„Liebe deinen Nächsten“ – das predigt der katholische Pfarrer Stephan Pörtner nur allzu gern in seiner Kirche „St. Apollinaris“ in Oberbilk. Vor seiner Kirche sieht das allerdings anders aus.
Begründung macht wütendWie bitte? Düsseldorfer Pfarrer baut Gitter gegen Obdachlose auf
Vor dem Eingang zum Gotteshaus hat der Geistliche nun ein Gitter errichten lassen, um einen Obdachlosen zu vertreiben, der dort nachts auf den Stufen schlief. Die unfassbare Begründung: Man befürchte, den Mann irgendwann tot auf seiner Treppe vorzufinden. Das wolle man vermeiden.
Bereits seit einiger Zeit übernachtete Murat L. (Name geändert) auf der Treppe der Apollinariskirche. Obdachlos, ganz unten angekommen, wurden die harten Steinstufen für ihn zu so etwas wie ein Zuhause. Das sah der Kirchenvorstand nun allerdings anders. Ihm war der Obdachlose ein Dorn im Auge. Deshalb wurde beschlossen: Der Mann soll weg. Als Murat L. zuletzt seine Schlafstätte aufsuchte, war sie vergittert.
Düsseldorf: „Schutz der Treppe und des Kirchenzugangs“
In einem Brief erklärt die Kirchengemeinde die Maßnahme. Die Installation sei „auch ein Schutz der Treppe und des Kirchenzugangs“, heißt es darin. Weil der Treppenaufgang „immer wieder und zuletzt dauerhaft als Aufenthalts- und Schlafstätte genutzt“ wurde. „Die Duldung dieser Nutzung ist keine Hilfe für die Betroffenen, mögen sie es für sich persönlich auch noch so sehr bejahen.“
Das sieht Oliver Ongaro vom Straßenmagazin „fiftyfifty“ allerdings vollkommen anders: „Durch ein Gitter wird die Not der Menschen noch verschlimmert, weil sie dann nachts nicht mal mehr diesen kleinen Schutzraum haben“, sagt der Streetworker. „Zudem wurden Obdachlose, die in dem Kirchenseiteneingang geschlafen haben, durch viele Menschen im Stadtteil mit Lebensmitteln und heißen Getränken versorgt.“
Düsseldorf: „Kirche sollte ein Ort des Schutzes“
Das hätte nach Meinung des Sozialarbeiters eigentlich die Kirche anstatt der Nachbarschaft übernehmen sollen. Ongaro: „Die Kirche sollte gerade für Menschen am Rande der Gesellschaft ein Ort des Schutzes und der Geborgenheit sein.“ Stattdessen heißt das eindeutige Signal: „Verschwindet von unserer Kirche.“ Ein Gitter gegen Bettler. Nicht gerade im Sinne von St. Martin ...
Was Oliver Ongaro dabei so richtig auf die Palme bringt, ist die Begründung im letzten Absatz des Schreibens: „In einem parallelen Fall in Oberbilk haben wir vor wenigen Jahren einen jungen Obdachlosen morgens tot in einem Treppenaufgang aufgefunden. Dies ist uns eine Mahnung“, heißt es in dem Schreiben.
Oliver Ongaro: „Wie sollen wir das verstehen? Heißt das etwa, mit dem Zaun wird dann ja jetzt ein paar Meter gegenüber gestorben und die Kirche hat damit dann nichts mehr zu tun? Selten haben wir einen zynischeren Kommentar gehört, um Obdachlose zu vertreiben.“
Auch Pater Wolfgang Sieffert, der am Mittwoch mit seiner Armenküche in Oberbilk Linsensuppe an die Obdachlosen ausgab, kann das Verhalten nicht verstehen: „Ich weiß nicht, was Pfarrer Pörtner – übrigens ein Kollege, den ich sehr schätze – dazu bewogen hat. Ich werde ihn darauf ansprechen. Ein Gitter ist keine Lösung. Man kann Menschen, die nachts eine Schlafgelegenheit suchen, nicht einfach so aussperren.“