„Darf sich nicht wiederholen“NRW-Schulministerin zieht nach Abi-Datenpanne Konsequenzen

Dorothee Feller (CDU), Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, spricht bei einer Pressekonferenz zum Schulausschuss des Landtags.

Dorothee Feller, Schulministerin von Nordrhein-Westfalen, spricht bei einer Pressekonferenz zum Schulausschuss des Landtags. Die CDU-Politikerin zeiht nach der Abi-Datenpanne Konsequenzen.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller steht nach der Verschiebung von Abitur-Klausuren infolge einer Download-Panne unter Druck. Nun hat sie Konsequenzen gezogen.

Nach der Download-Panne bei den diesjährigen Abiturklausuren und gravierenden Datenlecks in einem Schulinstitut will das nordrhein-westfälische Schulministerium den IT-Bereich stärken. Dennoch seien auch künftig technische Probleme nicht auszuschließen, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU) am Mittwoch (7. Juni 2023) in Düsseldorf.

„Die Verschiebung der Abiturprüfungen in Nordrhein-Westfalen darf sich nicht wiederholen“, betonte sie. Durch technische Änderungen sei der Ablauf für das Zentralabitur im nächsten Jahr bereits „optimiert“ worden. Im Schulausschuss des Landtags stellte Feller die Konsequenzen aus den IT-Pannen vor.

Nach Datenpanne: Diverse Neuerungen bei NRW-Abiturklausuren

Wegen der Panne beim Herunterladen der Prüfungsaufgaben hatte das Schulministerium im April den geplanten Start der Abitur-Klausuren in sechs Prüfungsfächern von einem Mittwoch auf Freitag verlegen müssen. Erst am späten Dienstagabend vor dem ersten Prüfungstag waren die Schulen darüber informiert worden. Betroffen waren rund 30.000 der landesweit 72.000 Abiturientinnen und Abiturienten.

Der Downloadprozess der Aufgaben wird künftig zeitlich vorgezogen, die Dateien werden in Zukunft schon mit drei Tagen Vorlauf bereitgestellt. Die Schulen können die Aufgaben aber erst am Tag vor der Prüfung einsehen. Dazu bekommen sie einen Freigabeschlüssel. So bleibe im Fall einer technischen Störung – „die nie in Gänze ausgeschlossen werden kann“ – deutlich mehr Zeit für die Behebung des Problems oder die Aktivierung eines Notfallsystems, sagte Feller.

Das technische Verfahren der Verteilung der Abituraufgaben und der Aufgaben für die Zentralen Prüfungen nach der Klasse 10 wird neu ausgeschrieben. Künftig werden die Anforderungen an die Traglast des IT-Systems erhöht. Es muss in der Lage sein, in großem Umfang Videodateien oder Hörverstehensaufgaben zu distribuieren und deutlich mehr gleichzeitige Nutzerzugriffe verarbeiten können. Auch der bisherige Dienstleister, in dessen Verantwortungsbereich es zu der Download-Panne kam, könne sich wieder bewerben, so Feller.

Die Kontrolle der Aufgaben besonders im Lektorat soll verbessert werden. Eine hundertprozentige Fehlerfreiheit werde es aber nicht geben.

Gewerkschaft: „Ministerium hat offensichtlich die Signale gehört“

Vor einigen Wochen war ein gravierendes Datenleck im IT-System des Schulinstituts Qualis aufgedeckt worden. Mindestens 16.557 Datensätze waren vom Qualis-Server ausgelesen worden, vor allem Vor- und Zunamen von Lehrkräften und Qualis-Mitarbeitern. Außerdem waren weitere IT-Schwachstellen in den Web-Anwendungen entdeckt worden. Feller ließ den betroffenen Server deaktivieren. Externe Prüfer empfahlen nun in einem vertraulichen Bericht zahlreiche IT-Schutzmaßnahmen. Alle Empfehlungen werde ihr Haus umsetzen, sagte Feller.

Das Ministerium werde ein „Kompetenzzentrum“ für Web-Anwendungen einrichten. Künftig werden Web-Anwendungen somit zentral aus Fellers Haus gesteuert. Ihr Haus werde „stärker beratend tätig werden, die Einhaltung technischer Standards kontrollieren und die Web-Verfahren freigeben“, sagte Feller. Sie halte aber generell an dem Schulinstitut und dessen Sitz in Soest fest. „Wir brauchen ein Landesinstitut.“ Im Fall einer erneuten Störung will das Ministerium einen Krisenstab einrichten.

Im Schulausschuss machte die Opposition Feller massive Vorwürfe. Die FDP warf der Ministerin eine inakzeptable „Ignoranz“ vor. Das Ministerium habe nicht angemessen auf „Warnungen und dringende Bedürfnisse“ von Qualis reagiert. Die gesamte IT-Infrastruktur im Schulministerium müsse dringend untersucht werden. „Es ist an der Zeit, dass Ministerin Feller endlich die volle Verantwortung für die IT-Probleme in ihrem Arbeitsbereich übernimmt“, sagte die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech.

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„Ich habe nicht gelogen und dem Ausschuss und dem Landtag die Wahrheit gesagt“, sagte Feller. Sie betonte erneut, dass zwei am Wochenende bekanntgewordene Schreiben von Qualis zur Beantragung von Haushaltsmitteln für einen neuen Internetauftritt nichts mit den Schwachstellen im IT-System des Instituts zu tun hätten. Das Schreiben sei „keine Problemanzeige“, sondern „die Begründung für die Anmeldung von Haushaltsmitteln für den Relaunch der Internetseiten“.

Die schulpolitische Sprecherin der SPD, Dilek Engin, warf Feller mangelndes Problembewusstsein vor. Hätte sich die Ministerin des Problems angenommen, hätte sie realisieren können, dass das gesamte System der Web-Angebote von Qualis betroffen sei. Ein solches Problembewusstsein habe dafür aber offenbar nicht geherrscht. Die „Hilferufe“ des Landesinstituts seien offenbar nicht ernst genommen worden.

Ayla Çelik, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) NRW, äußerte sich positiv zu Fellers Maßnahmenkatalog: „Das Ministerium hat offensichtlich die Signale gehört.“ Die GEW empfahl zusätzlich die Entwicklung von „Notfallszenarien“, die im Fall einer Technikpanne allen bekannt sein und reibungslos umgesetzt werden sollten. „Denn gerade solche hektischen Situationen brauchen eingeübte Routinen und schnelle Kommunikation.“ (dpa)