Wende im Fall des Düsseldorfer Ex-StadtdechantenHennes verzichtet auf seine Ämter
Düsseldorf/Köln – Spektakuläre Wende im Fall des beurlaubten und zuletzt vom Erzbischof entpflichteten Düsseldorfer Stadtdechanten Ulrich Hennes: Nach einem langen Gespräch mit dem Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat er am Mittwoch auf alle seine Ämter verzichtet.
Das ist die neueste Erklärung beider Parteien
In einer offiziellen Erklärung teilten das Erzbistum Köln und Hennes am Mittwochmittag gemeinsam mit: „Die in den vergangenen Tagen medial intensiv beobachtete Auseinandersetzung um die Entpflichtung des seit März 2019 beurlaubten Düsseldorfer Stadtdechanten Msgr. Ulrich Hennes und die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens durch Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki ist beendet.“
Weiter heißt es in der Erklärung: „Nach einem eingehenden Vier-Augen-Gespräch mit dem Erzbischof erklärte Hennes heute seinen Verzicht auf die Ämter als Düsseldorfer Stadtdechant und als Pfarrer der Gemeinde St. Lambertus. Kardinal Woelki nahm den Verzicht als Zeichen der Bereitschaft Hennes‘ an, den Weg für einen guten Neuanfang in Düsseldorf freizumachen. Mit Blick hierauf hob Woelki das seit der Beurlaubung geltende Verbot des öffentlichen priesterlichen Wirkens von Msgr. Hennes auf.“
Über einen zukünftigen Einsatz Hennes' als Priester werde der Erzbischof zu späterer Zeit entscheiden.
Kein Schuldeingeständnis des Stadtdechanten
Bemerkenswert ist an dieser Erklärung des Bistums ein Punkt: Bisher soll Woelki offenbar verlangt haben, dass Hennes seine Schuld bei den vorgebrachten Vorwürfen der sexuellen Belästigung eingesteht. Hiervon ist nun nichts mehr zu lesen - also scheint der Erzbischof auf diesen Punkt verzichtet zu haben.
So lief die Eskalation zwischen Hennes und Woelki in den letzten Tagen
Der „Kirchenkrieg“ zwischen Köln und Düsseldorf war in den letzten Tagen immer weiter eskaliert.
Nach der Einstweiligen Verfügung des Erzbistums, mit der Hennes bestimmte Behauptungen untersagt werden sollen, zeigt sich Rechtsanwalt Schnatenberg im Gespräch mit dem EXPRESS „überrascht über die Zündung einer weiteren Eskalationsstufe durch den mächtigen Erzbischof. Dass Rainer Maria Kardinal Woelki, der es bei der Beurlaubung von Monsignore Hennes nicht einmal für notwendig gehalten hat, sich an kirchliches Recht zu halten, nun ein weltliches Gericht benutzt, um einen Pfarrer mundtot zu machen, ist bemerkenswert.“
Ulrich Hennes bestreitet Sex - man habe zusammen gekocht
Auch wenn der Anwalt gegen die Verfügung juristisch vorgehen will, darf er seine bisherige Formulierung, die neuen Vorwürfe gegen Hennes seien „an den Haaren herbeigezogen“, vorläufig nicht mehr verwenden. Er formuliert das jetzt deshalb so: „Ich betone in diesem Zusammenhang noch mal ganz deutlich, dass ich die Schilderungen des angeblichen Opfers für nicht belastbar halte. Ulrich Hennes widerspricht der durch das Erzbistum Köln wiedergegeben Darstellung auf das Entschiedenste. Insbesondere gab es keine seelische Notlage. Die Beiden haben zusammen gekocht – sonst nichts.“
Erzbistum legte Hennes zwei Pressemitteilungen vor - eine weiche und eine harte
Und dann enthüllt er noch Einzelheiten zu dem „Angebot“, das das Erzbistum seinem Mandanten gemacht habe: „Auch, dass Monsignore Hennes bei freiwilligem Verzicht auf seine Ämter eine wohlwollende Behandlung durch das Erzbistum zugesagt, wurde ist und bleibt wahr. Dazu gehört auch, dass bei der besagten Besprechung am 18. September zwei unterschiedliche Pressemitteilungen vorbereitet waren, die uns als Alternativen vorgestellt wurden. Die eine Pressemitteilung – für den Fall des freiwilligen Verzichts – enthielt lediglich die Mitteilung, Hennes habe freiwillig auf seine Ämter verzichtet. Er habe sich zwar nicht strafbar gemacht, aber nicht ausreichend korrekt verhalten. Die andere – später veröffentlichte – Pressemitteilung nannte die ausführlichen angeblichen Details eines sexuellen Übergriffs in einer seelischen Notlage eines Hilfesuchenden.“
Einstweilige Verfügung kam am Donnerstag
Seit dem Mittwochabend der vergangenen Woche überschlugen sich die Ereignisse. Einen Tag später erwirkte das Erzbistum Köln vor Gericht eine Einstweilige Verfügung gegen Hennes.
