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Geschenke bis ChristbaumWo „fake“ mitunter besser ist – die verblüffende Öko-Bilanz

Plastikbaum, Papierserviette und poppiger Weihnachtspulli? Davon ist nicht alles so „unökologisch“, wie man denken könnte ...

von Andrea Kahlmeier  (ak)

Oh, du fröhliche – oh, du (un-)selige Weihnachtszeit. Im Advent werden wir laut Handelsverband-Prognosen 2024 rund 121,4 Milliarden Euro für Geschenke ausgeben. Ganz zu schweigen von Weihnachtsbäumen, Christbaumkugeln, Backpapier und Unmengen an Holz für kuschelige Kaminabende. Manch einen packt dabei dann doch das schlechte Gewissen, was die Ökobilanz angeht. Aber wie sieht's damit eigentlich aus? Können Fake oder Plastik manchmal sogar besser sein?

Antwort darauf weiß der Kölner Energiewirtschafts-Experte Rolf-Herbert Peters, Herausgeber des aktuellen Ratgebers „Ökobilanz“. Studienergebnisse wie die des Handelsunternehmens Otto stoßen ihm übel auf. Nur jeder Vierte beschäftigt sich demnach in diesem Jahr bei der Geschenkeauswahl mit dem Thema Nachhaltigkeit. Dabei kann manche einfache Entscheidung schnell klimafreundliche Früchte tragen – wenn man sich auskennt. Hier kommt eine kleine „Nachhilfe“, die die Umwelt und mitunter sogar das Portemonnaie schont!

Schadet eine Plastiktanne wirklich der Umwelt?

  1. Fichte oder Plastik? Angesichts des von Züchtern von Weihnachtsbäumen prognostizierten Preisanstiegs für viele auch eine Frage des Geldbeutels. „Knapp 30 Millionen Bäume werden in Deutschland jährlich für Weihnachten gefällt“, sagt Mitautorin Alexandra Kraft, deren Familie sich bereits vor 22 Jahren einen Plastikbaum zulegte. Und das macht sogar Sinn, um der Umwelt etwas Gutes zu tun. Laut einer Untersuchung des britischen Carbon Trust (setzt sich für die Reduzierung von Treibhausgasen ein) schneidet ein Plastikbaum nach etwa zehn Jahren Nutzung in Sachen CO₂-Ausstoß besser ab als ein natürlicher, ganz zu schweigen von der ausbleibenden Pestizidbelastung. Bäumchen mit Ballen seien auch keine richtige Alternative, sagt Peters, weil sie meist den Wechsel von drinnen nach draußen schlecht vertragen.
  2. Weihnachtsschmuck kaufen oder basteln? „Ich liebe die Weihnachtszeit, aber mir ist der grassierende Deko-Kitsch zuwider. Diese Geschmacklosigkeiten aus asiatischen Fabriken, die Unmengen Ressourcen fressen und Tausende Kilometer hinter sich haben, um am Ende zurecht in der Müllverbrennung zu landen. Die kommen bei uns nicht ins Haus“, moniert der Experte im Gespräch mit EXPRESS.de. Das Kampfschmücken belaste die Umwelt schwer mit „fortpflanzungsschädlichen Weichmachern, giftigen Flammschutzmitteln und umweltschädlichen Chlorparaffinen“. Laut Stichproben hätten 40 Prozent der getesteten Artikel (90 Prozent werden in China produziert) gar nicht in den Handel kommen dürfen. Deshalb: Handgemachtes kaufen – teurer, aber ökologischer. Oder selbst basteln!

Lust auf ein Spielchen? Stellt hier beim großen Quiz euer Weihnachtswissen unter Beweis!

