Faire und gerechte Lösungen sollen für die Rückgabe von in der NS-Zeit geraubten Kunstwerken gefunden werden. In Krefeld wurde eine Einigung über ein Werk erzielt. Mehrere Seiten halfen dabei.
NS-RaubkunstRaubkunst: Spitzenwerk von Campendonk bleibt in Krefeld
Ein wichtiges Werk des rheinischen Expressionisten Heinrich Campendonk kann nach einer Einigung mit der Erbin der einst vor den Nationalsozialisten geflohenen jüdischen Besitzer in Krefeld bleiben. Das 1917 entstandene Bild „Wirtshaus“ wurde zurückgegeben und gleichzeitig zurückgekauft. Daran beteiligt waren der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die Kulturstiftung der Länder. Die Höhe der Kaufsumme blieb unbekannt.
Das Ölgemälde des Krefelder Künstlers Campendonk (1889-1957), der das jüngste Mitglied der Künstlergruppe Blauer Reiter war, gehörte ursprünglich zur Sammlung des Erfurter Fabrikanten Alfred Hess (1879-1931). Der Mäzen hatte eine der bedeutendsten Sammlungen expressionistischer Kunst in Deutschland aufgebaut.
Der geheimnisvolle Weg des Bildes
Nach seinem Tod 1931 hinterließ er die Sammlung seinem Sohn Hans Hess. Dieser emigrierte nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten 1933 nach Frankreich und später nach London. Die Sammlung blieb in Obhut der Mutter Thekla Hess, die 1939 ebenfalls nach England emigrierte.
Die Kunstsammlung brachte Thekla Hess 1933 in Teilen in die Schweiz. Um ihre Lebensgrundlage zu finanzieren, waren Thekla und Hans Hess gezwungen, Kunstwerke zu veräußern. 1937 sandte Thekla Hess das Campendonk-Gemälde zusammen mit anderen Werken an den Kölnischen Kunstverein.
1947 teilte der Kölnische Kunstverein auf Nachfrage mit, dass die ehemals eingelagerten Bilder nicht mehr vorhanden seien. Später wurde in einem Prozess bekannt, dass einige Werke unter der Hand verkauft worden waren. 1948 bot der Kölner Kunsthändler Werner Rusche das Campendonk-Bild dem Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld zum Kauf an.
„Mit jeder einzelnen Rückgabe eines Werkes erkennen wir das Unrecht an, das den jüdischen Vorbesitzerinnen und Vorbesitzern durch das NS-Regime angetan wurde“, erklärte NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU). Die Rückgabe und der anschließende Rückkauf seien eine „faire und gerechte Lösung“ im Sinne der Washingtoner Prinzipien für die Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgütern.
Mehrere Werke aus der Sammlung Hess bereits zurückgegeben
Es ist nicht die erste Restitution an die Erbin von Alfred Hess. Die spektakulärste erfolgte im Jahr 2006, als Berlin das berühmte Gemälde „Berliner Straßenszene“ (1913) von Ernst Ludwig Kirchner an die Erbin zurückgab. Das Gemälde wurde später für umgerechnet 30 Millionen Euro versteigert.
Auch mit anderen Städten wie etwa Hannover und Ludwigshafen erzielten die Hess-Erben in den vergangenen Jahren Einigungen. 2019 restituierte das Dürener Leopold-Hoesch-Museum ein Campendonk-Bild und kaufte es wieder zurück. (dpa)