Ex-Schüler berichtet im EXPRESSDie Knabengalerie des Ako-Paters
Bonn – Die Fotos zeigen Knaben mit weichen Gesichtszügen und langem Haar, hübsche Jungs mit nacktem Oberkörper oder auf dem Boden sitzend: Das war die Bildergalerie von Ako-Pater S. (82).
Die Aufnahmen hingen im Treppenhaus der Stella Rheni des Aloisiuskollegs - dort, wo es zum Schlafzimmer des Jesuitenpaters ging. Beim Bonner EXPRESS meldete sich jetzt der ehemalige Ako-Schüler Wilhelm H.
Der heutige Kommunalpolitiker (57) hatte damals einige der ausgestellten Bilder abfotografiert – ohne zu ahnen, welche Brisanz sie haben. „Ich hatte sie meinem Bruder gezeigt, mich darüber amüsiert“, erzählt er.
Pater S. hatte Tausende davon gemacht. Über Jahrzehnte ließ er zwölf-, dreizehnjährige Schüler, die ihm gefielen, für die Bilder posieren. Die schönsten hängte er in seine „Knabengalerie“ an der Treppe im Internat.
„Die Fotos wurden erst abgehängt, als S. abgetreten war“, erzählt Wilhelm H. Er erinnert sich gut daran, dass mit dem Pater auch die Jahreshefte des Akos immer prächtiger geworden waren. Hochglanz, voll mit schönen Schülern. H.: „Die waren später auch auf dem Titel.“
Es blieb nicht beim Fotografieren… Anfang 2010 packte das erste Opfer (heute 62) aus, beschuldigte Pater S., ihn sexuell missbraucht zu haben. Inzwischen sind es laut der Opfer-gruppe „Eckiger Tisch“ rund 60, denen der im August verstorbene Pater in verschiedener Weise sexualisierte Gewalt angetan haben soll. Bis hin zu schwerem sexuellem Missbrauch.
Wilhelm H. passte als Junge nicht ins „Beuteschema“ von Pater S. – und bekam das zu spüren. Die Günstlinge wohnten alleine oder zu zweit, fuhren mit dem Pater zum Nacktbadeurlaub nach Schweden oder Finnland, durften reiten lernen. Die anderen blieben außen vor, mussten sich Acht- bis Zehnbettzimmer teilen, wurden schikaniert.
„Pater S. hatte über Nacht das Nacktduschen eingeführt. Ich wollte aber fromm sein und weiter in Badehose duschen. Also bin ich mit drei anderen zu ihm hin. Da hat er uns fertiggemacht“, so Politiker H.
Bis heute hat die Zeit im Aloisiuskolleg Auswirkungen auf sein Leben. Wilhelm H.: „Durch S. ist mein Weltbild total verunsichert worden. Ich bin nicht sehr selbstbewusst, habe drei Studien abgebrochen und Schwierigkeiten, eine Beziehung einzugehen.“