegenüber EXPRESS.de aus dem Nähkästchen.

von Antonia Raabe  (ra)

Am 1. August 2023 feiert das Uni-Center in Köln 50-jähriges Bestehen. Zahlreiche Bewohner und Bewohnerinnen haben in den vergangenen Jahrzehnten das Leben in einem der größten Wohnhäuser Europas geprägt.

Stiller Beobachter des Geschehens ist Stefan Röttgen. Seit 27 ist er dort als Hausmeister beschäftigt. Während einer exklusiven Führung durch das Gebäude hat er gegenüber EXPRESS.de die vergangenen Jahre Revue passieren lassen. Vor die Kamera von EXPRESS.de will Röttgen nicht. Aber etwas plaudern, das ist erlaubt.

Zum 50. Geburtstag des Uni-Centers: Hausmeister lässt seine Amtszeit Revue passieren

Wir arbeiten uns von unten nach oben hoch: Zuerst zeigt er EXPRESS.de die Garagen. Beim Gang zwischen zahlreichen Autos hindurch gesteht er, dass er zu Beginn seiner Anstellung sehr kritisch gewesen sei. „Bevor ich hier angefangen habe, dachte ich, dass das eher ein Brennpunkt-Haus ist“, so Röttgen.

Schnell merkte er jedoch, dass er mit seiner Einschätzung falsch gelegen hatte. „Das stimmt gar nicht. Hier wohnen so viele unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Geschichten“, kann er heute guten Gewissens behaupten.

Zu den prominenten Persönlichkeiten zählte unter anderem Ex-FC-Spieler Pierre Littbarski (63). Auch einige andere Ex-Fußballer der Fortuna hätten dort gewohnt. Zu weiteren Bekanntheiten hält er sich bedeckt. Aus Diskretion? Wer weiß.

Angesprochen auf ein zeitgeschichtliches Ereignis im Uni-Center winkt er ab. Mitglieder der RAF (Rote Armee Fraktion) mieteten weit vor Rötttgens Zeit eine Wohnung dort, um unter dem Deckmantel der Anonymität die Entführung von Hanns Martin Schleyer vorzubereiten.

Als die GSG 9 am 13. Oktober 1977 mehrere Wohnungen durchsuchte, stellte man fest, dass Adelheid Schulz unter dem Namen Markward bis Ende September 1977 eine Wohnung gemietet hatte. Von diesem Kapitel wolle man jedoch heute nichts mehr hören. Also: Keine weiteren Fragen.

Besonders gerne denke Röttgen hingegen an eine alte Dame zurück, die seit Eröffnung im Uni-Center gewohnt habe, mittlerweile jedoch verstorben sei. „Sie ging jeden Morgen mit einem Bademantel bekleidet zum Bäcker und erzählte jedem, dass sie am Rosenmontag in Köln geboren worden sei.“ Die Erinnerung zaubert ihm ein Lächeln ins Gesicht.

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Auf die Frage nach dem traurigsten Moment, den er in seiner Amtszeit als Hausmeister bisher erlebt habe, weiß er im ersten Augenblick keine Antwort. Erst wenige Minuten und eine Fahrt mit dem Aufzug in die oberen Stockwerke später, platzt es plötzlich aus ihm heraus: „Doch, ich weiß den einprägsamsten Moment!“

Dann erinnert er sich: „Ich habe mal ein junges Mädchen vom Selbstmord abgehalten. Ich wurde gerufen, dass jemand oben steht, da bin ich direkt hin. Sie hat gesagt: ‚Er liebt mich nicht mehr.‘ Ich habe dann mit ihr gesprochen und sie ist schließlich mit mir wieder heruntergegangen. Aber dieser Satz: ‚Er liebt mich nicht mehr‘ ist mir hängen geblieben.“

Längst nicht immer kann Röttgen rechtzeitig eingreifen. Pro Jahr stürzt sich im Schnitt eine Person vom Uni-Center in den Tod – so lautet die traurige Statistik.

„Das ist das Unschöne an dem Job. Die Selbstmorde bekommen wir hier immer alle mit. Doch es gibt es auch so viel Schönes“, sagt er. Für ihn steht fest: „Das schönste hier im Haus ist der Zusammenhalt. Hier hilft man sich untereinander.“ Besonders kommunikativ seien die Fahrten im Aufzug.

Und wenn er mal einen schlechten Tag und keine Lust auf Gespräche hat, befindet sich eine Geheimwaffe an seinem Schlüsselbund. „Wenn ich den im Aufzug ins Schloss stecke, habe ich Vorfahrt und der Fahrstuhl fährt ohne Zwischenstopp dahin, wo ich hin muss“, lacht er, ehe er verschwindet. Seine Hilfe in den Technik-Räumen wird gebraucht.

Uni-Center in Köln: Knapp 2000 Menschen leben in 956 Wohnungen

Der Kölner Architekt Professor Werner Ingendaay (†2008) gestaltete einst das Gebäude, das in drei Gebäudeflügel unterschiedlicher Höhe aufgeteilt ist. Am 1. August 1973 war es schließlich bezugsfertig.

Von kleinen Apartments mit Kochnische für Studierende, über zwei bis drei-Zimmer-Wohnungen bis hin zu mehreren Luxus-Penthouses – das Uni-Center bietet mit seinen insgesamt 956 Wohnung für rund 2000 Menschen unterschiedlichen Alters ein Zuhause.