Der KunstRasen in Bonn feierte seinen 10. Geburtstag. Am Rande des Konzerts von Wincent Weiss gab es von den Organisatoren aber auch ein paar nachdenkliche Töne.
Wincent Weiss in BonnZehn Jahre KunstRasen: Feuerwerk – aber auch Zukunftssorgen
Der Schlusspunkt des Abends hätte nicht passender gewählt sein können. Wincent Weiss (29) sang seinen Hit „Feuerwerk“, die 5500 Fans stimmten die typischen „Oh, oh“-Gesänge an, und über dem Himmel des Bonner KunstRasens explodierte in der Tat ein gigantisches Feuerwerk. „Frohes Neues“, sagte der Sänger scherzhaft.
Die Pyrotechnik zum Ende des Konzerts am Freitagabend (12. August 2022) hatten noch mehr zu bedeuten. Die stimmungsvolle Konzert-Location am Rhein feierte offiziell ihr 10-jähriges Bestehen. Rund 150 Events sind seit dem Start am 29. Juni 2012 im Stadtteil Gronau über die Bühne gegangen.
KunstRasen Bonn: Brings, Sarah Connor oder Wolfgang Niedecken waren schon dreimal dort
Das Wetter spielte nicht immer so mit, wie in dieser Saison. Bei Chicago wurde 2014 das Konzert um 20.20 Uhr abgebrochen, weil ein Unwetter niederging. Nach großen Regenschauern musste auch schon mal mit Schneeschaufeln der Matsch aus den Toiletten geholt werden.
Der inzwischen schon verstorbene Lou Reed (✝71) war der erste Künstler, der vor zehn Jahren das Open-Air-Gelände einweihen durfte. Tags darauf war Jan Delay (46) mit einem damals noch relativ unbekannten Cro (32) zu Gast. Es folgten unglaubliche Top-Stars, lokale Größen und Wiederholungstäter. Ob Weiss, Brings, Sarah Connor (42) oder Wolfgang Niedecken (71) – sie waren alle schon dreimal vor Ort, Deep Purple, Zaz (42), Rea Garvey (49) und The BossHoss je zweimal.
Eigentlich sollte Wincent Weiss am 29. Juni, also genau zehn Jahre nach der Eröffnung, in Bonn auftreten. Doch dessen Corona-Erkrankung stoppte den Plan. So wurde die Geburtstags-Party mit sechswöchiger Verspätung durchgezogen. „Die meisten hatten damit gerechnet, dass wir relativ zügig die Segel streichen. Aber wir haben ein Projekt auf die Beine gestellt, dass rückblickend dann doch ziemlich erfolgreich war“, sagte Mit-Gründer Martin Nötzel (57).
Rund 150 Menschen kümmern sich Abend für Abend darum, dass die Konzerte reibungslos funktionieren und dass das Ambiente inmitten des Parks so heimelig ist. Tine Rosch ist beispielsweise für den stets exzellenten Sound verantwortlich und kümmert sich darum, dass die Lärmgrenzen eingehalten werden. Denn auch der KunstRasen leidet unter klagefreudigen Anwohnern. Eine über 100 Meter lange Schallschutzwand aus Wassertanks am Rheinufer soll dabei helfen.
„Die Künstler lieben die Atmosphäre. Wie oft gibt es Open-Airs auf irgendeinem Parkplatz ohne jegliches Flair. Hier wurde einfach etwas Schönes geschaffen“, erläuterte Nötzels Mitstreiter Ernst-Ludwig „Ernest“ Hartz (62). Der ist vor allem für die Organisation der Bands zuständig. „Wir haben ein breit gefächertes Programm, für jede Zielgruppe muss etwas dabei sein“, sagte er EXPRESS.de.
Der Veranstaltungs-Profi drückt sich aber auch nicht vor klaren Aussagen. „Die Besucher haben zum Teil verlernt, auf Konzerte zu gehen. Durch die zwei Jahre Pandemie sind viele zu anderen Dingen in der Freizeitbeschäftigung gekommen. Wir müssen die Entwicklung genau beobachten. Ich glaube, dass wir zu den Verhältnissen wie 2019 nicht mehr zurückkommen werden. Es wird schwieriger werden aufgrund der Inflation und der Zurückhaltung der Fans.“
KunstRasen Bonn: Programm für 2023 kommt Anfang September
Ähnliches berichtet Organisator Nötzel: „Die Personalkosten sind seit Corona um 35 Prozent gestiegen, Aufwendungen für Logistik um 200 Prozent, Energiekosten um 100 Prozent. Von der kaufmännischen Warte ist das Veranstaltungsgeschäft derzeit sehr anspruchsvoll.“ Ausverkaufte Arenen und Stadien melden nur noch Top-Stars. „Die vier, fünf Mega-Acts greifen das ganze Geld vom Markt ab. Das Mittelfeld und der Club-Sektor hingegen werden es schwer haben“, sagt Hartz.
Entmutigen lässt sich das Duo dennoch nicht. 2023 wird es auch das elfte Jahr KunstRasen geben. Für zwölf Wochen steht das Gelände dann wieder zur Verfügung. „Wir werden Anfang September mit neuen Formaten und lokalen Künstlern an den Start gehen, aber auch mit vielen großen Namen, die Zugkraft haben“, verriet Nötzel. Nur eins soll immer bleiben, sagt Hartz: „Wir haben einen musikalischen Anspruch. Mallorca-Partys wird es mit uns nicht geben.“