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„Hätte Staatsanwaltschaft am Hals“NRW-Chefarzt wütend über Lindner und fordert Konsequenzen

Christian Lindner (hier am 15.11.2021) hatte mit seinen Aussagen bei den „Tagesthemen“ für Aufregung gesorgt.

Christian Lindner (hier am 15.11.2021) hatte mit seinen Aussagen bei den „Tagesthemen“ für Aufregung gesorgt.

Ein Chefarzt aus NRW fordert von Christian Lindner eine öffentliche Stellungnahme zu seinen Corona-Aussagen. Die Entschuldigung des FDP-Politikers klinge bloß fadenscheinig.

von Jan Voß  (jv)

Witten. Mit seinen Aussagen zu Corona-Maßnahmen hatte FDP-Vorsitzender Christian Lindner Mitte November bundesweit für Empörung gesorgt. Als einer der Ersten hatte sich Henning Stein aus Nordrhein-Westfalen zu Wort gemeldet. Obwohl sich Lindner kurz darauf entschuldigte, will der Mediziner die Sache so nicht auf sich beruhen lassen und macht klar: Er hätte bei einem solchen Verhalten die „Staatsanwaltschaft am Hals“.

Stein ist Chefarzt in der Pathologie in Witten und setzt sich allein schon aufgrund seines Berufes intensiv mit der Corona-Pandemie auseinander. Er wirft Christian Lindner nun in einem öffentlichen Schreiben mangelnde Professionalität und fehlende Gründlichkeit vor.

Mediziner aus NRW fordert Belege von Christian Lindner

Der Mediziner hatte eigenen Angaben zufolge bereits am Folgetag der „Tagesthemen“-Sendung vom Freitag (12. November), in welcher der FDP-Politiker für Aufsehen gesorgt hatte, eine E-Mail an Christian Lindner geschickt und eine klare Forderung gestellt.

„Herr Lindner, Sie haben gestern in den Tagesthemen gesagt, es gebe wissenschaftliche Arbeiten, die belegen, dass Kontaktbeschränkungen und Ausgangsbeschränkungen zur Bekämpfung der Covid-Pandemie nicht wirksam seien“, zitiert Stein aus dem Schreiben. „Ich bin Chefarzt für Pathologie und interessiere mich sehr für diese wissenschaftlichen Arbeiten. Bitte senden Sie mir kurzfristig die Quellenangaben zu.“

In der Sendung war Christian Lindner von Moderator Ingo Zamperoni gefragt worden, warum mit dem Auslaufen des Rechtsstatus der Epidemischen Notlage nationaler Tragweite auf Eindämmungsmöglichkeiten wie Ausgangs- oder Kontaktbeschränkungen verzichtet werde. „Weil diese Maßnahmen nach wissenschaftlichen Untersuchungen keine Wirksamkeit haben und weil auch deutsche Gerichte solche Ausgangsbeschränkungen ja bereits verworfen haben“, hatte Lindner geantwortet.

Auf Zamperonis ungläubige Nachfrage, ob er wirklich behaupte, dass Kontaktbeschränkungen und Ausgehverbote nicht wirksam seien: „Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit von Ausgangsbeschränkungen zum Beispiel für geimpfte Menschen, die eben nicht das Infektionsgeschehen eindämmen.“

Christian Lindners Entschuldigung für „Tagesthemen“-Aussagen reicht nicht aus

Auf die E-Mail des Chefarztes Stein hat Lindner offenbar bis dato noch nicht geantwortet. Stattdessen meldete sich der FDP-Politiker kurz darauf auf Twitter zu Wort und entschuldigte sich für seine Aussagen in der ARD-Sendung. „Wenn ich in den ‚Tagesthemen‘ missverständlich war, bedauere ich das. Denn ich werbe für konsequente und wirksame Maßnahmen! An Kontaktbeschränkungen zweifele ich nicht, sondern nur zum Beispiel an der Verhältnismäßigkeit von Ausgangssperren für Geimpfte.“

Für den Mediziner aus Witten allerdings ist damit die Sache nicht vom Tisch. In einem weiteren Brief, den er am Sonntag (21. November) auch auf Twitter veröffentlichte, wirft er Lindner vor, sich scheinheilig aus der Affäre ziehen zu wollen. Lindner habe sich bei den „Tagesthemen“ keineswegs „missverständlich“ ausgedrückt. Stattdessen habe es sich um ein „glasklares Statement“ gehandelt, welches überhaupt nicht „misszuverstehen“ sei.

NRW-Chefarzt zu Christian Lindner: „Hätte Staatsanwaltschaft am Hals“

Auch als Politiker habe man nicht einfach das Recht, solche Aussagen zu tätigen, ohne sie belegen zu können. Man könne nicht einfach behaupten, es gebe „wissenschaftliche Arbeiten“, die eine These „belegen“, ohne solche anführen zu können.

„Herr Lindner, wenn ich anfangen würde, BS-Krebsdiagnosen zu formulieren und diese mit nicht vorhandenen wissenschaftlichen Arbeiten begründen würde, wäre ich nach kurzer Zeit Job und Approbation los und hätte die Staatsanwaltschaft am Hals!“, poltert der Mediziner. (jv)