Bad GodesbergSo verkam der Diplomatenstadtteil zum Brennpunkt

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Im Villenviertel von Bad Godesberg säumen die teuren Anwesen der Reichen die Straßen.

von Iris Klingelhöfer  (iri)

Bonn Bad Godesberg – Wer etwas auf sich hielt, wohnte dort, besuchte die schicksten Bälle und shoppte in den teuersten Boutiquen. Bonns eleganter Diplomatenstadtteil – inzwischen ist er zum Brennpunkt verkommen.

Trauriger Höhepunkt: der tödliche Angriff auf Niklas (17) Anfang Mai. Kabarettist Konrad Beikircher (70) wohnt seit 20 Jahren in Bad Godesberg.

Wir treffen ihn am Rondell hinter dem Bahnhof. Dort stehen in Erinnerung an Niklas Kerzen und Fotos.

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Kabarettist Konrad Beikircher (70) steht nachdenklich am Rondell, wo auch eines seiner Kinder Opfer einer Bande wurde.

„Aber Kameras sind hier immer noch nicht“, sagt Beikircher mit einer ausholenden Handbewegung. Die Kameras wollten Stadt und Polizei nach der brutalen Attacke eigentlich installieren…

Vor rund zehn Jahren wurde an gleicher Stelle eines von Beikirchers Kinder mehrfach von einer Bande beraubt. „Die Täter waren extra aus Duisburg angereist, weil sie wussten: Godesberg ist reich“, erklärt er.

Schon damals, so der Kabarettist, sei der Bereich als Angstraum bekanntgewesen. Beikircher zeigt auf ein schickes Restaurant keine 50 Meter entfernt:

„Und dort geht die Haute Volée einen trinken.“ Arm und Reich liegen eng beieinander.

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Nur wenige Hundert Meter von den Villen entfernt wohnen die Ärmeren in großen Wohnkomplexen.

„Das birgt immer Konflikte. In Bonn verteilt sich das mehr – in Bad Godesberg prallt es aufeinander“, so der 70-Jährige, der sich noch dran erinnert, als im Bonner Süden nur „feinste Leute“ wohnten.

Mit dem Regierungsumzug seien die plötzlich alle weggewesen. „Die Reichen, die blieben, igelten sich im Villenviertel ein“, erklärt er.

Dort sind die Straßen von teuren Häusern mit teuren Sicherheitsanlagen gesäumt. Gleichzeitig entwickelte sich auf der anderen Seite der Bahnlinie eine zweite Welt.

Die dortige Bonner Straße hieße überall nur noch „Arabermeile“ oder „Klein-Babylon“, so Beikircher. In den Geschäften werden auf Arabisch Ferienwohnungen angepriesen oder es prangt im Schaufenster „Halal“.

Ein Club weist auf die geänderten Öffnungszeiten während des Ramadans hin. Die Beschriftungen sind häufig groß in Arabisch geschrieben und nur klein in Deutsch.

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Auffällig bei vielen Läden ist die große Beschriftung auf Arabisch.

„Das ist ein deutliches Signal der Abgrenzung“, kritisiert Beikircher. Der Verein Stadtmarketing müsse daher auch die ausländischen Geschäftsleute ansprechen, appelliert er.

Und umgekehrt. „Muslime, Nordafrikaner, Araber müssen auf die Godesberger zugehen.“ So habe eine Shisha-Bar, die lange gar keine deutsche Beschriftung hatte, jetzt eine. „Das sind kleine Schritte, die aber wichtig sind“, so der Kabarettist.

Die Diplomaten gingen, die Medizintouristen kamen. Beikircher: „Es ist Fluch und Segen.

Godesberger, die Wohnungen an die Patienten und ihre Familien vermieten, sind natürlich glücklich darüber.“ Für viele jedoch ist das Bild der vollverschleierten Frauen auf den Straßen ungewohnt, gar befremdlich.

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Seit der Medizintourismus boomt, prägen vollverschleierte Frauen das Stadtbild.

„Die Godesberger leben ein Gefühl, etwas verloren zu haben“, meint Konrad Beikircher. Er appelliert, viel mehr mit einander zu reden und aufeinander zuzugehen.

„Ich habe Bad Godesberg nicht aufgegeben. Ich lebe hier gerne!“, sagt er.