Chefin von Duisburger Behinderten-WerkstattDas Gier-Protokoll der Roselyne Rogg
Duisburg – Die Reaktionen reichen von Kopfschütteln bis zu heller Empörung:
Die Chefin einer Behindertenwerkstatt „genehmigte“ sich in Duisburg ein Mega-Gehalt, hielt das auch noch „angemessen“ – und wurde am Ende vor die Tür gesetzt.
Der EXPRESS zeichnet das Protokoll des Gier-Skandals nach.
Alles begann mit normalem Gehalt
Es war 2009, ist also neun Jahre her, da übernahm Roselyne Rogg den Job der Geschäftsführerin der gemeinnützigen „Duisburger Werkstatt für Menschen mit Behinderung“ (wfbm).
Träger dieser Einrichtung sind zu 50 Prozent die Stadt Duisburg und zu je 25 Prozent die Lebenshilfe Duisburg und der Verein für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung.
Satzung verbietet Mega-Gehalt
Die Satzung der Werkstatt verbietet (ebenso wie das Gesetz) eine „unverhältnismäßige Vergütung“ bei dem gemeinnützigen Unternehmen. Das Gehalt der neuen Chefin damals: 80 000 bis 85 000 Euro.
Doch dieses Gehalt wuchs und wuchs unaufhaltsam: Im Frühjahr 2018 machte das journalistische Internet-Portal „Correctiv“ erstmals darauf aufmerksam, dass sich Roggs Gehalt in den neun Jahren mehr als vervierfacht habe.
Inzwischen bestätigt auch die Stadt Duisburg, dass ihr Gehalt 376 000 Euro betrage und „inakzeptabel ist“.
Unabgesprochene Pressekonferenz
Am vergangenen Dienstag, 7. August, trat Roselyne Rogg in einer Blitz-Aktion vor die Presse – eingeladen wurde gegen 12.30 Uhr, die Pressekonferenz fand um 14 Uhr statt. An ihrer Seite in den Geschäftsräumen der wfbm: nur ein von ihr engagierter Jurist.
OB Sören Link kommentiert das so: „Um möglichen Schaden von der wfbm abzuwenden, hatte der Aufsichtsratsvorsitzende die Geschäftsführung aufgefordert, alle Pressearbeit mit ihm abzustimmen. Von diesem gemeinsamen Verständnis ist die Geschäftsführung mit der Pressekonferenz abgewichen.“
Sie behauptet: „OB wusste Bescheid“
Rogg erklärt vor den Journalisten, ihr Gehalt sei angemessen und: „Auch der Oberbürgermeister, als dessen Vertreter der Aufsichtsratsvorsitzende tätig war, wusste von den Verhandlungen (über das Gehalt, d. Red.).“
Einen Tag später, am 8. August, ging OB Link seinerseits in die Offensive, widersprach in einer offiziellen Stellungnahme der Behauptung, er sei informiert gewesen.
Er verwies auf den damaligen Sozialdezernenten Reinhold Spaniel (seit Oktober 2017 im Ruhestand), der ihm im Mai 2016 gesagt habe, Rogg verdiene rund 150 000 Euro pro Jahr und das sei „unverhältnismäßig wenig“.
Der OB: „Offensichtlich war bereits diese Angabe falsch, wie aus der eigenen Aufstellung von Frau Rogg aus der Pressekonferenz hervorgeht.“
Gutachten: Gehalt überzogen
Link verwies auch auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfer „Vinken, Görtz, Lange und Partner“, die zu dem Ergebnis gekommen seien, „dass ein angemessenes Geschäftsführungsgehalt für die wfbm maximal zwischen 150 000 und 180 000 Euro liegen könne.“
Dann zog Link die Reißleine und teilte am Donnerstag, 9. August, mit: „Mit einstimmigem Beschluss hat der Aufsichtsrat der wfbm in seiner heutigen Sitzung das Arbeitsverhältnis mit Roselyne Rogg mit sofortiger Wirkung beendet. Die fristlose Kündigung ist der Geschäftsführerin heute mitgeteilt worden.“
Staatsanwaltschaft ermittelt
Zu Ende ist die Affäre noch nicht: Nach Informationen von „Correctiv“ ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft Duisburg gegen Rogg wegen „eines Anfangsverdachts der Untreue“. Und der „Bund der Steuerzahler“ (BdSt) äußert Zweifel daran, dass der Aufsichtsrat nicht von ihrem Gehalt gewusst habe.