Seit Anfang August ist das deutsche Forschungsschiff „Polarstern“ wieder in der Arktis unterwegs, um zu erforschen, wie sehr sich das Ökosystem in der Region wandelt. Dabei schaut das deutsche Team auch tief in den Ozean, um das Leben dort zu erforschen – und macht dabei auch bedrückende Funde.
Alarmierender Fund mitten in der ArktisDeutsche Forscherin entsetzt, was sie auf dem Monitor sieht
Sie war bereits vor elf Jahren beim bisher größten Meereisminimum der Arktis dabei – nun ist sie mit ihrem Team zurückgekehrt, um den heutigen Zustand der Arktis mit damals zu vergleichen: Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts (AWI).
Sie leitet die „Polarstern“-Expedition in der Zentralarktis, die vor allen Dingen untersuchen will, wie sehr sich das Meereis und das Leben im Ozean in der letzten Dekade verändert hat. Dass dabei nun ein besonders trauriger und gleichzeitig alarmierender Fund gemacht worden ist, erklärt sie im Podcast „Bord-Tagebuch von der Polarstern“ im Radiosender „Bremen Zwei“.
Arktis: „Polarstern“-Team untersucht auch die Tiefsee
Das Expeditionsteam untersucht vor Ort ganz genau, wie sich die Beschaffenheit des Meereises verändert und was der Rückgang des Eises mit dem Meer selbst macht – von der Oberfläche bis in die Tiefsee.
Für solche Arbeiten sind sogenannte Eisstationen geplant: „Das Schiff legt an eine Scholle an, dann gehen die Eisforscher auf die Scholle, wir setzen verschiedene Roboter und Freifallgeräte aus und parallel schauen wir mit den Zoologinnen die Lebewesen am Grund an, über 4000 Meter tiefer. So erkennen wir Zusammenhänge in allen Stockwerken des Ozeans vom Meereis bis zum Meeresboden“, so erklärt Antje Boetius das Vorgehen im Vorfeld.
Dass dabei selbst in der entlegensten Ecken der Erde auch traurige Überreste menschlicher Zivilisation gefunden werden, ist zwar nichts Neues. Doch die jüngste Entdeckung ist besonders bedrückend, wie Boetius erklärt.
Arktis: Deutsches Team macht alarmierenden Fund in 4200 Metern
„In allen Richtungen um uns herum sind wir von über 500 Kilometern Meereis umgeben, in Richtung Kanada und Alaska sogar über 1200 Kilometern“, erklärt Boetius. Deshalb könnten nur Spezialschiffe in diesem eisbedeckten Arktischen Ozean vorwärtskommen, die gesamte Region sei sehr wenig befahren. „Und es gibt kaum Häfen oder Infrastruktur hier draußen“, so die Expeditionsleiterin weiter. Deshalb gebe es bisher wenig sichtbare Verschmutzung im Meer.
Aber: „Unsichtbare Verschmutzung gibt es schon, sie nimmt auch leider zu“. Viele internationale Expeditionen und Studien haben die „Plastikkrise“ in Arktis, Antarktis und in den Ozeanen bereits belegt, vor allen Dingen die Menge von Mikroplastik könnte bald riskante Schwellenwerte überschreiten.
„Ich habe in den vielen Jahren Tiefseeforschung, den Hunderten Stunden von Tiefseebeobachtung in der Tiefsee der Arktis sehr wenige Spuren des Menschen am Meeresboden gesehen. Mal ein Stück Holz, mal ein rostiger Nagel oder Stücke von Kohle“, zählt Boetius auf.
„Das Meereis schützt, dachte ich, doch nun ist es so weit“
„Das Meereis schützt, dachte ich“, erklärt sie weiter. „Doch nun ist es so weit, wir sind alle ein bisschen traurig, dass wir in dieser unzugänglichen Region nun in 4200 Meter Wassertiefe die erste Plastiktüte gesehen haben. Sie hat sich zwischen zwei Seeanemonen verhakt, eine dritte ganz kleine wächst darauf.“
Woher die Tüte stamme, sei unklar. „Aber sie ist eben doch ein Symbol dafür, dass wir uns beeilen müssen, mit internationalen Abkommen diese letzten, bisher kaum verschmutzten Regionen besser zu schützen.“
In der vergangenen Woche hat die „Polarstern“ den Nordpol erreicht, fünf Wochen nach Ablegen in Norwegen. Bislang lieferte die Expedition weitere überraschende Entdeckungen: So zeichnet sich 2023 durch ungewöhnliche Eisdrift aus, die die Lebensgemeinschaften unter dem Eis beeinflusst. Zudem hat das Team eine erstaunliche Artenvielfalt an einem bislang unkartierten Seeberg in 1500 Meter Wassertiefe unter dem Eis entdeckt.