Nächste peinliche Panne der RegierungScheuer stocksauer, ihm geht das „auf den Zeiger“

Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, am 29. September am Bahnhof Südkreuz in Berlin. Er trägt eine Maske, viele Menschen sammeln sich um ihn.

Andreas Scheuer (CSU), Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, am 29. September am Bahnhof Südkreuz in Berlin. Die erst vor einer Woche von Verkehrsminister vorgestellte App „ID Wallet“ muss nach Problemen auf den Prüfstand.

Die Digitalisierungsbemühungen der Bundesregierung stehen unter keinem guten Stern: Die erst vor einer Woche von Verkehrsminister Scheuer vorgestellte App „ID Wallet“ für den digitalen Führerschein muss noch einmal auf den Prüfstand und ist nicht mehr verfügbar.

Berlin. Eine Woche nach dem Startschuss für den digitalen Führerschein in Deutschland ist die dazugehörige Smartphone-App „ID Wallet“ wieder zurückgezogen worden. Die Anwendung war am Donnerstag weder im Apple App Store noch im Google Play Store mehr verfügbar.

Zuvor hatten Expertinnen und Experten auf mögliche Sicherheitslücken in der App hingewiesen. Ein Regierungssprecher sagte, dass dem Bundeskanzleramt noch keine belastbaren Erkenntnisse über mögliche Sicherheitslücken der App vorliegen.

Der von der Bundesregierung beauftragte Dienstleister Digital Enabling GmbH erklärte, der Start der App habe viel Aufmerksamkeit von Nutzerinnen und Nutzern erhalten, die sich intensiv mit Sicherheits- und Vertrauensfragen befassen. Das Unternehmen räumte nicht direkt ein, dass Sicherheitslücken tatsächlich vorhanden seien, sondern verwies auf Probleme durch die Überlastung der Server. „Um das System auf höhere Nutzlasten auszulegen und den Sicherheitshinweisen nachzugehen, werden wir in den nächsten Wochen umfangreiche weitere Tests durchführen. In dieser Zeit werden wir die App aus den Stores nehmen.“

ID Wallet soll klassischen Führerschein ersetzen

Der digitale Führerschein, der in der „ID Wallet“ aufbewahrt wird, soll nach den Plänen der noch amtierenden Bundesregierung beispielsweise die Anmietung von Mietwagen oder die Nutzung von Carsharing-Angeboten erleichtern. Langfristig sollte das digitale Abbild des Führerscheins auf dem Smartphone das analoge Papier vollständig ersetzen können, etwa bei einer Ausweiskontrolle. Das Projekt war vor einer Woche von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) vorgestellt worden.

Ein Mann hält ein iPhone mit der App "ID Wallet", in der die digitale Variante eines Führerscheins zu sehen ist.

Ein Mann hält ein iPhone mit der App „ID Wallet“, in der die digitale Variante eines Führerscheins zu sehen ist. Eine Woche nach dem Startschuss für den digitalen Führerschein ist die dazugehörige Smartphone-App wieder zurückgezogen worden.

Scheuer zeigte sich „stocksauer“, dass die ID-Wallet-App vorerst gestoppt werden musste, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Ministeriumskreisen erfuhr. Es gehe ihm „auf den Zeiger“, dass sein Ministerium funktionierende Projekte abliefere und es an zersplitterten Zuständigkeiten „wieder einmal hake“. Das Kanzleramt habe darauf bestanden, dass der digitale Führerschein in der App „ID Wallet“ zur Verfügung stehe.

Ein Sprecher des Ministeriums verwies darauf, dass die Schnittstellen zum Kraftfahrtbundesamt für das Ausstellen des digitalen Führerscheins fehlerfrei liefen und durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik überprüft worden seien. „Diese Anwendung funktioniert, kann aber wegen aktueller Probleme der „ID Wallet“ derzeit nicht abgerufen werden. An der Behebung wird durch das beauftragte Unternehmen mit Hochdruck gearbeitet.“

In der schwarz-roten Bundesregierung hatte sich vor allem die Staatsministerin für Digitalisierung, Dorothee Bär (CSU), für eine Digitalisierung von amtlichen Dokumenten und darauf aufsetzenden Anwendungen wie die „ID Wallet“ stark gemacht. Die Anwendung liegt auch formell in der Zuständigkeit des Bundeskanzleramtes.

Chaos Computer Club: Technik ist angreifbar

Nach der Vorstellung des Projektes „Digitaler Führerschein“ traten zunächst technische Schwierigkeiten auf, weil die Server überlastet waren. Außerdem kritisierten Sicherheitsexperten aus dem Umfeld des Chaos Computer Clubs (CCC) die Anwendung.

Zu den Kritikern gehört auch Lilith Wittmann, die zuvor bereits gravierende Sicherheitslücken in der Wahlkampf-App der CDU entdeckt hatte. Man habe „Grund zur Annahme“, dass die Infrastruktur hinter der App und die zugrundeliegende Blockchain-Technik angreifbar sein könnten, twitterte der CCC-Hacker Fabian Lüpke, der unter dem Pseudonym Flüpke im Internet auftritt. (dpa)