Die Venloer Straße ist seit Monaten ein Streitthema: Der Verkehrsversuch ist mittlerweile in der zweiten Stufe angekommen, die belebte Meile wurde zur Einbahnstraße. Was sagen die Menschen aus dem Veedel dazu?
Venloer Straße„Super“ oder „totaler Schwachsinn“ – das sagen die Menschen zur neuen Regelung
Die Venloer Straße ist seit Oktober 2023 stadtauswärts eine Einbahnstraße. Die stark frequentierte Einkaufsmeile in Köln-Ehrenfeld steht nicht erst seitdem ständig in den Schlagzeilen. Der erste Schritt des Verkehrsversuchs, einen verkehrsberuhigten Geschäftsbereich samt Tempo 20 und ohne Ampeln zu installieren, bescherte den Planerinnen und Planern der Stadt Köln viel Spott und Kritik.
Auch wegen der Einbahnstraßen-Regelung gibt es Ärger: Die Geschäftsleute auf der Venloer Straße beklagen Umsatzeinbußen und einen Kundenschwund und prüfen eine Klage gegen die Stadt. Ähnlich wie auf der Deutzer Freiheit, wo der Verkehrsversuch letztendlich eingestampft wurde.
Venloer Straße als Einbahnstraße: Das ist die Meinung der Menschen im Veedel
Aber wie sehen es diejenigen, die auch direkt von den neuen Regelungen betroffen sind – die Menschen im Veedel?
EXPRESS.de hat am Mittwochvormittag (10. Januar 2024) die Anwohnerinnen und Anwohner nach ihrer Meinung zur Einbahnstraße befragt – und die gewaltigen Unterschiede der Meinungen überraschen.
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Eines wird beim Schlendern über die Venloer Straße direkt deutlich: Die Flaniermeile ist merklich ruhiger geworden. Natürlich kann das auch an den eisigen Minusgraden am Mittwochvormittag liegen, allerdings ist trotzdem zu spüren, dass auf der pulsierenden Straße im Herzen Ehrenfelds deutlich weniger Verkehr herrscht.
Was sagen die Anwohnerinnen und Anwohner des Veedels zu dieser Veränderungen? Zehn Menschen haben sich gegenüber EXPRESS.de geäußert und zeichnen ein unterschiedliches Bild der Veränderungen auf der Venloer Straße.
Thomas Wich: „Ich wohne seit 20 Jahren in Ehrenfeld und ich finde die neue Regelung super. Ich bin auf der Venloer Straße sowohl als Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer unterwegs und es ist in jeder Lage deutlich angenehmer und besser geworden. Man setzt sich keiner Lebensgefahr mehr aus, wie es früher vor allem als Radfahrer der Fall war.“
Thomas Wich sagt weiter: „Und die Argumente, hier würde keiner mehr einkaufen gehen, finde ich vom Einzelhandel vorgeschoben. Alle Läden sind weiterhin zu erreichen und wer ein bestimmtes Geschäft ansteuert, hat dazu auch weiterhin ganz einfach die Möglichkeit. Dazu kommt, dass die vorhandenen Parkplätze auch immer besetzt sind. Ich bin voll dafür, dass die aktuelle Regelung beibehalten wird.“
Annelie Hausmann: „Wir wohnen seit zwölf Jahren in Ehrenfeld. Als Radfahrerin sehe ich die Veränderungen sehr positiv, kann aber auch verstehen, wenn die Geschäftsleute das anders sehen. Was ich sagen muss: Der erste Teil des Verkehrsversuchs war eine Voll-Katastrophe. Jetzt, wo die Ampeln wieder eingeschaltet sind, läuft es viel besser. Allerdings hätte das so meiner Meinung nach auch in beide Richtungen funktioniert und die Einbahnstraße wäre nicht zwingend notwendig gewesen. Ich kann auf jeden Fall beide Seiten verstehen, da es für und wider Argumente bei dem Streitthema Einbahnstraße gibt.“
Jennifer Meller: „Ich wohne seit 2001 im Veedel. Die neue Regelung ist ein totaler Schwachsinn. Vielleicht wird die Venloer Straße dadurch beruhigt, allerdings wird der Verkehr dadurch nur auf andere Straßen verlegt – beispielsweise auf die Subbelrather oder die Vogelsanger Straße.“
Jennifer Meller erklärt: „Dort läuft auch der Schulweg meiner Tochter lang, die sich nun mit den mehr gewordenen Autos und Lkw auseinandersetzen muss. Wer immer sich diese Regelung überlegt hat, hat sie auf jeden Fall nicht zu Ende gedacht.“
