Die unaufhaltsam steigenden Mieten werden in den Städten zum Armutsfaktor, vor allem für viele Rentner. Eine höhere Wohneigentumsquote könnte Altersarmut vorbeugen, argumentiert eine neue Studie.
WohnmisereStudie: Weniger Wohneigentümer bundes- und landesweit
Der ohnehin im europäischen Vergleich sehr niedrige Anteil der Wohnungseigentümer in Deutschland ist nach einer neuen Studie weiter gesunken - auch in Nordrhein-Westfalen. Im Jahr 2022 wohnten bundesweit nur noch 43,6 Prozent der Haushalte in den eigenen vier Wänden, wie das Pestel-Institut unter Berufung auf im vergangenen Jahr veröffentlichte Mikrozensus-Zahlen mitteilte. 2011 waren es 44,9 Prozent.
In NRW lag die Quote noch etwas niedriger und sank demnach von 42 auf 40,1 Prozent. Das entspricht rund 3,5 Millionen Eigentümerhaushalten. Der langsame, nahezu kontinuierliche Anstieg der Wohneigentumsquote in den vorangegangenen Jahrzehnten ist demnach gestoppt - nur in Ostdeutschland gab es leichte Zuwächse.
NRW bei Eigentümerquoten im Mittelfeld
Innerhalb Deutschlands gibt es laut Pestel-Institut immense Unterschiede: NRW liegt demnach im Mittelfeld der Bundesländer. An der Spitze liegt das Saarland mit 58,6 Prozent Eigentümerquote vor Rheinland-Pfalz (53,5 Prozent). Berlin belegt mit 15,8 Prozent den letzten Platz noch hinter Hamburg (21,2).
Auch beim Vergleich der Regionen zeigen sich sehr unterschiedliche Verhältnisse: Schlusslicht ist demnach Leipzig mit einer Eigentumsquote von nur gut 13 Prozent. An der Spitze steht mit über 72 Prozent der an Frankreich angrenzende Landkreis Südwestpfalz in Rheinland-Pfalz.
Generell ist die Wohneigentumsquote in den Städten bundesweit mit 25 Prozent weniger als halb so hoch wie in ländlichen Regionen: Der durchschnittliche Eigentümeranteil in den Landkreisen liegt laut Pestel-Institut bei 52,2 Prozent.
Das spiegelt sich auch in NRW wider: Hier kratzt der Kreis Höxter bei der Eigentumsquote an die 60-Prozent-Marke. Auch in den Kreisen Borken, Coesfeld, Steinfurt, Warendorf, dem Hochsauerland und mehreren weiteren eher ländlich geprägten Regionen lebt mehr als jeder zweite Haushalt in den eigenen vier Wänden. Viel niedriger fallen die Quoten unter anderem in den Großstädten Düsseldorf (21,6), Gelsenkirchen (23,6), Essen (25,7), Duisburg (26,1) und Bochum (27,7) aus.
Vorwurf an den Bund: Chance auf Wohneigentum „gleich null“
Im Vergleich unter 19 europäischen Ländern liegt Deutschland der Studie zufolge auf dem vorletzten Platz - im Verhältnis noch weniger Wohnungseigentümer gibt es demnach nur in der Schweiz. Chef-Ökonom Matthias Günther machte „politisches Versagen“ für die Trendwende verantwortlich: „Für Durchschnittsverdiener ist die Chance auf Wohneigentum heute gleich null.“ Auftraggeber der auf der Münchner Messe „Bau“ veröffentlichten Studie war der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB).
Österreich besser als Deutschland
Auf dem ersten Platz der 19 europäischen Länder liegt die Slowakei, dort leben laut Studie gut 90 Prozent der Haushalte im eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung. Was die deutschsprachigen Länder betrifft, schneidet Österreich am besten ab: Dort liegt die Wohneigentumsquote zumindest deutlich über der Hälfte.
Mietanstieg trägt zur Altersarmut bei
Die Autoren kritisieren die Entwicklung scharf; nicht zuletzt, weil die stetig steigenden Mieten in den Städten zur Altersarmut beitragen.„Für viele Seniorenhaushalte wird die Miete zur K.O.-Miete“, sagte Studienleiter Matthias Günther mit Blick auf ältere Mieter, die sich ihre Wohnungen nicht mehr leisten können und deswegen umziehen müssen.
In einer Modellrechnung vergleicht das Institut zwei Haushalte mit identischem Durchschnittseinkommen aus je einer Vollzeit- und einer Halbtagsstelle und identischer 100-Quadratmeter-Wohnung. Beim Erreichen des Rentenalters würden demnach einem Eigentümerhaushalt nach Abzug aller Kosten 2200 Euro netto zum Leben verbleiben, einem Mieterhaushalt nur 1450 Euro. „Die Miete zwingt die Menschen dazu, im Alter den Gürtel erheblich enger zu schnallen“, sagte Günther dazu.
Forderung: Bund soll Eigentumserwerb fördern
Der Baustoff-Bundesverband als Auftraggeber forderte ebenso wie das Pestel-Institut eine verlässliche Förderung des Bundes für den Erwerb der eigenen Wohnimmobilie. „Das Bundesbauministerium hat bislang zielsicher am Wohnungsmarkt und damit am Leben der Menschen vorbei gefördert“, kritisierte BDB-Präsidentin Katharina Metzger.
Die deutschen Daten des Pestel-Instituts stammen aus dem Mikrozensus 2022. Die Erhebungen von Immobilienverbänden, Banken und Kreditvermittlern deuten darauf, dass sich die Lage sowohl für Mieterinnen und Mieter als auch für Kaufinteressenten für in den vergangenen zwei Jahren verschärft und nicht verbessert hat. (dpa)