  1. Backpapier oder Matte? Backpapier darf wegen seiner langlebigen Industriechemikalien weder ins Altpapier noch auf den Kompost. Das Bundesumweltamt rät deshalb zu Backmatten, die angeblich bis zu 1000-mal eingesetzt werden können. Und was macht die Familie von Marc Winkelmann, ebenfalls Mitautor des Ratgebers, beim Plätzchenbacken? „Das Blech einfach ein wenig einfetten.“
  2. Heizung oder Kaminöfen? So traurig es auch ist, da muss der Heizung der Vorzug gegeben werden. Stichwort: Feinstaub. Holzöfen verbreiten laut Umweltbundesamt inzwischen mehr Feinstaub als die Motoren von Autos und Lkw. Einige Verbände wollen Kaminöfen deshalb gänzlich verbieten. Aber da will das Bundesumweltamt dann doch keine Spaßbremse sein und empfiehlt, die Öfen „nur gelegentlich“ zu benutzen. Und natürlich darauf zu achten, nur trockenes, unbehandeltes Holz zu verfeuern!
  1. Goldschmuck oder Imitat? Abgesehen von den giftigen Dämpfen, die Schürfer (meist in Schwellen- und Entwicklungsländern) einatmen und der Entwaldung für Gold geht es auch um den zunehmenden Ausstoß von Treibhausgasen. Die haben sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt, weil das Material immer rarer wird und mit größerem Aufwand gewonnen werden muss. Besser: Recycling-Gold aus Münzen, Schmuck, Zahnersatz. Umweltwissenschaftler Prof. Mario Schmidt (Hochschule Pforzheim) rät deshalb zum Imitat. Massenmaterialien wie Messing, Stahl und Aluminium „können mit einem erheblich geringeren Aufwand gewonnen werden“. Na, wenn das kein Argument ist, warum nichts „Echtes“ unterm Weihnachtsbaum liegt!
  2. Papier- oder Stoffservietten? Rote Servietten zum Adventskranz mit den roten Kerzen? Natürlich ist der Reiz groß, mit Papierservietten eine passende Farbe zur Deko-Idee zu wählen. Und es ist ja auch praktisch, weil man die Papierservietten nach dem Essen einfach in den Müll werfen kann. Aber nachhaltig und sparsam ist das leider nicht. Stoffservietten sind da deutlich besser. Extra-Tipp: Das beste Material ist Leinen, weil bei der Herstellung weniger Wasser verbraucht wird und weniger Treibhausgase entstehen.
  1. Weihnachtskarte als Video? Klar, mag man denken, so eine Postkarte muss transportiert werden, dagegen ist eine WhatsApp, auch noch mit persönlichem Foto, doch ökologischer? Stimmt, aber die Masse macht es. Ganz so einfach sollte man es sich mit all den schnuckeligen und weitergeleiteten Weihnachtsvideogrüßen von rappenden Rentieren oder betrunkenen Nikoläusen nämlich nicht machen. „Reine Textnachrichten sind fürs Klima zwar harmlos“, sagt Peters, „aber die fast sieben Milliarden Bilder, die bei WhatsApp täglich auf die Reise gehen, verursachen binnen 24 Stunden bis zu 28.000 Tonnen Treibhausgas. Um es plastisch zu machen: Das ist etwa die Menge, die sämtliche Pkw auf deutschen Straßen innerhalb eines halben Jahres herausblasen.“

Zum Abschluss Peters Tipp, um die krampfhafte Suche nach Geschenken einzudämmen: „Warum nicht stattdessen eine Spendenaktion für Familie und Freunde ausrufen, um sich 2025 endlich die Leasingraten für ein E-Auto leisten zu können? Oder zumindest ein E-Bike?“

Und wer Wert auf Sozialstandards und Klimafreundlichkeit legt, sollte beim Kleiderkauf auf diese Labels achten, rät die Verbraucherzentrale in „Einfach nachhaltig“: IVN, Best GOTS (Global Organic Textile Standard), Fairtrade Cotton, Fair Wear Foundation, Cotton made in Africa. Bei Kosmetika ohne Tierversuche empfiehlt die Stiftung diese Siegel: Leaping Bunny, Vegan, BDIH, Natrue.