Gossip zu Gast in BonnQueer-Ikone zofft sich mit Fan – Lektion für schimpfende Besucherin

Beth Ditto von Gossip auf der Bühne.

Beth Ditto spielte mit ihrer Band Gossip am Mittwochabend (21. August 2024) auf dem KunstRasen in Bonn.

Die Disco- und Rockband Gossip gab das vorletzte Konzert der diesjährigen KunstRasen-Saison in Bonn. Sängerin Beth Ditto zeigte sich dabei resolut im Umgang mit einem lautstarken Fan.

von Marcel Schwamborn  (msw)

Die diesjährige Open-Air-Saison auf dem KunstRasen in Bonn neigt sich dem Ende entgegen. Und bei der 17. Show am Mittwochabend (21. August 2024) wirkte es anfangs so, als hätte die Bühnencrew bei der Vielzahl an Konzerten den Überblick verloren.

Nachdem nach der Vorgruppe The Snoozers umgebaut war, stand plötzlich auf dem Schlagzeug der Schriftzug Korn. Die US-amerikanische Nu-Metal-Band hatte am Montag vor 10.000 Fans ein fulminantes Konzert hingelegt. Doch ein zweiter Auftritt der Gruppe war eigentlich nicht vorgesehen.

Gossip lockten nur 2000 Fans zum Open-Air-Konzert

Als dann um kurz nach 20 Uhr Beth Ditto (43), die markante Frontfrau der Disco- und Rockband Gossip, im schwarzen Einteiler und mit oranger Perücke auf die Bühne kam, spielte sie weiter mit. „Guten Abend, wir sind Korn“, sagte sie grinsend, um sich dann zu korrigieren. „Nein, wir sind Limp Bizkit“.

Des Rätsels Lösung: Korn hatten das Bassdrumfell schlicht in Bonn vergessen und Gossip machten sich einen Spaß daraus, den Schriftzug zu nutzen. Diese Aktion passte perfekt zu einem leicht chaotischen und deshalb auch einzigartigen Konzertabend.

Vor 25 Jahren gründeten sich Gossip, ehe sich das Trio 2016 wieder auflöste. Doch im Vorjahr startete die Band ein Comeback mit dem Album „Real Power“. An die Mega-Erfolge der Vergangenheit konnte das nicht anschließen. Vor 14 Jahren war Ditto noch zu Gast bei Thomas Gottschalks „Wetten, dass..?“ und setzte sich dort auf Hansi Hinterseers Schoß.

Es war die Blütezeit des Megahits „Heavy Cross“. Der hielt sich in Deutschland 97 Wochen lang in den Top 100. Die Begeisterung um die stimmgewaltige Frontfrau aus Arkansas und ihre Gruppe hat etwas nachgelassen. Nur rund 2000 Fans wollten den Auftritt jetzt sehen. Dabei geht der stampfende Dance-Punk weiterhin gut nach vorne – und die Stimme der Sängerin klingt auch live beeindruckend wie bei den Studioaufnahmen.

Von der ersten Minute lebte die Ikone ihre Scheißegal-Attitüde gelassen aus. Als sie ins Mikro rülpste, kommentierte sie das stilecht mit „Schulz“. Auch die Schlagzeugerin, die etliche Male vergeblich die nächsten Titel anzählen wollte, wurde zurechtgewiesen. „Ich kann nicht gleichzeitig rauchen, trinken und singen“, sagte Ditto, nahm erneut einen Zug aus der E-Zigarette und einen Schluck aus ihrem Glas.

Die Power-Frau lebte ihre selbstbewusste „Body Positivity“-Haltung und den LGBTQI+-Glamour komplett aus. Bei „Get Lost“ entdeckte sie eine ältere Zuschauerin, die begeistert mitging und holte diese prompt zum gemeinsamen Tänzchen auf die Bühne.

Dass die Sängerin aber auch anders kann, erlebte eine Besucherin auf deutliche Weise. Weil Ditto nahezu nach jedem Titel ausufernde und teils wirre Dinge von sich gab, rief die Anhängerin barsch: „Halt’s Maul und sing“. Das ließ die 43-Jährige nicht mit sich machen. Erst wurde der Fan zurechtgewiesen und dann auf die Bühne beordert.

„Sing du doch einfach den nächsten Titel“, forderte die Frontfrau, die Begleitband startete „Coal to Diamonds“. Die eben noch so lautstarke Zuschauerin versuchte sich mit ein paar Tanzbewegungen zu retten, ging dann entnervt wieder in den Innenraum. „Und? Hat dir das jetzt gefallen?“, sagte Ditto fast triumphierend nach der Lehrstunde in Sachen Respekt.

KunstRasen 2024: Letztes Konzert mit Schiller am Freitag

„Standing in the Way of Control“ mündete anschließend in Nirvanas „Smells Like Teen Spirit“. Es wirkte fast, als müsste sich die Frontfrau noch einmal den Frust über den Zwischenfall von der Seele brüllen. Nach einer eher dürftigen Version von „Heavy Cross“ endete der Abend dann noch versöhnlich und bewegend. Die vierköpfige Band war schon gegangen, als Ditto noch „Greatest Love Of All“ von Whitney Houston alleine anstimmte.

Am Freitagabend (23. August) endet die diesjährige Konzertreihe in Bonn-Gronau. Schiller kommt dann noch mit seiner „Sommerlust“-Tour in die Rheinauen. Karten gibt es noch an der Abendkasse.