Michael: „Ich wohne selbst in Ossendorf, bin aber sehr oft hier in Ehrenfeld unterwegs. Wie man auch täglich sieht, herrscht deutlich weniger Verkehr auf der Venloer Straße. Als Radfahrer ist das gut, aber wenn ich mit meinem Roller komme, muss ich einen enormen Umweg in Kauf nehmen, um nur mal eben in die Bank hineinzuspringen. Das ist dann schon umständlich und nervig, vor allem für Ortsfremde, die sich hier häufig nicht zurechtfinden.“
Herr Boes: „Seit 30 Jahren wohne ich nun schon in einer Parallelstraße der Venloer Straße. Ich bin gegen die Einbahnstraße, weil sich meiner Meinung nach nichts verbessert hat. Wenn mein Sohn mich besuchen kommt, muss er gefühlt stundenlang umherkurven, bis er endlich mal einen Parkplatz gefunden hat und zudem riesige Umwege fahren.“
Nele: „Ich wohne seit zwei Monaten in der Nähe der Venloer Straße, davor habe ich woanders in Ehrenfeld gewohnt. Ich sehe bei der Veränderung zur Einbahnstraße keine negativen Punkte. Ganz im Gegenteil: Als Fahrradfahrerin war es vorher schrecklich, nun ist deutlich angenehmer. Es kann für mich gerne so bleiben.“
Tim Bliesener: „Ich habe eine Zahnarztpraxis auf der Venloer Straße und stehe der Einbahnstraße sehr positiv gegenüber. Es ist deutlich ruhiger und sicherer aufgrund des weniger gewordenen Verkehrs. Die Geschäftsleute beschweren sich, aber es ist ja nicht so, dass sie überhaupt nicht mehr angefahren werden können. Das ist für mich unverständlich und die Argumente für die Einbahnstraße überwiegen für mich auf jeden Fall.“
Frau Hofmann: „Ich bin in Ehrenfeld geboren und wohne mit kurzen Unterbrechungen seit nun mehr als 70 Jahren hier. Für mich hat sich nichts verbessert. Die Autos kommen immer noch aus den Querstraßen herausgeschossen und wissen jetzt dazu auch häufig nicht mal mehr, wohin sie überhaupt fahren dürfen. Als Fußgängerin habe ich hier in den vergangenen Wochen mehrfach gefährliche Situationen erleben müssen.“
Sarah Immig: „Ich bin komplett für die Einbahnstraße – und das sage ich als Fußgängerin, Autofahrerin, Anwohnerin und Mutter. Mein Mann hat der Stadt sogar eine Mail zukommen lassen, in der wir uns deutlich für die jetzige Regelung ausgesprochen haben.“
Sarah Immig sagt gegenüber EXPRESS.de: „Ich meine: Es ist doch jetzt auch viel einladender, sich in den wärmeren Monaten nach draußen in eins der Cafés oder Restaurants zu setzen, weil einfach deutlich weniger Autos über die Venloer Straße fahren. Für alle Beteiligten ist das die beste Lösung, die Beschwerden der Geschäftsleute kann ich nicht wirklich nachvollziehen. Es gibt mindestens gleich viele Parkplätze wie vorher, die auch immer besetzt sind. Die Einbahnstraße muss definitiv bleiben!“
Kathrin: „Ich habe keine Todesangst mehr als Radfahrerin, das würde ich dann doch als positiv ansehen. Vorher musste man immer damit rechnen, angefahren zu werden, weil der Verkehr auf der Venloer Straße ein Horror war. Als Autofahrerin oder Autofahrer muss man jetzt natürlich etwas umdenken, aber ich denke, dass sich das im Laufe der Zeit einpendelt und sehe die Veränderungen als durchweg positiv an.“
Anders als die meisten Geschäftsleute auf der Venloer Straße sprechen sich viele Anwohnerinnen und Anwohner für die Einbahnstraßen-Regelung aus. Allerdings gibt es auch Stimmen, die sich gegen den Verkehrsversuch aussprechen. Die Venloer Straße beschäftigt die Menschen im Veedel – und das vermutlich auch in der Zukunft weiterhin.
Im Mai 2024, also knapp ein halbes Jahr nach Start des Einbahnstraßen-Projektes, werde es dann laut der Stadt Köln ein erstes aussagekräftiges Fazit geben, inwieweit die Verkehrsberuhigung in der Venloer Straße Früchte getragen hat.