Voll gelaufene Stauseen, aufgeweichte Deiche und Sandsack-Barrieren: Einige Regionen Deutschlands kämpfen noch immer gegen das Hochwasser. In einigen Ländern entspannt sich die Lage allerdings langsam.
UnwetterHochwasserlage: Kampf gegen Überflutung und Aufatmen
Mit Blick auf die Hochwasserlage deutet sich eine Entspannungspause an, die aber wohl nicht überall lange anhält. Am Donnerstag soll es weitgehend trocken bleiben, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach mitteilte. „Wenigstens halten sich die Niederschlagsmengen erst mal in Grenzen, so dass sich die Hochwasserlage an einigen Flüssen weiter, wenn auch nur langsam entspannen kann“, sagte Meteorologe Adrian Leyser von der Wettervorhersagezentrale.
Die Hochwasserlage in Deutschland zeigte sich uneinheitlich: Mancherorts beruhigte sich die Situation, anderswo ist es noch kritisch, so in Sachsen und Sachsen-Anhalt an der Elbe sowie in Teilen Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens.
Die absehbar erst einmal entspanntere Hochwasserlage wird wohl nicht von Dauer sein. „Unter gebührender Berücksichtigung der Unsicherheiten muss konstatiert werden, dass die Gefahr kräftigerer Niederschläge wieder deutlich zunimmt“, so der Meteorologe. „Insbesondere im Westen und Nordwesten deuten die Wettermodelle viel Nass an, das die Flusspegel wohl wieder rasch ansteigen lassen wird.“
Der Klimawandel macht Extremwetterereignisse wahrscheinlicher. Der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf hatte Heiligabend auf X geschrieben: „Extremniederschläge nehmen durch die #Erderwärmung weltweit und auch bei uns zu. Davor warnen Klimaforscher seit über 30 Jahren; längst bestätigen das die Daten von Wetterstationen.“
Tweet
Wie ist die Hochwasserlage in einzelnen Bundesländern?
Sachsen und Bayern
In Sachsen bleibt die Situation vor allem an der Elbe angespannt. An anderen Flüssen wie der Mulde und der Weißen Elster gingen die Wasserstände zurück. An der Elbe galt am Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien die zweithöchste Alarmstufe 3. In Dresden wurde der dafür maßgebliche Pegelstand von sechs Metern zunächst noch nicht erreicht. Das Überschreiten der Sechs-Meter-Marke wurde für Donnerstagmorgen vorhergesagt. Die Stadt Dresden hatte die Alarmstufe 3 bereits am Dienstagabend ausgerufen.
In Bayern entspannt sich die Hochwasserlage nach Angaben des Hochwassernachrichtendienstes weiter. An der Donau komme es bei fallenden Wasserständen noch zu kleinen Ausuferungen in Meldestufe 1, wie es im Lagebericht hieß.
Sachsen-Anhalt
In Teilen Sachsen-Anhalts kann vorsichtig aufgeatment werden - an der Elbe steigen die Wasserstände jedoch weiter. Im Landkreis Mansfeld-Südharz, wo der Stausee Kelbra nach ungewöhnlich heftigen Regenfällen vollgelaufen ist, werden keine Überflutungen von Orten erwartet. Es würden voraussichtlich auch keine weiteren Evakuierungen notwendig, teilte der Landkreis am Vormittag mit. Den rund 180 Bewohnerinnen und Bewohnern der Ortschaft Thürungen war am Vortag geraten worden, ihre Häuser zu verlassen. An der Helme gilt weiter die höchste Hochwasseralarmstufe 4. Entspannung gibt es laut dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft im Norden des Landes sowie im Harz.
Thüringen
Einzelne Bewohner des wegen Hochwassers evakuierten Ortes Windehausen in Nordthüringen können nach ihren Häusern sehen und sollen die Keller öffnen. Das sagte Matthias Marquardt, Bürgermeister der Stadt Heringen, zu der Windehausen gehört, nach Beratungen eines Krisenstabs. Geplant sei, dass zunächst die Bewohner zweier Straßenzüge im Ort ihre Keller öffneten, damit dort das Abpumpen beginnen könne.
Niedersachsen
Die Hochwassersituation in Niedersachsen ist weiter angespannt. „Das Schlimmste ist überstanden, aber es ist noch nicht vorbei“, sagte eine Sprecherin vom Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz der dpa. Vor allem an der Mittelweser und an den Oberläufen von Aller, Leine und Oker sei mit weiter steigenden Pegelständen zu rechnen. Die Stadt Rinteln an der Weser hat die Evakuierung einer Straße wegen drohender Überschwemmung aufgehoben.
Das Hochwasser hat auch den Serengeti-Park Hodenhagen stark getroffen: Weite Teile des Geländes nördlich von Hannover sind nach Parkangaben überflutet und teilweise gar nicht oder nur noch mit Unimogs oder Traktoren zu erreichen.
Eine Herde Heidschnucken ist in der Region Hannover mit Booten aus dem Hochwasser gerettet worden. Einsatzkräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) brachten die etwa zehn Tiere in der Wedemark nördlich von Hannover mit Booten über das Wasser, wie die Organisation mitteilte. Am zweiten Weihnachtstag waren die Schafe von Wassermassen des Flusses Wietze eingeschlossen worden. Die Einsatzkräfte holten die Tiere daraufhin einzeln mit Booten von einem kleinen Stück Land, auf das sie sich gerettet hatten.
Nordrhein-Westfalen
Auch die Lage in Nordrhein-Westfalen blieb angespannt. Trotz örtlicher Regenpausen führten zahlreiche Bäche und Flüsse nach wie vor Hochwasser. Am stärksten betroffen war auch nach den Weihnachtstagen die Weser im Osten des Landes, wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW mitteilte.
Hessen und Rheinland-Pfalz
Die Wasserstände in Hessen sinken vielerorts weiterhin. „Mit einer allgemeinen Wetterberuhigung tritt heute allmählich auch eine leichte Entspannung der Hochwasserlage in Hessen ein“, teilte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie mit. Am Main hingegen komme es noch zu einem geringen Anstieg der Wasserstände. In Rheinland-Pfalz war die Lage ähnlich: „An den Oberrheinpegeln fallen die Wasserstände“, hieß es von der Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz.
Bremen
In der Gemeinde Lilienthal bei Bremen ist nach Angaben der örtlichen Feuerwehr ein Deich gerissen. Der betroffene Bereich werde von den Einsatzkräften aktuell evakuiert, teilte die Feuerwehr Lilienthal Nachmittag über Facebook mit. Die Anwohner würden mit einem Shuttleservice in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Für sie gibt es einen Schienenersatzverkehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden.
Nach Angaben der Gemeinde Lilienthal ist auch eine Straße derzeit ohne Gas- und Stromversorgung. Anwohnern wird geraten, möglichst einen Schlafplatz bei Freunden, Verwandten oder Bekannten zu finden. Die Notunterkünfte sollten als letzte Möglichkeit in Anspruch genommen werden. Lilienthal im Landkreis Osterholz grenzt direkt an das Bremer Stadtgebiet. In Bremen ist die Hochwasserlage im Stadtteil Borgfeld ähnlich angespannt. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will sich dort am Donnerstag selbst ein Bild von der Lage machen. (dpa)