Kultur trotz CoronaBonn hat die Kunst einfach mittendrin
Bonn – Das hat nur Bonn und ist einmalig: Ein Museum im öffentlichen Raum – mit Skulpturen weltbekannter Künstler. Markus Lüpertz, Tony Cragg, Bernar Venet und Stephan Balkenhol sind mit ihren Kunstwerken bereits in Bonn vertreten und wenn Corona es bald zulässt, kommt im Sommer ein Werk des Österreichers Erwin Wurm hinzu. Walter Smerling, Chef der Stiftung für Kunst und Kultur, peilt eine Eröffnung im Mai an.
„Natürlich habe ich keine Glaskugel, aber ich möchte eine schöne Enthüllung mit Publikum und ohne Masken“, so Smerling. Der ursprüngliche Festakt im Herbst 2020 musste coronabedingt abgesagt werden. Während alle Museen im Lockdown geschlossen haben, zeigt Bonn Kunst einfach mitten in der Stadt.
Bonns „Kneethoven“ sorgt für Diskussion
Als im März 2014 die Plane zu Markus Lüpertz’ (79) Kunstwerk fiel, staunten die Bonner nicht schlecht. Eine „Hommage an Beethoven“ (Foto oben) hatte der Künstler mit seinem 2,70 Meter hohen Kunstwerk aus 1100 Kilo Bronze geschaffen.
Doch manch Spötter hielten auch gleich fest: Das ist doch nicht Beethoven – eher ein „Kneethoven“. Das neue Denkmal im Stadtgarten direkt neben dem Alten Zoll – und das erste Werk in der Reihe der „Kunst im öffentlichen Raum“ – löste eine heftige Kunstdebatte in der Stadt aus. Zwei Jahre später war Lüpertz immer noch mächtig sauer – er sei empört und beleidigt, wie die Stadt mit der Skulptur umgegangen sei.
Bonns bronzene Wuchtbrumme in der Fußgängerzone
Im Juni 2014 war sogar Gerhard Schröder (76) auf Stippvisite in seiner alten politischen Heimat am Rhein. Der Alt-Kanzler – ein großer Freund zeitgenössischer Kunst – kam zur feierlichen Eröffnung von „Mean Average“ des britischen Künstlers Anthony Cragg (71) auf den Bonner Remigiusplatz.
Eine bronzene Wuchtbrumme, die beim Umrunden auch immer wieder neue Ansichten bietet. Je nach Standpunkt lassen sich in der Skulptur auch menschliche Profile entdecken, die plötzlich auftauchen und beim Weitergehen wieder verschwinden.
Auf der B9 hat Bonn den Bogen raus
Während des Aufbaus dachten die Bonner: Wird hier etwa ein Schiff gebaut? Sie konnten mit den Stahlbögen, die auf der Mitte des Trajekt-Knotens – dem heutigen Helmut-Schmidt-Platz – lagen, nicht viel anfangen. Doch das im Juni 2016 enthüllte Kunstwerk „ARC 89“ des französischen Bildhauers Bernar Venet (79) erscheint wie ein riesiges Tor mit zwei Bogenreihen und einer Gesamthöhe von 17 Metern, gefertigt aus 42 Tonnen rostrotem Stahl.
Je nach Blickwinkel und Neigung der 14 Bögen verändert sich der Arc beim Umrunden so nachdrücklich, dass man glaubt, unterschiedliche Werke vor sich zu haben. Mit dem Standort im ehemaligen Regierungsviertel und der Bogen-Neigung von 89 Grad stellt Venet den Bezug zum Wende-Jahr 1989 her – mit auch einschneidenden Veränderungen für Bonn.
Amtlich: Bonn hat ’ne echte Macke
Auch im September 2018 ließ sich wiederum Alt-Kanzler Gerhard Schröder nicht zweimal bitten, um erneut ein Kunstwerk eines berühmten Bildhauers zu enthüllen. Die „Hommage an August Macke“ im Bonner Hofgarten des Künstlers Stephan Balkenhol (63) inspiriert regelmäßig Passanten zu einem Selfie mit dem weltberühmten Maler, der von 1911 bis 1914 in Bonn lebte.
Der Blick in die Luft unter einem bunten Pavillon ist die weltweit erste Skulptur Mackes – und wer Schröder in den ersten zwei Jahren im neuen Berliner Kanzleramt gegenüber saß, der schaute auf Mackes „Orientalische Märchen“.
Bonn: Die Shopping-Welt aufs Korn genommen
Das wird DER Hingucker in der Bonner City: Erwin Wurms (66) „Walking Bag“ direkt neben dem Uni-Hauptgebäude an der Ecke Am Hof/Neutor. Eine Riesen-Handtasche auf zwei Beinen – die vier Meter hohe, orangene Skulptur soll ab Mai ironisch auf unnötigen Konsum aufmerksam machen.
Der Künstler, der sich kritisch mit der Modeindustrie auseinandersetzt, hat sich bei der Erschaffung der Statue bewusst für eine luxuriöse „Birkin Bag“ von Hermès (ab 9000 Euro) entschieden und zeigt damit eine Person, die auf ihre Accessoires reduziert ist: Tasche und Schuhe.