In wenigen Tagen startet der FC Märchenbahnhof Köln in seine erste Kreisliga-Saison. Kein Witz, die heißen wirklich so. Was steckt dahinter?
FC Märchenbahnhof KölnNeuer Klub startet in der Kreisliga – das steckt hinter dem kuriosen Namen
Am kommenden Wochenende startet nicht nur die Fußball-Bundesliga (23. bis 25. August 2024) in die Spielzeit 2024/2025, auch die Kölner Amateurklassen werden an diesem Sonntag eröffnet. Von der Kreis- bis zur Regionalliga geht es für tausende Fußballer dann wieder um Auf- und Abstiege, um Traumtore und grobe Schnitzer.
In der Kölner Kreisliga D wird dann auch eine Mannschaft erstmals im Ligabetrieb auftauchen, die selbst die größten Fußball-Nerds im Kölner Raum wohl nicht auf dem Zettel haben. Und einen kuriosen Namen bringt die Truppe ebenfalls mit: Bühne frei für den FC Märchenbahnhof Köln. Welche Geschichte steckt hinter dem neuen Team?
Neuer Klub in Kölner Kreisliga: Die Geschichte vom FC Märchenbahnhof
„Neu“, das ist wohl eigentlich das falsche Wort, um die Mannschaft zu beschreiben, die ihre Heimspiele auf dem Aschenplatz im Stadtteil Höhenhaus austrägt und sich ihre Spielstätte mit dem Bosna Köln und Energie Köln teilt. Denn sie existiert bereits seit 1991.
Damals wurde der FC Märchenbahnhof von KVB-Mitarbeitern gegründet, sagt Gustav Wagner gegenüber EXPRESS.de. Er war Gründungsmitglied und ist heutiger Erster Vorsitzender des Vereins: „Ich habe mein Leben lang Fußball gespielt, mit dem Schichtdienst als KVB-Fahrer ließ sich der Vereinssport aber irgendwann nicht mehr vereinbaren. Also habe ich bei der Arbeit einen Zettel aufgehängt und nach interessierten Mitarbeitern gefragt, die hobbymäßig Bock hätten, ein bisschen zu kicken.“
Es war die Geburtsstunde des FC Märchenbahnhof Köln. Die Hobbytruppe traf sich zunächst auf einer großen Wiese in Holweide, von Vereinsstrukturen oder einer Wettkampfstimmung war noch überhaupt keine Rede.
Die Truppe veranstaltete große Sommerfeste, als Highlight traten sie beispielsweise immer wieder gegen ihre eigenen Frauen an – Spaß und Freude am Fußball, das stand im Vordergrund.
Aber die wichtigste aller Fragen ist doch: Woher kommt der kuriose Name? Gustav Wagner war am KVB-Bahnhof Thielenbruch stationiert, der vor allem für das Straßenbahnmuseum und seine fast „märchenhafte“ Erscheinung bekannt ist.
„Wir haben immer mal wieder auch gegen andere KVB-Mannschaften gespielt. Als wir dann kamen, wurde immer wieder lapidar gesagt: ‚Da kommen die vom Märchenbahnhof‘. Seitdem stand unser Name dann fest“, sagt Gustav Wagner gegenüber EXPRESS.de.
Zu Hochzeiten waren es 55 Leute – die sich engagierten oder selber kickten – rund um den FC Märchenbahnhof, der im Laufe der Jahre von der Hobbytruppe zur Betriebssportmannschaft wurde. Die Mannschaft nahm an Freizeitturnieren teil, traf sich weiterhin regelmäßig zu Festen oder anderen Anlässen.
Doch in der Zeit, die für viele Branchen zahlreiche Probleme mit sich brachte, schien auch das Projekt der KVB-Hobbytruppe einen langsamen Tod zu sterben.
Denn während der Corona-Pandemie war der Amateurfußball zeitweise beinahe komplett eingefroren. Kontraktbeschränkungen und die Lockdowns taten ebenfalls ihr Übriges. Zu der Zeit waren es dann nur noch zwei KVB-Mitarbeiter, die bei der ursprünglichen Betriebssport-Truppe die Fußballschuhe schnürten.
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Doch das Projekt, das Gustav Wagner vor über 30 Jahren als Gründungsmitglied mit in die Wege geleitet hatte, wurde nicht eingestampft.
Der FC Märchenbahnhof erfand sich neu. Als es wieder erlaubt war, kamen viele, vor allem junge Fußballer in die Mannschaft. Aufgrund dessen wurde es allerdings auch immer schwerer, Gegner für Test- oder Freundschaftsspiele zu finden.
„Da das meistens Altherren-Mannschaften sind, gegen die wir spielen, haben die aufgrund unserer vielen jungen Spieler irgendwann darauf verständlicherweise keine Lust mehr gehabt. Wir haben lange überlegt, ob wir diesen Schritt wirklich gehen sollen, aber letztendlich reifte die Idee immer weiter, in den regulären Ligabetrieb einzutreten“, sagt Timo Müller, sportlicher Leiter und Spielertrainer des FC Märchenbahnhof Köln.
Seit Anfang des Jahres 2024 kümmerten sich die Verantwortlichen um den Eintritt in den Ligabetrieb, der an einige Auflagen und Vorgaben gebunden ist. „Wir müssen natürlich ein eingetragener Verein sein, eine Satzung ist ebenfalls erforderlich. Außerdem müssen wir innerhalb von drei Jahren neben unserer Seniorenmannschaft auch eine Jugend- oder Damenmannschaft stellen. Es ist einiges an Bürokratie gefordert, aber wir haben das mit unserem Team trotz kleinerer Hindernisse alles reibungslos hinbekommen“, berichtet Timo Müller gegenüber EXPRESS.de.
Gustav Wagner ist als Gründungsmitglied immer noch dabei, ist gleichzeitig Erster Vorsitzender, Teammanager und gute Seele des Vereins: „Nach über 30 Jahren blickt man natürlich zurück und empfindet schon einen gewissen Stolz, wenn wir am kommenden Sonntag dann tatsächlich unser erstes Ligaspiel bestreiten werden. Es war eigentlich nie der Plan, aber mit dieser jungen und dynamischen Truppe auf und neben dem Platz ist es jetzt genau der richtige Schritt.“
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Im Kader reicht die Altersspanne der Spieler von 18 bis 61 Jahren. Was ist drin in der ersten Saison? „Wir wollen da keine genauen Ziele formulieren. Wenn wir am Ende im oberen Mittelfeld der Tabelle stehen, unsere Spieler Freude am Fußball haben und wir uns im Ligabetrieb etablieren, ist das schon Erfolg genug“, sagt Gustav Wagner.
„Und absteigen können wir ja zum Glück nicht“, ergänzt Timo Müller lachend im Blick auf den Einstieg in die Kreisliga D und die damit unterste Liga im Kölner Raum.
Von der KVB-Hobbytruppe zum Kölner Kreisligisten – wenn am 25. August das Spiel beim TuS Stammheim 2 angepfiffen wird, beginnt für Gustav Wagner und den gesamten Verein wohl das nächste „Märchen“.