Wachtberg erinnert sich„Der Genscher, das war einer von uns!“

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Am frühen Freitagnachmittag besuchte Ex-Außenminister Klaus Kinkel (79, FDP) das Haus der Genschers in Wachtberg.

Wachtberg – Ein ruhiges Wohnviertel, Einfamilienhäuser, viel Grün – hier, am Ortsrand von Wachtberg-Pech, lebte Genscher (†89) seit 1977.

Sein einfacher Bungalow wirkt so normal, wie er sich selbst in seiner Wahl-Heimat gab. „Er war immer sehr interessiert an allem, was in seiner Nachbarschaft passiert“, erinnert sich Hans-Joachim Mürau (78). „Er war einer von uns!“

Mürau lebt nur zwei Häuser von den Genschers entfernt, war geschockt von seinem Tod.

„Aber ich muss auch lächeln, wenn ich an ihn denke. Er war immer so freundlich.“ Bei Geburtstagen sei er gern zu Gast gewesen, lud auch selber häufig ein. „Grillen, Gänseessen – er feierte gern, war immer sehr leutselig“, sagt Mürau.

Schräg gegenüber wohnt Vera Markic (47). Ihre Familie nahm immer wieder gerne Pakete für Genscher entgegen, wenn er wieder einmal verreist war. „Das machen wir bis heute“, sagt sie. Als Kind habe sie immer Süßigkeiten abgestaubt, wenn sie dem Außenminister die Post vorbeibrachte. „Das waren spannende Zeiten früher. Schewardnadse, Gorbatschow die waren ja alle hier bei uns!“

Im Zentrum des 2600 Einwohner-Ortes bei Bonn herrschte am Freitagmittag bedrückte Stimmung.

Der Tod des prominentesten Einwohners war Tagesgespräch, ob an der Bushaltestelle, im Fischgeschäft oder bei Metzger Adalbert Wolf (53).

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Freund und Würstchenlieferant: Bei Metzger Adalbert Wolf (53) kauften die Genschers seit Jahrzehnten ein.

Er kannte die Genschers nicht nur als jahrzehntelange Stammkunden, war auch oft bei dem Ehepaar zu Gast. „Man konnte sich hervorragend mit ihm unterhalten – über wirklich alles“, so Wolf traurig. Doch dann huscht ein Lächeln über sein Gesicht. „Am liebsten aß er meine Bockwürstchen“, verrät er. Die kaufte Frau Genscher einmal pro Woche. „Und Samstags nahm sie immer noch den EXPRESS mit.“