Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg – die jüngsten Angriffe führten zu einer verschärften Debatte über Sicherheit und Migration in Deutschland – kein Thema ist im Wahlkampf so wichtig. Nun schaltet sich eine Polizistin in die Diskussion ein.
Beamtin mit Statement vor der Bundestagswahl„Als Polizist weiß man, wer das Problem ist!“
Lena Westermann arbeitet seit sieben Jahren für die Polizei und trägt auch für die sozialen Medien ihre Uniform mit dem Polizeiabzeichen der Hansestadt Bremen. Neben ihrer Arbeit als Ordnungshüterin betreibt sie mehrere Social-Media-Kanäle, studiert Jura und ist auch in Podcasts zu hören.
Nun, kurz vor der Bundestagswahl, spricht Westermann in mehreren TikTok-Videos über die aktuelle politische Debatte, über Migration und die innere Sicherheit – ein Clip geht schnell viral.
„Als Polizist weißt du ja, wer das Problem in unserer Gesellschaft ist“
Grundsätzlich wird von Beamtinnen und Beamten verlangt, nach außen hin unparteiisch und unpolitisch zu sein – damit sie ihre Aufgaben gerecht ausführen können. Für sie gilt eine Neutralitätspflicht.
Dennoch spricht Westermann nun ungewöhnlich deutlich über die politische Lage im Land – in einem TikTok-Post mit dem Titel „Manche werdens erst merken, wenn es zu spät ist“.
Sie höre oft den Satz: „Als Polizist weißt du ja, wer das Problem in unserer Gesellschaft ist“, sagt Westermann in dem Clip. Die Aussage habe sie zum Nachdenken angeregt. „Wer ist denn hier wirklich das Problem?“
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Anscheinend sei das der Migrant, der in Deutschland Straftaten begeht, erklärt die Polizistin. „Immerhin hört man ja überall von den Anschlägen und den Clans und den kriminellen Machenschaften.“ Die Statistiken würden diese pauschale Aussage aber nicht belegen, es gebe keinerlei Hinweise auf ein Zusammenspiel zwischen Herkunft und Kriminalität. „Was es aber gibt, ist ein Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Kriminalität“, so Westermann weiter.
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Wenn Armut, Perspektivlosigkeit und fehlende soziale Integration das Risiko für Kriminalität erhöhen, so die Polizistin weiter, dann sei die Herkunft gar nicht das Problem, „sondern die Umstände, in denen die Menschen leben.“
„Also wer ist hier wirklich das Problem?“
Das Narrativ der „kriminellen Ausländer“ blende eine Debatte über soziale Ungleichheit, fehlende Bildungschancen oder mangelnde Integration aus. „Also wer ist hier wirklich das Problem? Derjenige, der aus Not heraus hierherkommt oder derjenige, der mit einfachen Feindbildern Ängste schürt, statt Lösungen zu finden?“, fragt die Polizistin weiter – ohne Namen zu nennen. Die Politik solle sich weniger auf Schuldzuweisungen, sondern mehr auf Ursachenbekämpfung konzentrieren.
Die Kritik von Westermann schlägt in eine ähnliche Richtung wie die Analyse von Holger Münch, dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA). Der erklärte bei der Vorstellung der bislang jüngsten Polizeistatistik im April 2024, dass „Nicht-Deutsche“ erst einmal häufiger straffällig werden oder der Anteil der Tatverdächtigen hier höher ist als bei Deutschen.
Das liege aber nicht an der Herkunft, „sondern das liegt an verschiedenen kriminologischen Faktoren“: etwa am Bildungsabschluss, dem Zugang zur Leistungsgesellschaft oder an der Möglichkeit, einen Beruf ausüben können. Auch traumatische Gewalterfahrungen seien ein Faktor. Münchs Appell: Die Migration müsse gut gesteuert werden, damit Integration gelingen kann.