Die Schulplatzvergabe für die beiden Gymnasien in Hürth sorgt für großen Zündstoff. Kinder aus Hürth bekommen Absagen und werden nicht bevorzugt. Bei den Verantwortlichen herrscht vor allem eines: Uneinigkeit.
Schul-ZoffWird Kölner Platz-Problem nach Hürth verlagert? Großer Frust bei Kindern und Eltern
Vor den Toren Kölns gibt es ein großes Problem bei der Vergabe der Plätze für das kommende Schuljahr 2023/2024. Für das Ernst-Mach Gymnasium und das Albert-Schweitzer-Gymnasium in Hürth gibt es erstmals in der Geschichte mehr Anmeldungen als Plätze. 45 Kinder werden abgelehnt, 31 davon kommen selbst aus dem Hürther Stadtgebiet.
Zum Unmut vieler Eltern werden dagegen Schülerinnen und Schüler aus anderen Kommunen, wie beispielsweise aus Köln, angenommen. Bei EXPRESS.de meldete sich eine verzweifelte Mutter, deren Kind abgelehnt wurde. Ihr Tenor: „Köln verlagert das bekannte Schulplatz-Problem einfach nach Hürth – und die ortsansässigen Kinder schauen blöd aus der Wäsche.“
Schulplatzvergabe: Hürther Kinder werden nicht bevorzugt
Bislang gab es in Hürth nie ein Problem mit der Anzahl der Neuanmeldungen für die beiden Gymnasien im Stadtgebiet. Das hat sich zum neuen Schuljahr jetzt aber deutlich verändert. Die Absagen an die 45 Schülerinnen und Schüler lässt viele Eltern fassungslos zurück.
Unter anderem hat die Schulpflegschaft der GGS am Clementinenhof in Alt-Hürth eine Petition mit dem Titel „Hürther Schulplätze – Vorrang für Hürther Kinder“ ins Leben gerufen. Über 3000 Menschen (Stand: 21. März 2023, 10.30 Uhr) haben die Petition bislang bereits unterstützt. Die Forderung ist klar: Kinder aus dem Stadtgebiet sollen bei der Schulplatzvergabe gegenüber Schülerinnen und Schülern aus anderen Kommunen bevorzugt werden.
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EXPRESS.de hat bei der Stadt Hürth nachgefragt – wie konnte es zu dieser Fehlplanung kommen? „Grundsätzlich ist es so, dass sich zunächst alle Schülerinnen und Schüler ungeachtet des Wohnortes an den Hürther Gymnasien anmelden können. Dies war bisher auch kein Problem, da die Stadt Hürth mit zwei Gymnasien und rund 2400 Schulplätzen an beiden Schulen nicht nur den eigenen Bedarf, sondern auch den von ortsfremden Schülerinnen und Schülern decken konnten und somit auch einen interkommunalen Solidargedanken aktiv gelebt hat“, sagt ein Sprecher.
Das habe sich zum kommenden Schuljahr allerdings geändert: „Dies stellt sich in diesem Anmeldeverfahren erstmalig bedauerlicherweise völlig anders dar. Die noch aktuelle Schulentwicklungsplanung (SEP) aus 2021 hat diese Entwicklung nicht berücksichtigen können, wobei ich erläutern möchte, dass im aktuellen SEP nicht nur die jeweils aktuellen Schülerzahlen, sondern auch die perspektivischen Zu- und Wegzüge von Schülerinnen und Schülern genauso wie auch der Pendlerströme Berücksichtigung gefunden haben.“
Schul-Zoff: Stadt Hürth macht Bezirksregierung Köln Vorwürfe
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, habe die Stadt Hürth dann einen Dringlichkeitsbeschluss gefasst, laut dem Kinder aus dem Hürther Stadtgebiet bei der Schulplatzvergabe bevorzugt werden sollen. Die beiden Gymnasien und die Bezirksregierung Köln seien umgehend über den Beschluss in Kenntnis gesetzt worden, so der Sprecher der Stadt Hürth.
Allerdings folgte schnell die Ernüchterung: „Die Bezirksregierung Köln teilt die Rechtsauffassung der Stadt Hürth zwischenzeitlich nicht mehr und hat sodann die beiden Schulleitungen angewiesen, das Auswahlverfahren ohne Berücksichtigung der Hürther Beschlusslage durchzuführen und die Zu- und Absagen zu verschicken.“
Somit hagelte es dann die Absagen für die 31 Kinder aus Hürth. Für den Sprecher der Stadt ein Zustand, der nicht so bleiben darf: „Im Ergebnis führt die Vorgehensweise der Bezirksregierung Köln dazu, dass ein Schulplatzmangel von Nachbarkommunen unter anderem zulasten der Stadt Hürth kompensiert werden soll.“
Dies könne in Zukunft nicht so fortgeführt werden – man sei praktisch gezwungen, Kinder aus dem eigenen Stadtgebiet zu bevorzugen, „um möglichen Versäumnissen von Nachbarkommunen nicht schutzlos ausgeliefert zu sein“.
Dies spiegele zwar nicht die grundsätzliche Haltung in Bezug auf den interkommunalen Solidargedanken der Stadt Hürth wider, aber die Vorgehensweise der Bezirksregierung Köln zwinge die Stadt Hürth dazu, diesen Schutzmechanismus vorsorglich ziehen zu müssen.
Bezirksregierung Köln schießt gegen die Stadt Hürth zurück
EXPRESS.de hat auch bei der Bezirksregierung Köln bezüglich des Themas nachgehakt, welches vor allem in Hürth viele Menschen bewegt. Auf die Frage, ob die bekannte Kölner Schulplatz-Knappheit nicht einfach in eine andere Stadt verlagert wird, lautet die kurze und knappe Antwort der Bezirksregierung: „Nein.“
Die bedarfsorientierte Schulentwicklungsplanung sei eine Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung, also der Stadt Hürth, gleiches gälte für die Planung städtischer Baumaßnahmen.
Laut des Sprechers der Bezirksregierung wäre eine andere Lösung praktikabel gewesen: „Eine Möglichkeit wäre, Mehrklassen zu bilden, dort wo es ginge. Den Antrag auf Einrichtung von Mehrklassen stellt der Schulträger, also die Stadt Hürth, in eigener Verantwortung losgelöst von der Frage der Stellenausstattung, die im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung liegt. Die Bezirksregierung hat daher bereits am 3. März 2023 den Schulträger unter anderem dahingehend beraten, dass eine Einrichtung von je einer Mehrklasse an beiden Gymnasien möglich wäre.“
Allerdings: Die Stadt Hürth habe sich jedoch in ihrer Verantwortung anders entschieden und bislang keinerlei Antrag auf Einrichtung einer oder mehrerer Mehrklassen gestellt. Es ist ein Problem, welches nicht nur die enttäuschten Kinder und Eltern bewegt – in Zukunft könnte es hierbei auch zwischen den einzelnen Kommunen zu weiterem Zündstoff kommen.