Am Donnerstagabend um 19 Uhr holte das Erzbistum zum nächsten Schlag gegen den Düsseldorfer Geistlichen aus und teilte offiziell mit: „Der von seinem Amt als Düsseldorfer Stadtdechant entpflichtete Priester Monsignore Ulrich Hennes darf nicht weiter behaupten, Grund für die Fortdauer seiner Beurlaubung sei 'eine völlig an den Haaren herbeigezogene Mitteilung eines Mannes bezüglich eines angeblichen einmaligen und einvernehmlichen sexuellen Kontakts unter Erwachsenen im Jahr 2001'. Ebenso ist ihm gerichtlich untersagt zu verbreiten, das Erzbistum habe das Angebot gemacht, 'falls' er 'freiwillig unter Anerkennung seiner Schuld auf seine Ämter verzichte, gebe es für ihn eine Zukunft als Priester'. Eine entsprechende einstweilige Verfügung hat heute das Landgericht Köln auf Antrag des Erzbistums Köln gegen Hennes erlassen."
So hatte der Düsseldorfer OB auf den Hennes-Rauswurf reagiert
Wochenlang war zuvor die Stadt im Aufruhr: Nach dem Rauswurf des Düsseldorfer Stadtdechanten Ulrich Hennes durch den Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki gibt es kaum ein anderes Gesprächsthema.
Dann schaltete sich auch Oberbürgermeister Thomas Geisel ein und schrieb einen wahren Brandbrief an den Kardinal.
Geisel fordert vollständige Rehabilitation des Stadtdechanten
Der Brief liegt dem EXPRESS vor. Hier der Wortlaut:
„Selbstverständlich liegt es mir fern, mich in innerkirchliche Vorgänge einzumischen. Allerdings leidet meines Erachtens die Glaubwürdigkeit und Reputation der Kirche insgesamt, wenn dieses Verfahren nicht sehr zeitnah beendet wird. Nach meiner Wahrnehmung wurde seitens der Kirche zu Beginn des Verfahrens, also zum Zeitpunkt der Suspendierung von Ulrich Hennes, der Eindruck erweckt, man werde den Ausgang des Verfahrens ganz maßgeblich davon abhängig machen, ob sich die seinerzeit erhobenen strafrechtlichen Vorwürfe gegen Ulrich Hennes erhärten beziehungsweise bestätigen sollten. Dieses Verfahren endete bekanntlich mit einem Freispruch, und zwar einem Freispruch erster Klasse, da sich die erhobenen Vorwürfe nicht nur nicht beweisen ließen, sondern nachhaltig entkräftet wurden.
Wenn seitens der Kirche nunmehr offenbar völlig andere Maßstäbe und Kriterien für die Beurteilung des Verhaltens und der Person von Ulrich Hennes Anwendung finden, dann könnte für den Beobachter der Eindruck entstehen, hier werde gewissermaßen nachgekartet, nachdem das erste Verfahren nicht zum zunächst erwarteten Ergebnis geführt hat.
Ich bin mir selbstverständlich darüber bewusst, dass das Thema sexueller Missbrauch, aber auch das Thema sexuelle Orientierung, für die Kirche von hoher Bedeutung ist und viele Gemüter zu Recht bewegt.Aus dem genannten Grunde wäre ich aber sehr glücklich, wenn das Verfahren gegen Ulrich Hennes nunmehr zeitnah zum Abschluss gebracht würde und seine vollständige Rehabilitation zum Ausgang hätte.“
Und das war zwischen Woelki und Hennes passiert
Voraus gegangen war ein Knall zwischen den Parteien: Kardinal Rainer Maria Woelki hatte im Skandal um Ulrich Hennes nachgelegt. Nachdem der Düsseldorfer Stadtdechant bisher beurlaubt war, wurde er nun sogar mit sofortiger Wirkung von seinem Amt entbunden - also quasi gefeuert.
