Zwei Ärzte des Universitätsklinikums in Bonn haben Unglaubliches geleistet: Gemeinsam haben sie weltweit erstmalig eine Re-Operation bei einer jungen Patientin mit einer Verengung der Hauptschlagader (Aorta) minimal-invasiv und voll-endoskopisch durchgeführt.
Uniklinik BonnAdea (15) kann wieder lachen: Komplexe Herz-OP weltweit erstmals durchgeführt
Adea ist 15 Jahre alt. Das Mädchen aus dem Kosovo ist mit einem Herzfehler, einem sogenannten atrioventrikulären Septumdefekt (AVSD), auf die Welt gekommen. Dabei handelt es sich um eine Fehlbildung der Scheidewand zwischen den Herzvorhöfen und den Herzkammern, die ungefähr drei Prozent aller angeborenen Herzfehler ausmacht.
Etwa 50 Prozent der betroffenen Kinder haben auch das Down-Syndrom – so wie Adea. Sowohl im Bereich der Vorhöfe, also der kleineren Herzhöhlen, als auch im Bereich der Herzkammern (so werden die größeren Herzhöhlen bezeichnet) war bei ihr ein Loch zu finden.
Erste OP im Säuglingsalter
Adeas Leidensgeschichte begann 2008. Im zarten Alter von gerade einmal neun Monaten wurde das Loch in ihrem kleinen Herzen mit einem Doppel-Patch geschlossen. Danach konnte Adea ein fast normales Leben führen, bis sich ihr Gesundheitszustand im Herbst 2022 drastisch verschlechterte.
Die jährliche Routine-Untersuchung im Kosovo brachte eine neue Diagnose: Adea leidet unter einer subvalvulären Aortenstenose, einer Verengung der Aorta unterhalb der Aortenklappe hervorgerufen durch fibröses Gewebe, das mit der Zeit entstanden und weiter gewachsen ist. Diese Verengung der Hauptschlagader führte bei Adea zu einer deutlich geringeren Belastbarkeit. Schon bei kleinsten Anstrengungen litt sie unter Luftnot und einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz.
„Die linke Herzkammer pumpt als Hauptpumpkammer sauerstoffreiches Blut durch die Aortenklappe über die Hauptschlagader in den Körper. Bei einer zu engen Öffnung zur Aorta, wie in Adeas Fall, bildet sich bildlich gesprochen ein Flaschenhals und die linke Herzkammer muss mehr arbeiten und mehr Blutdruck aufbauen, um ausreichend Blut in den Körper zu pumpen. Durch diese Mehrarbeit verdickt sich der Herzmuskel, wir sprechen dann von einer Linksherzhypertrophie. Je verengter die Stelle ist, desto weniger sauerstoffreiches Blut gelangt in den Körper“, sagt Prof. Farhad Bakhtiary.
Der Weg ans Uniklinikum Bonn
Zur Behandlung der Aortenstenose ist eine Operation, bei der das überschüssige Gewebe bzw. die Einengung unterhalb der Aortenklappe chirurgisch entfernt wird, notwendig. Da die medizinische Infrastruktur im Kosovo deutlich schlechter als in Deutschland ist und es keine spezialisierte Klinik für Herzchirurgie gibt, recherchierten in Deutschland lebende Verwandte der Familie nach einem passenden Expertenzentrum in Europa.
Über mehrere Wochen standen sie in Kontakt mit verschiedenen Kliniken in Deutschland und entschieden sich schließlich für das UKB. Anschließend kümmerten sich die Verwandten um die Finanzierung der lebensnotwendigen Operation. Der nun erfolgte Eingriff wurde durch Spendengelder von fünf gemeinnützigen Stiftungen getragen (u.a. „Ein Herz für Kinder“ und „Gerald Asamoha Stiftung“). Die letzte Spendenzusage war ein ganz besonderes Weihnachtsgeschenk, denn sie erreichte Adea und ihre Familie einen Tag vor Heiligabend und ermöglichte die langersehnte Reise nach Bonn.
Innovative OP-Methode – erfolgreicher Eingriff
Bei der klassischen OP-Methode würde eine Re-Sternotomie, also eine Wieder-Öffnung des Brustbeins durchgeführt werden, doch dies bedeutet eine große Belastung für die junge Patientin mit Vorerkrankungen und Trisomie 21. „Ich habe mir alle Unterlagen, Ultraschall- und CT-Bilder sehr genau angeschaut und mich dann gemeinsam mit meinem Kollegen Prof. Boulos Asfour für eine minimal-invasive und voll-endoskopisch Operation entschieden“, so Prof. Bakhtiary.
Der weltweit einmalige erneute Eingriff war nur aufgrund der hohen Expertise der beiden Operateure und der hohen Fallzahl der von ihnen bereits durchgeführten endoskopischen Operationen möglich. „Während Prof. Bakhtiary seine herausragende Expertise aus unzähligen Erwachsenen-OPs eingebracht hat, konnte ich als erfahrender Kinderherz-Operateur mit dazu beitragen, dass wir die innovative Methode erfolgreich auf unsere junge Patientin übertragen haben. Es war großartig für mich, an der OP beteiligt zu sein“, freut sich Prof. Boulos Asfour.
Die OP selbst dauerte gerade einmal zweieinhalb Stunden und wurde videoassistiert durchgeführt. Durch einen kleinen Zugang zwischen zwei Rippen gelangten die Operateure zunächst an die Aorta, die geöffnet wurde. Im Anschluss wurde das fibröse Gewebe durch die Aortenklappe erreicht und erfolgreich entfernt. Auch die über die Jahre entstandenen Verwachsungen konnten bei dem Eingriff entfernt werden.
„Das war für uns alle ein toller Tag. Das Teamwork mit meinem Kollegen Prof. Asfour war hervorragend. Er ist ein extrem erfahrener Herzchirurg und es hat mir großen Spaß gemacht, mit ihm vertrauensvoll und auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten“, resümiert Prof. Bakhtiary den gemeinsamen Eingriff. Adea hat die OP hervorragend überstanden und ist mittlerweile auf der Normalstation. Sie hat nun die Perspektive, ein normales Leben führen zu können. Adeas Mutter Shqipe Cerkini ist gerührt und überglücklich: „Wir können unsere Dankbarkeit gar nicht in Worte fassen. Es hat alles so toll geklappt und wir sind so glücklich über den Verlauf der Operation.“