Die Leverkusenerin Joana N. (34) wog 160 Kilo und hat nach einer Schlauchmagen-Operation 80 Kilo abgenommen. Gegenüber EXPRESS.de erzählt sie ihre Schicksalsgeschichte.
„Bin doch nicht ich“Leverkusenerin (34) wiegt 160 Kilo – dann geht sie radikalen Schritt
Die Leverkusenerin Joana N. litt jahrelang an extremem Übergewicht. Nach Mobbing in der Schule, einer Krebs-Erkrankung und einer toxischen Beziehung im Erwachsenenalter verstärkten die Schicksalsschläge ihre Adipositas zusätzlich.
Doch eine Kämpferin gibt nicht auf und so entschied sie sich für einen radikalen Schritt: eine Schlauchmagen-Operation. Nicht nur der Eingriff, auch der Weg danach sei nicht leicht, wie die 34-Jährige im EXPRESS.de-Gespräch schildert. Doch jetzt will Joana N. ihre Geschichte erzählen, um anderen zu helfen.
Leverkusen: Influencerin Joana (34) erzählt ihre Schicksalsgeschichte
„Ich war schon immer ‚mopsig‘, schon im Grundschulalter und da fingen auch meine Probleme an. Ich wurde gemobbt, war der Außenseiter und dann haben sich auch noch meine Eltern getrennt. Ich habe diese Situation mit falschem Essverhalten kompensiert“, schildert Joana N. im EXPRESS.de-Gespräch.
Mit 16 sei sie dann an Lymphdrüsenkrebs erkrankt. Drei Jahre war sie in Behandlung und die Medikamente hätten sie stark aufgeschwemmt. „Das hat mein Übergewicht noch verstärkt“, so die Leverkusenerin weiter. Mit 28 Jahren wog sie dann bereits 130 Kilo, wurde schwanger und eine Fehlgeburt setzte ihr schwer zu. Wegen ihrer darauf folgenden zweiten Risikoschwangerschaft habe sie sechs Monate im Krankenhaus verbracht.
Joana aus Leverkusen erleidet diverse Schicksalsschläge und wiegt 160 Kilo
„Alles Emotionale habe ich immer mit Essen kompensiert. 2015 war ich dann bei 160 Kilo“, schildert Joana N. im Rückblick. Doch auch das war noch nicht der Tiefpunkt, der sie zu einem lebensverändernden Schritt bringen sollte. 2018 befreite sie sich aus ihrer Ehe und reichte die Scheidung ein. Diese Erfahrung brachte sie an einen absoluten Tiefpunkt, an dem sie nicht mehr wusste, wie es weitergehen soll.
„Erst 2020 kam für mich der Wendepunkt. Ich saß draußen im Gartenstuhl mit meiner Tochter, die gerne Radfahren lernen wollte. Und ich habe mich gefragt, wie ich es ihr beibringen soll. Mir ging es zu schlecht, ich wurde von meinem eigenen Gewicht erdrückt und konnte mich im Bett nicht mehr umdrehen“, schildert die Leverkusenerin. In dieser Zeit habe sie an einer völlig verzerrten Wahrnehmung gelitten.
Joana: „Ich habe mich nie dick gesehen“
„Ich habe mich nie dick gesehen, ich habe immer etwas aus mir gemacht, habe meine langen Haare gepflegt und schminke mich. Ich dachte, dass alles in Ordnung ist“, sagt Joana N. Erst, als ihr neuer Lebensgefährte sie in unglücklichen Positionen fotografiert habe, sei ihr die Situation klar geworden. „Das bin doch nicht ich, dachte ich“, sagt Joana N. weiter.
Also holte sie sich Hilfe und bekam sie auch. Im Leverkusener Adipositas-Zentrum. Nach langer Vorbereitung unterzog sie sich im Oktober 2020 einer Schlauchmagen-Operation, die ihr Leben komplett verändern sollte.
Doch die Operation kommt nicht für jeden übergewichtigen Patienten infrage. Die Chirurgin Dr. Angelika Alfes aus dem Klinikum Leverkusen, wo die Eingriffe regelmäßig durchgeführt werden, ist auf Adipositas-Chirurgie spezialisiert und schildert im Gespräch mit EXPRESS.de, worauf es bei der Behandlung ankommt.
