Die Auschwitz-Überlebende und Sintizza Philomena Franz (99) ist neue Ehrenbürgerin der Stadt Bergisch Gladbach.
EhrenbürgerinPhilomena Franz: Die Frau, die vor Himmler in Auschwitz sang
Bergisch Gladbach. Es ist eine besondere Ehre für eine mutige Frau, eine Gedemütigte, die zugleich nie die Hoffnung und das Zutrauen zu Menschen verloren hat. Man könnte es aus der heutigen Sicht verstehen, aber die Sintizza Philomena Franz kämpft auch im hohen Alter von 99 Jahren für Aussöhnung, Anerkennung und Aufklärung. Für ihr Engagement wird der Auschwitz-Überlebenden in der Bergisch Gladbacher Villa Zanders am Freitag (13. August) die Ehrenbürger-Würde verliehen.
KZ Auschwitz: Als Himmler kam, musste Philomena singen
Wenn Philomena Franz die unwirkliche Szenerie im „Zigeunerlager Auschwitz“ beschreibt, läuft es einem kalt den Rücken hinunter. In einem Filmprojekt des Rheinisch-Bergischen Kreises erzählt Franz ihre Geschichte. Auch, wie sie mit 21 Jahren 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert wurde und wie es wenig später zu einer grausigen Begegnung kam.
„Eines Tages hieß es, das Lager muss sauber gemacht werden, wir erwarten hohen Besuch.“ Mit den Händen mussten die Häftlinge den Boden säubern, denn der damalige „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler, hatte sich angekündigt.
Da Philomena Franz schon von Kind auf besonders gut singen konnte, sollten sie und ihr Cousin den Schergen beim KZ-Besuch etwas vorsingen. „Es wurde eine große Tribüne aufgebaut und wir mussten alle vor den Block. Dann kam Himmler mit seiner Gefolgschaft.“
Die damals 21-jährige hatte sich das Lied „Heimat deine Sterne“ ausgesucht und sang es Himmler vor. „Es war ein steifes Nazi-Lied, aber ich habe es mit Gefühl gesungen.“ Absurd: Herablassend klatschte Himmler nach dem Lied zur Darbietung von Philomena Franz. Als „Lohn“ gab es hinterher ein Stück Brot.
Philomena Franz: Würdigung ihres Einsatzes für Aussöhnung
Philomena Franz gelang später die Flucht, doch ein Hitlerjunge hatte sie entdeckt und sie wurde im KZ grausam gequält und misshandelt. Ein jüdischer Lagerarzt steckte ihr in dieser Zeit Brot zu – es war ihre Lebensrettung.
Später wurde sie in ein Lager in Wittenberg an der Elbe gebracht, wo ihr erneut die Flucht gelang. Ein deutscher Bauer versteckte sie bis Kriegsende. Bis zum heutigen Tag arbeitet Franz als Autorin, hat mit unzähligen Schulbesuchen jungen Menschen von ihren Erfahrungen berichtet und ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes.
Ein prägender Satz über ihre Erfahrungen und ihren Einsatz für die Aussöhnung ist wohl dieser: „Manche Menschen wollten Rache üben, ich konnte das nicht. Ich hatte viel deutsche Freunde, die nicht so waren."