Solinger Museum der PlagiateKaum zu glauben, was sich hier für Fälschungen verstecken

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EXPRESS-Praktikant Andreas Haupt mit zwei Küchenscheren. Nur eine ist die echte von „Zwilling“. 400 Originale und Duplikate kann man im Museum bestaunen.

Solingen – Ein kleines Haus mit Kunststoff-Front in der Nähe des Bahnhofes von Solingen. Hier ist das „Plagiarius“ untergebracht, das Museum mit den dreistesten Fälschungen aller Zeiten.

Von der simplen Murmelbahn aus Holz bis zum hochkomplexen Beatmungsgerät werden hier Original und Nachahmung nebeneinander ausgestellt.

Mitarbeiter Holger Sann (71) führt den EXPRESS durch den kleinen Raum mit 400 Exponaten. Alles gibt es hier doppelt: Messerwaage, Moped, Sessel, Spielsachen, eine Kettensäge, Küchen-Utensilien - im Grund alles, was man im Alltag so braucht.

Nur: Die eine Hälfte ist das hochwertige Markenprodukt, die andere ist eine - oft asiatische - Fälschung.

Gefälschtes Solinger Besteck

So gibt es zum Beispiel eine Auswahl an Solinger Besteck. Für seine Edelstahl-Küchenprodukte ist die Stadt Solingen weltberühmt. EXPRESS-Praktikant Andreas Haupt hält zwei Scheren in der Hand.

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Mitarbeiter Holger Sann mit den beiden Briefwaagen.

Die eine ist eine originale der Firma Zwilling J. A. Henckels AG, Spitzenqualität, langlebig, rostfrei, scharf und zupackend wie ein frisch geschliffenes Schwert. Die andere stammt aus Taiwan, schneidet mäßig und rostet schnell.

Hong Kong statt Deutschland

„Gegründet hat das Museum Professor Rido Busse, der Ende der 70er Jahre auf einer Frankfurter Messe seine Brief- und Diätwaage entdeckte. Leider war sie nicht von der Firma Söhnle, sondern einem Hersteller aus Hong Kong“, erklärt Sann. Und statt den Fall anzuzeigen, gründete der Professor den „Plagiarius“, einen Preis für die dreistesten Kopien einer Ware.

Beatmungsgerät und Murmelbahn

Unfassbar, was seitdem alles dupliziert wurde: Sogar eine billige Version einer Beatmungsmaschine der Firma Weinmann ist dabei, die bei realem Einsatz lebensgefährliche Auswirkungen haben könnte oder eine holländische Murmelbahn, die ihrem deutschen Original täuschend ähnlich sieht.

Die Duplikate haben alle etwas gemein: Sie sind billiger und von niedrigerer Qualität. Die Nachahmer - seien es Asiaten oder Firmen aus dem deutschen Nachbarländern - haben sich Idee, Forschung und Entwicklung gespart.

Bis ins kleinste Detail

Im Falle einer dreisten Kopie einer Stihl-Motorsäge wurde beim Kopieren sogar auf kleinste Details bedacht wie exakt identische Warnhinweise auf den kleinen Aufklebern.

„Dafür ist bereits beim Auspacken der wichtige Sicherheitsgriff abgerissen“, sagt Sanne. Beim Original ist er robust und hält viele Jahre.