Eine Fußball-WM soll Freude bereiten. Katar hat bisher das Gegenteil bewirkt, weshalb sich einige Kneipen der Stadt Köln gegen das Sport-Event wehren.
Kölner KneipenKlare Kante bei WM-Übertragung: „Geht nicht immer nur ums Geld“
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar beginnt am Sonntag (20. November 2022), doch Euphorie möchte unter Fußballfans nicht so recht aufkommen. Auch bei vielen Gastwirtinnen und Gastwirten in Köln nicht, obwohl sie mit den Live-Übertragungen der vorherigen Turniere eine Menge Umsatz machen konnten.
Einige Kneipen in der Domstadt haben sich dazu entschlossen, die WM zu boykottieren – und die Spiele nicht zu zeigen. Andere wiederum werden die Spiele in ihren Lokalitäten ausstrahlen. Warum Kölns Wirte und Wirtinnen so handeln, wie sie es tun, erfahren Sie hier.
Köln: Diese Kneipen werden die WM 2022 in Katar nicht zeigen
„Bei der WM in Katar kommt mittlerweile so viel zusammen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll: Die Arbeitsbedingungen der Stadionbauer, die vielen Toten beim Bau, eine WM im Winter, nicht genug Platz für die Gäste, das Verbot von Sex zwischen nicht verheirateten Paaren, das Verbot gleichgeschlechtlicher Liebe oder Stadien, die gekühlt werden müssen“, begründet Kristin Schulz von der Kneipe Die Oper ihren Boykott der WM im Emirat Katar.
Zuvor habe „Die Oper“ alle Turniere übertragen, auch die WM 2018 in Russland. „Es war eine normale Sommer-WM in einem Land, was eine Fußball-Tradition hat“, erklärt Kristin Schulz, gibt aber selbstkritisch zu: „Menschenrechtlich war es ähnlich fraglich. Da besteht kein Zweifel.“
Peter Ritter von der Fußball-Kneipe Gottes Grüne Wiese argumentiert hinsichtlich der WM auf der arabischen Halbinsel ähnlich: „Unsere Werte sind Freiheit, Menschlichkeit und Gleichberechtigung – und Katar steht für das Gegenteil. Wir boykottieren dieses Turnier, weil die Zustände im Gastgeberland nicht mit unseren Vorstellungen von menschlichem Zusammenleben vereinbar sind.“
Das Kneipen-Kollektiv Lotta positioniert sich ebenfalls klar gegen die WM im Wüstenstaat, vor der Räumlichkeit nahe des Chlodwigplatzes hängt sogar eine „Boycott-Qatar“-Flagge.
Für die Betreiberinnen und Betreiber der Lotta ist die Vergabe des Turniers nach Katar der Höhepunkt der Kommerzialisierung des Fußballs. Doch viel schlimmer wiegen für sie die 15.000 toten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter, von denen die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtete.
Hinzu kommen die in Katar nicht vorhandenen Frauen- und LGBTQ+-Rechte, die das Lotta-Team dazu bewegt hat, den Fernseher bei der Winter-WM ausgeschaltet zu lassen. Stattdessen wird es in der Lotta verschiedene Veranstaltungen wie ein Fußball-Quiz, einen Musikabend, ein Playstation- und ein Tischkicker-Turnier sowie Vorträge über die Verhältnisse in Katar geben. Am Dienstag (22. November 2022) spricht beispielsweise Dietrich Schulze-Marmeling, der Autor des Buchs „Boykottiert Katar 2022! – Warum wir die FIFA stoppen müssen“.
Nada Abdin, die Inhaberin der Kneipe Tankstelle, schließt sich dem Boykott ebenfalls an. „Ich denke nicht, dass es notwendig ist, diese Entscheidung zu begründen“, schreibt sie bei Facebook und verspricht ein Alternativprogramm zu den Fußball-Übertragungen.
Köln: WM 2022 wird nicht in allen Kneipen übertragen
Frank Markus, Geschäftsführer vom Dom im Stapelhaus, macht die Übertragung der WM-Spiele von anderen Faktoren abhängig. „Viele Firmen, Vereine und Familien feiern im Stapelhaus ihre Weihnachtsfeier. Ob in der besinnlichen Zeit, Torjubel oder Flüche über verpasste Torchancen gut ankommen, wage ich zu bezweifeln“, sagt Markus und macht klar, Spiele nur dann zu zeigen, „wenn es Reservierungen und Uhrzeiten zulassen.“
Die Bar Piranha im Studenten-Viertel wird sich nicht an dem Boykott vieler anderer Kneipen beteiligen. „Wir werden das ein oder andere Deutschland-Spiel übertragen“, sagt Lutz Nagrotzki, betont aber, dass es dieses Jahr keinen „geschmückten Laden“ geben werde. Nagrotzki konstatiert: „Wäre die WM vonseiten des DFB boykottiert worden, hätten wir das gerne unterstützt.“
Ein Boykott der WM könnte sich für Kneipenbetreiberinnen und -betreiber gegebenenfalls negativ auf den Umsatz auswirken. „Ich weiß nicht, ob ich dadurch finanzielle Einbußen haben werde. Meine Stammgäste finden die Entscheidung auf jeden Fall gut“, sagt WM-Boykotteurin Kirstin Schulz von der Kneipe Die Oper.
Schulz selbst hofft auf eine weltweit schlechte TV-Einschaltquote für die Weltmeisterschaft in Katar, „damit die FIFA versteht, dass es nicht immer nur ums Geld geht.“