Wer auf den aktuellen Dürremonitor blickt, sieht wieder jede Menge tiefroter Stellen. Bis in rund 1,8 Meter Tiefe sind die Böden an vielen Orten in Deutschland ausgetrocknet – ein Dürre-Gürtel zieht sich quer durch das Land. Werden wir bald zur Steppe?
„Deutschland ist in einer Extrem-Situation“Wie schlimm wird es 2022? Forschende warnen
2018, 2019, 2020 – das sind die Jahre, in denen extreme Hitze und Dürre Natur und Mensch in Deutschland gequält haben. Viel Sonne, wenig Regen, Ernteausfälle, Waldbrände, Hitzeschäden, nicht nur Deutschland sondern ganz Europa litt unter dem Wassermangel.
Kommt jetzt das Jahr 2022 hinzu? Bereits das Frühjahr hat ebenfalls sehr trocken begonnen, Landwirte beklagen schon jetzt, dass ihre Böden dringend Wasser benötigen. Wird Deutschland bald zu einer Steppe?
Ein Blick auf den aktuellen „Dürremonitor“ zeigt, wie die Böden in unserem Land derzeit aussehen. Karten zeigen den Dürrezustand, vor allen Dingen der Blick auf den Gesamtboden, also bis in rund 1,8 Meter Tiefe, zeigt die Dramatik: Vor allem im Osten Deutschland gibt es jede Menge rote und tiefrote Stellen, sie zeigen eine extreme und außergewöhnliche Dürre an. Brandenburg ist besonders betroffen, allerdings zieht sich eine Art Dürregürtel über Sachsen-Anhalt und Niedersachsen bis nach Nordrhein-Westfalen.
Dürre in Deutschland: Wälder leiden erheblich
Die Leidtragenden: die Bäume und Wälder. Wie erheblich sie leiden, hat Anfang des Jahres das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mitgeteilt. Die Satelliten Sentinel-2 und Landsat-8 haben erstmals das Ausmaß der Schäden sichtbar gemacht – und wo sie am schlimmsten sind.
Von Januar 2018 bis April 2021 seien auf rund 501.000 Hektar Fläche Baumbestände zerstört worden – das entspreche fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche, erklärte das DLR. Der Verlust sei damit erheblich höher, als bisher angenommen.
Dürre in Deutschland: „Seit 2018 in einer Extremsituation“
„Deutschland ist seit 2018 in einer Extremsituation, die es so im letzten Vierteljahrtausend nicht gegeben hat“, sagt Andreas Marx gegenüber dem „Spiegel“, der am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig den Dürremonitor betreut. Noch sei nicht abzuschätzen, ob auch 2022 so ein Dürre-Jahr werde. „Wenn es bald regnet, können in der Landwirtschaft durchaus noch überdurchschnittliche Erträge erreicht werden.“
Doch die Wahrheit ist: Wasser ist knapp. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass Wasser hierzulande zu einem knappen Gut wird – das ist ein Novum für Deutschland“, sagt Claudia Pahl-Wostl vom Institut für Umweltsystemforschung der Universität Osnabrück gegenüber dem Magazin. „Es ist keine Frage, dass wir nach dem etwas feuchteren Jahr 2021 jetzt wieder eine Dürresituation haben.“
Dürre in Deutschland: Forscherin warnt
Wird Deutschland also früher oder später zu einer Steppe? Nein, sagt Pahl-Wostl, das gäben wissenschaftliche Daten nicht her. Niederschläge könnten gar in Mitteleuropa allen Klimamodellen zufolge zunehmen – auf die Gesamtheit betrachtet. „Aber die Extremereignisse, lange Dürreperioden und Starkniederschläge, werden sich häufen“, warnt die Forscherin. Ihre Prognose: „Die Erderwärmung könnte Deutschland erheblich verändern.“
Bereits jetzt haben Dürre und Hitze dramatische Folgen, auch in NRW, wie die DLR-Untersuchungen ergeben haben: Innerhalb von drei Jahren habe das Bundesland mehr als ein Viertel seiner Fichtenwälder verloren, in einigen Landkreisen gar mehr als zwei Drittel. Viele Bäume starben demnach ab, fielen großflächigen Notfällungen zum Opfer.
Klimawandel: „1,5 Grad sind nicht irgendeine Statistik“
Die Durchschnittstemperatur hat sich in Deutschland seit dem Ende des 19. Jahrhunderts um 1,6 Grad erhöht. Und sie steigt weiter. Die Zeit drängt, und zwar weltweit: Wie die Weltwetterorganisation (WMO) in Genf kürzlich mitteilte, könnte die 1,5-Grad-Schwelle bereits 2026 überschritten werden.
Klimaexpertinnen und Klimaexperten warnen noch einmal eindringlich, dass die Folgen des Klimawandels bei einer Erwärmung von dauerhaft mehr als 1,5 Grad erheblich sind. „Die 1,5 Grad sind nicht irgendeine Statistik“, sagte WMO-Generalsekretär Petteri Taalas. „Es ist ein Indikator für den Punkt, an dem die Folgen des Klimawandels für die Menschen und den ganzen Planeten immer schädlicher werden.“