Prozess in DüsseldorfObdachloser wird mit Messer angegriffen – und steht selbst vor Gericht

Edgar B. bespricht sich mit seiner Anwältin Tanja Kretzschmar im Gerichtssaal.

Edgar B. bespricht sich mit seiner Anwältin Tanja Kretzschmar im Düsseldorfer Gerichtssaal.

In Düsseldorf stand ein 32-jähriger Obdachloser vor Gericht, nachdem er in eine Auseinandersetzung mit einem Messer verwickelt war.

von Barbara Kirchner  (kir)

Edgar B. (32/ Namen geändert) ist in Rath geboren und aufgewachsen. Aber jetzt ist er seit Jahren obdachlos und kehrt immer wieder zu seinen Wurzeln zurück. In der Gegend kennt man ihn und seine Bulldogge.

Doch Nachbar Mehmet R. (39) hatte Angst vor ihm und wollte ihn mit einem Messer vertreiben. Edgar B. wehrte sich – und landete auf der Anklagebank.

Düsseldorf: Obdachloser wehrt sich mit Werkzeug gegen Messerangriff

Im Dezember vor einem Jahr suchte sich Edgar B. wie schon so oft eine warme Schlafstelle in leerstehenden Häusern. Seine bevorzugte „Wohngegend“ ist Düsseldorf Rath. Seine alte Heimat.

Im dritten Stock eines Mehrfamilienhauses war er schon oft: Die Haustüre stand meist offen und im Flur der dritten Etage auf dem Weg zum Dachboden störte er meist niemanden. Am Tattag hatte er wie fast jeden Tag schon ein paar Bier getrunken und wollte mit seinem Hund den Rausch ausschlafen.

Da entdeckten ihn Nachbar Mehmet R. und sein Sohn. Ohne Vorwarnung soll Edgar B. ihn mit einem Schraubenzieher angegriffen haben. „Scheiß Ausländer! Ich bringe Dich um!“, soll er gerufen haben. So die Anklage. Doch das streitet Edgar B. ab. „Er und seine Kinder hatten immer schon Angst vor meinem Hund. Der Vater ging mit einem Messer auf mich zu und wollte mich aus dem Haus verjagen. Da habe ich meinen Schraubenzieher gezogen, um mich zu verteidigen.“

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Als ein anderer Nachbar dazu kam, sei man ohne ein Wort auseinander gegangen. Anwältin Tanja Kretschmar erklärte dazu: „Die meisten Obdachlosen haben Waffen bei sich, weil auf der Straße so viel passiert.“ Mehmet R. bestätigte allerdings die Version der Staatsanwaltschaft.

Doch dann kam die Aussage eines weiteren Nachbarn. Der kennt Edgar B. als harmlosen Zeitgenossen. Und er bekräftigte die Erklärung des Obdachlosen, dass er mit dem Messer angegriffen wurde. Deshalb in der Sache Freispruch.

Nicht aber wegen der Beleidigung. Die Richterin: „Sie liegen da, wollen in Ruhe pennen und da kommt einer mit einem Messer. Natürlich haben sie den Mann beschimpft.“ Sie verurteilte Edgar B. zu 600 Euro Geldstrafe.