Zudem wurde gegen Hennes ein Verfahren zur Amtsenthebung als Pfarrer eingeleitet.
Düsseldorf: Stadtdechant Ulrich Hennes war zuvor auf den Kardinal losgegangen
Eine Reaktion darauf, dass Hennes zuvor in die Offensive gegangen war? Viele Monate hatte der Düsseldorfer Stadtdechant Ulrich Hennes geschwiegen, hat kein Zeichen der Kritik oder gar der Konfrontation gegen seinen obersten Dienstherrn, Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, geäußert.
Dabei hätte der oberste Düsseldorfer Katholik allen Anlass gehabt, sich ungerecht behandelt zu fühlen: Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn wurden vom Erzbistum vorschnell öffentlich gemacht. Er wurde am 19. März beurlaubt.
Vorwürfe gegen den Stadtdechanten allesamt widerlegt
Und auch, als sich diese Vorwürfe bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als völlig haltlos erwiesen haben, blieb der Erzbischof beinhart bei seiner Beurlaubung.
Jetzt war für Ulrich Hennes die Zeit des Schweigens vorbei: Über seinen Anwalt Peter Schnatenberg geht der Pfarrer in die Offensive.
Jetzt gehen Stadtdechant Ulrich Hennes und sein Anwalt in die Offensive
Der schrieb am Mittwochabend in Hennes Namen eine deftige Pressemitteilung:
„Richtig ist, dass sowohl das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren als auch das von Prof. Dr. Rüdiger Althaus geführte kirchenrechtliche Untersuchungsverfahren Monsignore Hennes eindeutig entlasten“, schreibt der Anwalt.
Und weiter: „Beide Verfahren haben nach intensiver Ermittlungsarbeit ergeben, dass unserem Mandanten keinerlei Vorwürfe sexueller Übergriffigkeit oder sonstige strafrechtlich relevante Vorwürfe zu machen sind. Herr Generalvikar Dr. Markus Hofmann hat das uns gegenüber in einem persönlichen Gespräch heute nochmals ausdrücklich bestätigt.“
Lesen Sie hier alles zum den Vorwürfen gegen den Stadtdechanten:
Düsseldorfer Stadtdechant Ulrich Hennes: Kardinal Woelki reagiert knallhart
Die Begründung des Kardinals laut Schnatenberg: „Grund dafür soll eine völlig an den Haaren herbeigezogene Mitteilung eines Mannes bezüglich eines angeblichen einmaligen und einvernehmlichen sexuellen Kontakts unter Erwachsenen im Jahre 2001 sein.“ Zu diesem Zeitpunkt ging es noch nur darum, dass die Beurlaubung nicht aufgehoben werden sollte.
Kardinal machte dem Stadtdechanten ein unglaubliches Angebot
Und der Anwalt betont: „Monsignore Hennes bestreitet das entschieden. Dieser Sachverhalt war auch schon durch das kirchenrechtliche Untersuchungsverfahren als nicht relevant eingestuft worden.“
Der Erzbischof habe seinem Mandanten ein unglaubliches Angebot gemacht: „Falls Monsignore Hennes auf seine Ämter freiwillig unter Anerkennung einer Schuld verzichte, gäbe es für ihn eine Zukunft als Priester im Erzbistum Köln. Außerdem falle eine entsprechende Mitteilung an die Presse gemäßigt aus.“
Stadtdechant Ulrich Hennes bricht sein Schweigen
Ulrich Hennes werde dieses „Angebot“ nicht annehmen, hieß es am frühen Abend. Und sein Anwalt zitiert den Stadtdechanten wörtlich: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen, weder strafrechtlich noch moralisch. Deshalb werde ich alle rechtlichen Möglichkeiten wahrnehmen, um mich gegen diese von mir als sehr ungerecht empfundene Entscheidung zu wehren.“
Hennes und sein Anwalt wollen weiter kämpfen
Schnatenberg und sein Mandant sind wild entschlossen, weiter zu kämpfen: „Monsignore Hennes stehen gegen sämtliche ihn betreffende Entscheidungen des Erzbischofs nach kirchlichem Recht prozessuale Rechtsmittel zur Verfügung. Diese Rechtsmittel des kanonischen Rechts werden wir für ihn wahrnehmen.“