Mord ohne LeicheSo leidet die kleine Lea (10)

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Sandra (damals 42) verschwand im September 2012 spurlos. Niemand glaubt, dass die zweifache Mutter noch lebt.

Bonn/Eitorf – Es ist der mysteriöseste Kriminalfall in der Region Bonn seit Jahren: der „Fall Sandra“. Im September verschwand die zweifache Mutter spurlos. Dass die damals 42-Jährige noch leben könnte, glaubt niemand. Zweimal hat der Ehemann (43) als ihr mutmaßlicher Mörder vor Gericht gestanden. Einmal wurde er verurteilt, einmal freigesprochen. Nach dem Ende der zweiten Prozessrunde gibt es unbeantwortete Fragen – und jede Menge Leid.

„Kommt Mama noch mal wieder?“

Oliver Rasch ist Sandras Ex-Freund und Vater ihrer Tochter Lea (10, Name geändert). Dirk D. hatte sie wie sein eigenes Kind aufgezogen, heute lebt Lea bei ihrem leiblichen Vater.

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Oliver Rasch (45) ist der Vater von Sandra D.s kleiner Tochter (heute 10).

„Sie fragt oft nach der Mama“, erzählt der 45-Jährige. „Ich sage ihr ganz offen, dass Sandra nicht mehr lebt.“ Im Garten hat Rasch einen Baum gepflanzt, an dem er und die Tochter Sandras gedenken. „Ein Grab gibt es ja nun mal nicht“, sagt er traurig.

Rasch ist sicher, dass es in dem Haus der D.s in Eitorf ein schlimmes Unglück gegeben hat: „Ich bin überzeugt, es war ein tödlicher Unfall nach einem Streit. Das perfekte Verbrechen zu begehen, ist er nicht in der Lage. Er hatte einfach Glück, dass viele Dinge so laufen wie sie eben laufen, wenn ein Erwachsener verschwindet. Ich bin froh, dass er wenigstens die knapp drei Jahre U-Haft abgesessen hat.“

Pannen bei den Ermittlungen?

D. ist inzwischen ein freier Mann. Doch Hinterbliebene und Prozessbeobachter fragen sich: Wurde bei der Ermittlung geschlampt? Richter Hinrich de Vries hatte die Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft im Urteil deutlich kritisiert: „Die Kammer hält es für möglich, dass bei den Ermittlungen etwas übersehen wurde, der Blick zu schnell und zu lang ausschließlich auf Dirk D. lag.“

Erinnerungslücken nach vier Jahren

So war etwa nicht hinterfragt worden, wo Sandras Bekannter Norbert Z. (Name geändert) an dem Sonntag war, als sie verschwand. Die Beiden hatten sich zum Telefonieren verabredet. Doch der Kontakt kam nie zustande. Warum versuchte Z. nie mehr, Sandra zu erreichen? Im zweiten Prozess wurde Z. gefragt, wo er an jenem Tag 2012 gewesen sei. Daran konnte er sich nicht mehr erinnern – keine Überraschung vier Jahre später.

Neue Ermittlungen nicht ausgeschlossen

Auf EXPRESS-Nachfrage sagte Oberstaatsanwalt Robin Faßbender, die Ermittler seien nach wie vor überzeugt, dass Dirk D. seine Frau getötet habe. Aber: „Man muss irgendwann einsehen, dass man verloren hat. Die Gutachterin hatte sehr gute Argumente. Mit dieser Zeugin als Hauptbelastungsmittel kann man den Ehemann nicht überführen.“

Ermittlungen gegen potenzielle weitere Verdächtige schließe man nicht aus, betont Faßbender: „Wir warten diesbezüglich die schriftliche Begründung des Urteils ab.“