Seit 73 Jahren steht Willi Andree auf dem Düsseldorfer Großmarkt. Und dort feierte er jetzt auch seinen 86. Geburtstag.
Düsseldorfer GemüsehändlerWilli Andree wird 86. – und feiert bei der Arbeit
Großmarkt Düsseldorf, Halle 8, kurz vor 10 Uhr am Morgen des 23. November. Alles wirkt wie ausgestorben. In einer Bude brennt noch Licht. Darin sitzt Willi Andree und macht die Abrechnung. So, wie er es in den ganzen verstrichenen Jahrzehnten täglich gemacht hat. Es ist sein 86. Geburtstag. EXPRESS schaute vorbei, um der Düsseldorfer Agrarlegende zu gratulieren.
Düsseldorfer Großmarkt-Händler: Geburtstag zwischen Gemüsekisten
„Früher war hier mehr los. Aber heute will sich keiner mehr bücken", sagt Willi Andree. Gebückt hat er sich ein ganzes Leben lang. Und zwar für zehn. Los ging's bereits im zarten Alter von 6 Jahren. „Da habe ich mit meinem Vater zum ersten Mal Gemüse von unserem Hof in Hamm zum Großmarkt gefahren“, erinnert sich Willi Andree.
Als Willi 13 war, starb der Vater. Von dem Tage an ging der Junge nie wieder zur Schule. Er musste sich jetzt um den Hof kümmern und allein den Kappes mit dem Trecker von Hamm zum Großmarkt fahren. „Kurz vor der Einfahrt übernahm immer ein anderer Arbeiter“, erinnert sich Willi. „Ich hatte ja noch keinen Führerschein.“
Düsseldorfer Gemüsehändler: Erinnerung an Feldlerchen und Ziegenmilchkakao
An die Feldarbeit zu dieser Zeit erinnert sich Willi Andree so: „Wir tranken immer einen ganzen Topf Ziegenmilchkakao. Danach wurde das Pferd geputzt und an den Pflug gespannt und wir gingen zum Pflügen auf die Felder. Ich war der glücklichste Mensch, auch weil ich nicht mehr in die Schule musste. Ich erfreute mich an dem blauen Morgenhimmel und an den Gesang der Feldlerchen, welche man heute leider nicht mehr hört.“
Nicht nur das eigene Feld, auch der Großmarkt hatte es dem Junior damals angetan. So fing er letztendlich an, dort eigenes und zugekauftes Gemüse an die Wochenmarkt-Händler zu verkaufen. Willi Andree: „Ich arbeitete also unter der Woche tagsüber auf dem Feld und von 23 Uhr bis 10 Uhr auf dem Großmarkt. Mehr als drei Stunden Schlaf blieben da nicht.“
Gemüsehändler Willi Andree kämpft für Regionalität
Ein echter Hammer eben. „Samstags fuhr ich mit dem alten Lkw nach Schleswig-Holstein, um Weißkohl zu kaufen. Den riss man mir nach der Rückkehr in Düsseldorf förmlich aus den Händen.“ Zeiten, die bereits lange vorbei sind. „Heute kommt der Spitzkohl aus Spanien und der Salat aus Italien, obwohl alles bei uns direkt vor der Haustür wächst“, sagt der Ur-Düsseldorfer.
Damit trotzdem weiter regionale Produkte gehandelt werden, kämpft Willi Andree mit großer Leidenschaft für den Erhalt des städtischen Großmarkts in Unterrath. Auch wenn die Zukunft alles andere als rosig aussieht. „Das muss man sich mal vorstellen“, sagt die Großmarkt-Legende. „Da schickt mir unser OB Stephan Keller ein Geschenk mit Karte zum Geburtstag. Und fast zeitgleich bekomme ich von der Stadt die Kündigung. Es ist bereits die fünfte. Auch dagegen werde ich wieder angehen.“ Wer, wenn nicht er mit seinen stolzen 86 Jahren? Es will sich ja heute keiner mehr bücken.