Leverkusener Ärztin schildert, für wen die Schlauchmagen-OP infrage kommt
„Wir reden hier schon über ein sehr hohes Übergewicht und unsere Patienten haben oft bereits einiges erlebt und diverse schwierige Diäten hinter sich, bevor sie zu uns kommen. Ab einem BMI von 40 kg/m² liegen mindestens 40 bis 50 Kilogramm Übergewicht vor und dann ist die Schlauchmagen-Operation eine mögliche Behandlungsform“, so die Ärztin.
Joana N. aus Leverkusen hatte vor ihrer Operation einen BMI von 49. Wichtig sei laut der Ärztin vor allem die Vorbereitungszeit auf die Operation, die bis zu sechs Monate andauert und zu der sowohl eine psychologische Begutachtung, als auch ein Ernährungstraining und individuelle Beratung sowie Sport gehören. „Wer zehn bis 20 Kilo zu viel drauf hat, der hat eine gute Chance, mit einer Ernährungsumstellung und viel Sport einen Abnehmerfolg zu erzielen. Bei 40 bis 50 Kilo Übergewicht ist es nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich, dass die Patienten es auf diesem Weg schaffen“, so Alfes.
Bei der OP selbst werden laut der Expertin etwa zwei Drittel des Magens entfernt und der Restmagen bleibt in einer Art Schlauchform zurück. Bei der OP werde der Teil des Magens entfernt, der das sogenannte Hunger-Hormon bildet und ausschüttet.
„Dadurch haben die Patienten kurz nach der OP häufig gar keinen Hunger mehr und müssen sich teilweise sogar die Uhr stellen, um an das Essen zu denken“, erklärt die Ärztin. Ein anderer Aspekt sei, dass sich das Sättigungsgefühl schon nach kleinen Mengen einstellt.
Magen-Verkleinerung bedeutet große Umstellung für die Patienten
Dies sei eine große Umstellung für die Patienten. „Es dauert bei vielen Patienten länger, bis der Kopf glaubt, dass der Magen satt sein kann“, so die Chirurgin. Ein Erlebnis dazu sei ihr in besonderer Erinnerung geblieben.
„Einer Patientin sind schon nach einem Löffel Joghurt die Tränen gelaufen, weil sie gar nicht mehr wusste, was es für ein Gefühl ist, satt zu sein“, schildert die Leverkusener Ärztin eindrücklich. Doch der Weg bis zum Ziel und mehr Lebensqualität sei auch nach dem Eingriff kein Selbstläufer. Ein Drittel der Patienten werde über die Jahre gesehen rückfällig und nehme wieder zu. Oft sei der Grund dafür ein Rückfall in alte Gewohnheiten.
Leverkusen: Joana N. ist Influencerin und macht Übergewichtigen Mut
Diesen Rückfall will Joana N. aus Leverkusen unbedingt vermeiden. Die erste Zeit nach der OP sei eine emotionale Achterbahnfahrt gewesen. Zwei Monate nach ihrer OP sei es ihr aber schon besser gegangen. Doch auch jetzt kämpft sie noch mit einer Essstörung.
„Ich fühle mich mit meinen 78 Kilo jetzt wohl, aber es ist kein einfacher Weg. Ich will anderen Betroffenen helfen und sie dazu bringen, sich Hilfe zu suchen“, appelliert Joana N. im EXPRESS.de-Gespräch.
Mittlerweile ist sie als „frau.mutivation“ bei Instagram unterwegs und hat mehr als 22.000 Follower. Seitdem sie fast 80 Kilo abgenommen hat, macht sie im Alltag Erfahrungen, die ihr zu denken geben. „Unsere Gesellschaft ist katastrophal. Wenn du übergewichtig bist, dann bist du nichts wert. Jetzt habe ich teilweise mit sexueller Belästigung zu kämpfen“, so Joana N. fassungslos. Oder plötzlich seien Mitarbeitende im Supermarkt hilfsbereit, lacht die Influencerin.
Diese Erfahrungen hätten sie gelehrt, wie oberflächlich unsere Gesellschaft ist und wie schwer es sein kann, sich Hilfe zu suchen, wenn man Probleme hat. „Doch es gibt Hilfe, sucht sie und nehmt sie an“, so der Appell der Influencerin.