Sechs Erdbeben in der Nähe von BonnKleines Wackeln sorgt für große Unruhe
Mendig/Andernach/Bonn – Mal wieder hat die Erde südlich von Bonn gewackelt.
In Andernach ereignete sich Dienstagnacht statt eines einzelnen Bebens ein ganzer Erdbebenschwarm. Mindestens sechs kleine Beben ereigneten sich innerhalb von etwa einer Stunde zwischen Andernach-Namedy und Andernach-Kell, etwa 4 Kilometer nordöstlich vom Laacher See. Die beiden stärksten Beben um 00:03 Uhr und 23:17 Uhr erreichten nach Angaben der Landesämter Rheinland-Pfalz und Hessen Magnitude 1.7 (LGB) und 1.6 (HLNUG), so der Info-Dienst Erdbebennews.
In den vergangenen Jahren immer wieder aktiv
Der Erdbebenschwarm lag unmittelbar östlich der Erdbebensequenz in Wassenach, welche in den vergangenen beiden Jahren aktiv war, meist mit vereinzelten Erdbeben statt ganzen Schwärmen. Diese Erdbebensequenz wurde als eine Folge magmatischer Prozesse in der tieferen Erdkruste interpretiert, also vulkanisch-tektonische Entlastungsbeben aufgrund des Spannungsaufbaus in der Kruste nach magmatischen Deformationen, heißt es weiter.
In der Eifel brodelt es unter der Erde. Im Bereich Laacher See kommt es immer wieder zu kleinen Erdstößen – vor allem südlich des Gewässers. Ein Anzeichen für mögliche Magma-Bewegungen in der Tiefe.
Steht uns etwa der erste Vulkanausbruch nach mehr als 12.000 Jahren bevor?
Denkt man an Vulkane, schießt einem etwa Italien durch den Kopf mit seinem Supervulkan Ätna, dem höchsten und aktivsten in Europa. Regelmäßig spuckt der Vulkan auf Sizilien Lava in die Luft. Ein vergleichbares Szenario in der Eifel? Unvorstellbar. Dabei schlummert die heiße Gesteinsschmelze auch hier.
Neue Ergebnisse der Wissenschaftler
In der Osteifel könnte Magma aus dem oberen Erdmantel in die mittlere und obere Erdkruste aufsteigen. Dies geht aus einer Studie des Erdbebendienstes Südwest mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT), dem Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) und dem Landeserdbebendienst Nordrhein-Westfalen hervor.
Die Wissenschaftler präsentieren erstmals Hinweise auf von Magma-Bewegungen verursachte tiefe und niedrigfrequente Erdbeben unter dem Laacher-See-Vulkan.
„Die festgestellten Erdbeben werden in großen Tiefen erzeugt und zeichnen sich durch ungewöhnlich niedrige Schwingfrequenzen aus. Ihre Stärke liegt unterhalb der Grenze der menschlichen Wahrnehmung“, erklärt Professor Joachim Ritter vom Geophysikalischen Institut (GPI) des KIT.
Erdbeben in einer Tiefe zwischen 10 und über 40 Kilometern
Die Wissenschaftler sprechen von „Deep-Low-Frequency“-Erdbeben (kurz DLF). Sie werden in einer Tiefe zwischen 10 und über 40 Kilometern erzeugt, das heißt in der Erdkruste und im oberen Erdmantel.
„Dank eines umfangreichen Ausbaus der seismologischen Messnetze in Rheinland-Pfalz und den angrenzenden Gebieten ließen sich 2013 erstmals tiefe und tieffrequente Erdbeben unter der Osteifel registrieren“, sagt Studienleiter Dr. Martin Hensch vom Verbund der Landeserdbebendienste. „Insgesamt wurden in den vergangenen fünf Jahren vier räumlich eng begrenzte Gruppen solcher DLF-Erdbeben in der Osteifel nachgewiesen.“
Mini-Beben deuten auf Magma-Bewegung hin
„DLF-Erdbeben gelten weltweit als Hinweis auf die Bewegung magmatischer Fluide (Gase und Flüssigkeiten – eine Vorstufe von Magma Anm. d. Red.) in großer Tiefe“, erläutert Professor Torsten Dahm, Sektionsleiter Erdbeben- und Vulkanphysik am GFZ. „Unter aktiven Vulkanen, beispielsweise auf Island, in Japan oder Kamtschatka, lassen sich solche Erdbeben regelmäßig beobachten.“
Die sogenannten Magmenkammern unter dem Laacher-See-Vulkan könnten sich also langsam füllen.
Allerdings werten die Forscher die beobachteten Mini-Erdbeben nicht als unmittelbares Vorläufersignal einer aktuell bevorstehenden vulkanischen Aktivität.
„Wird zu einem Ausbruch kommen”
Zuletzt brach der Vulkan vor 12.900 Jahren aus. Allerdings gehen die Experten davon aus, dass die Befüllung der oberen Magma-Kammer unter dem Laacher See etwa 30.000 Jahre gedauert haben könnte, bevor es zum eigentlichen Ausbruch kam.
Das bedeutet, dass sich die Prozesse über extrem lange Zeiträume hinziehen, bevor es zu einer Eruption kommt.
„Irgendwann wird es hundertprozentig wieder zu einem Ausbruch kommen“, sagte der Bonner Geologie-Professor Ulrich Schreiber bereits 2017. Aber dass es morgen schon losgeht, sei „unwahrscheinlich“. Um seriöse Vorhersagen zu machen, müssen regelmäßige Messungen durchgeführt werden.