Mordrätsel um Jimmy HoffaLeiche ist bis heute spurlos verschwunden
Bloomfield – Er war einer der mächtigsten Gewerkschaftsbosse der USA: James „Jimmy“ Hoffa, ein brutaler und korrupter Machtmensch mit engen Verbindungen zur Mafia-Organisation Cosa Nostra.
Vor 45 Jahren verschwand der damals 62-Jährige spurlos. Seine Leiche wurde bis heute nicht gefunden. Um seinen Tod ranken sich die wildesten Spekulationen. Sein mysteriöser Fall gilt als eines der größten Rätsel der US-Kriminalgeschichte.
Jimmy Hoffa: Für seine Schlagkraft bekannt
Aufgewachsen als Sohn eines Grubenarbeiters im Bundesstaat Indiana macht Hoffa eine steile Karriere bei den Teamsters, der Gewerkschaft der Transportarbeiter.
Die schätzt sein Talent bei der Anwerbung neuer Mitglieder, der Organisation von Streiks und – vor allem – die Schlagkraft seiner Fäuste in den Auseinandersetzungen mit Polizisten, Streikbrechern und Unternehmern.
James „Jimmy“ Hoffa wird Chef der Teamsters
1957 schlägt Hoffas große Stunde. Er reißt die Macht bei den Teamsters an sich, besetzt Schlüsselpositionen mit Vertrauten, engagiert bewaffnete Bodyguards und spendiert sich ein für die damalige Zeit sattes Spitzengehalt in Höhe von 75.000 Dollar im Jahr (66.000 Euro) sowie ein Spesenkonto ohne Limit.
Niemand muckt auf, denn Hoffa gelingt es durch erfolgreiche Streiks, die Löhne der Arbeiter zu steigern. Und früh knüpft er Kontakte zum US-Ableger der Cosa Nostra, mischt bei deren zwielichtigen Geschäften mit und nutzt dafür auch den Gewerkschaftsapparat, in den er Mafiosi einschleust.
Robert Kennedy jagt Jimmy Hoffa
Brenzlig wird es erst, als sich Robert Kennedy (1925-1968), der Bruder des späteren US-Präsidenten John F. Kennedy (1917-1963), die Machenschaften Hoffas genauer anschaut – als Chefberater eines Kongress-Ausschusses zur Bekämpfung organisierter Kriminalität.
Er wird einst über den skrupellosen Teamster-Chef sagen: „Dieser Mann hat ebenso viel Macht wie die US-Regierung.“ Später, als US-Justizminister, intensiviert Kennedy den Kampf gegen Hoffa.
Jimmy Hoffa wird mehrfach angeklagt
Zweimal steht der vor einem Bundesgericht, zweimal wird er freigesprochen. Vor dem dritten Prozess verspricht Kennedy: „Wenn es wieder einen Freispruch gibt, springe ich vom Kapitol hinunter!“ Hoffa wird freigesprochen und lässt Kennedy einen Fallschirm schicken.
Doch Hoffa freut sich zu früh. 1967 wird er schließlich wegen Bestechung und Betruges zu einer Haftstrafe von 13 Jahren verurteilt. Die Gewerkschaft nimmt’s locker, ernennt ihn sogar zum Präsidenten auf Lebenszeit, zahlt seine Anwaltskosten in Millionenhöhe und erhöht sein Jahresgehalt auf über 100.000 Dollar (88.000 Euro).
Lange muss Hoffa eh nicht sitzen. Vier Jahre später ist er wieder frei – begnadigt vom damaligen US-Präsident Richard Nixon (1913-1994). Angeblich hat die Mafia mit einer Millionenspende für Nixons Wahlkampf nachgeholfen.
Jimmy Hoffa bricht die Abmachung mit Nixon
Nixon, der nach der Watergate-Affäre 1974 zurücktreten muss, machte Hoffa allerdings bei dem Deal die Auflage, dass er seinen Job als Gewerkschaftsboss zehn Jahre lang ruhen lassen müsse.
Doch das schert Hoffa nicht. Kaum raus dem Knast, beginnt er an seinem Comeback an der Gewerkschaftsspitze zu arbeiten. Ein jahrelanger Machtkampf entbrennt, bei dem auch Autobomben eingesetzt werden.
Das letzte Lebenszeichen von Jimmy Hoffa
Am 30. Juli 1975 wird Hoffa schließlich auf dem Parkplatz seines Stammrestaurants „Machus Red Fox“ in Bloomfield, rund 30 Autominuten nördlich von Detroit, zuletzt gesehen.
Seiner Frau Josephine hatte Hoffa gesagt, er würde sich dort mit einem Gewerkschaftskollegen und dem Mafiaboss Anthony Giacalone treffen und gegen 16 Uhr wieder zurück sein. Beide bestreiten dies später und weisen wasserdichte Alibis vor.
Hoffas letztes Lebenszeichen ist ein Telefonat um 14.15 Uhr mit seiner Frau. Ein Augenzeuge will gesehen haben, wie Hoffa sein Auto verließ und in einen anderen Wagen mit mehreren Insassen einstieg – und davonfuhr.
Jimmy Hoffa: Tod in der Schrottpresse?
Sein Verschwinden bleibt bis heute mysteriös. Steckt die Mafia dahinter, für die ihr einstiger Günstling, der viel zu viel wusste, keinen Wert mehr hatte? Oder Konkurrenten innerhalb der Gewerkschaft?
Immer wieder tauchen neue Theorien und Hinweise auf, denen die Ermittler zum Teil nachgehen – oft von Knackis, die die Version ihrer Geschichte zu Geld machen wollen. Hoffa sei mit einem Auto oder in einer Öltonne in eine Schrottpresse gebracht worden, hieß es.
Wieder andere mutmaßen, die Leiche sei in einer Fettverarbeitungsfabrik oder einem Krematorium „entsorgt“ worden. Auch die Varianten, Hoffa sei zerstückelt in einen Sumpf in Florida geworfen oder im Stadion der New Jersey Giants einbetoniert worden, kursieren. Ermittlungen, die alle im Sande verlaufen.
Mordrätsel um Jimmy Hoffa: Mafiakiller oder doch eine vertraute Person?
Erst 2001 gibt es wieder eine heiße Spur. Ein DNA-Test an einem vor Jahren im Auto von Hoffas Vertrautem Charles „Chuckie“ O’Brien gefundenen Haar ergibt Hinweise auf Hoffa. Saß er am Tag seines Verschwindens in dem Auto? War O’Brien einer der Täter? Der weist alle Vorwürfe zurück. Für einen Prozess reichen die dürftigen Indizien ohnehin nicht.
2004 gehen die Fahnder schließlich den Aussagen des Mafiakillers Frank „The Irishman“ Sheeran nach, der zum engeren Zirkel Hoffas gehörte. Der behauptet kurz vor seinem Tod, Hoffa erschossen zu haben. In dem Haus, das er als Tatort angibt, werden zwar Blutspuren gefunden, aber nicht die des Gewerkschafters. Auch ganze Felder werden umgegraben, um nach der Leiche zu suchen. Wieder vergeblich.
Jimmy Hoffas Fall ist Stoff für Hollywood
Der Fall Hoffa bot immer wieder Stoff fürs Kino; mit Sylvester Stallone in „Ein Mann geht seinen Weg“ (1978), „Verfolgt bis in den Tod“ mit Robert Black in der Rolle des Gewerkschaftsbosses (1983), „Hoffa“ mit Jack Nicholson (1992).
Zuletzt „The Irishman“ mit Al Pacino als Hoffa und Robert De Niro als Frank Sheeran auf dem Streamingdienst Netflix.