Öltanker abgeschlepptSchlepper halten havarierten Tanker vor Sassnitz in Position

Die wegen eines Blackouts manövrierunfähige «Eventin» wird vorerst von zwei Schleppern auf Position gehalten.

Die wegen eines Blackouts manövrierunfähige „Eventin“ wird vorerst von zwei Schleppern auf Position gehalten.

Die «Eventin» hat 99.000 Tonnen Öl an Bord. Das Schiff havarierte nördlich von Rügen und musste abgeschleppt werden. Die Crew ist seitdem ohne schiffseigene Heizung und Strom.

Der seit Tagen manövrierunfähige Tanker „Eventin“ ist vorerst an einer gesicherten Position vor dem Stadthafen Sassnitz angekommen. Das 274 Meter lange Schiff soll nun so lang rund fünf Kilometer vor der Küste von zwei Schleppern in Position gehalten werden, bis über das weitere Vorgehen entschieden ist, wie das Havariekommando mitteilte. Dafür steht es bereits mit der Reederei des Tankers in Kontakt. 

Reeder soll zwei Hochsee-Schlepper beauftragt haben

„Der Reeder hat angegeben, zwei Hochsee-Schlepper beauftragt zu haben, die das Schiff an einen Ort seiner Wahl bringen sollen.“ Wann der Reeder diesen Plan umsetzen werde, sei derzeit noch nicht klar. „Die Ankunft der Schlepper hat die Reederei für Montag angekündigt.“ Zu welcher Tageszeit das sein wird, konnte ein Sprecher des Havariekommandos zunächst nicht sagen. „Wohin sie das Schiff bringen sollen, ist nicht bekannt“, teilte das Havariekommando zudem mit. Warum es den Blackout an Bord gegeben hat, war dem Havariekommando zufolge zunächst unklar. 

Der fast 20 Jahre alte Tanker mit fast 100.000 Tonnen Öl an Bord war am Freitag in der Ostsee nördlich von Rügen havariert. Weil alle Systeme an Bord ausgefallen waren, trieb das Schiff stundenlang manövrierunfähig in der Ostsee. Rettungsteams gelang es schließlich am Freitagnachmittag, auf hoher See Schleppverbindungen zur „Eventin“ herzustellen. So konnte das Schiff vor die Küste von Sassnitz gezogen werden. Die Wetterbedingungen auf See hatten den Schleppvorgang erheblich verlangsamt, zwischenzeitlich waren die Wellen bis zu vier Meter hoch. 

Ärztin kontrolliert Gesundheitszustand der Besatzung

Dem Havariekommando zufolge besteht derzeit keine Gefahr für die Umwelt, das Schiff ist dicht, die Lage wird als stabil bewertet. Auch das Wetter hatte sich weiter beruhigt und der Wind hatte nachgelassen. „Die gewählte Position bietet zudem Schutz vor den nördlichen Winden“, hieß es vom Havariekommando.

An Bord des derzeit stromlosen Tankers sind noch 24 Besatzungsmitglieder. Sie sind seit dem Totalausfall ohne Strom, Heizung und fließendes Wasser. Am Sonntagmittag hatten sich deshalb eine Ärztin und ein Sanitäter auf das Schiff abseilen lassen. Sie sollten den Gesundheitszustand der Crew prüfen und kamen mit guten Nachrichten von Bord zurück: „Derzeit benötigen sie keine akute medizinische Hilfe“, sagte ein Sprecher des Havariekommandos der Deutschen Presse-Agentur.

Notstromaggregate und Heizlüfter für die Crew

Zuvor waren bereits mehrere Notstromaggregate an Bord gebracht worden, damit sich die Crew versorgen kann. „Damit können sie wieder elektrische Geräte wie Mikrowelle und Wasserkocher nutzen, ihre Handys laden und die Heizlüfter betreiben. Wir haben ihnen auch mehrere Kanister Sprit für die Notstromaggregate mitgeben.“ Weitere Heizgeräte sollen noch angeliefert werden. Zudem werde ein vom Reeder beauftragtes Unternehmen am Montag frische Vorräte und Benzin für die Notstromgeneratoren liefern.

Am Sonntag war zudem der erste der beiden Notschlepper, die den Tanker in Position halten, gegen einen kommerziellen Schlepper ausgetauscht worden. Der zweite Schlepper sollte noch im Laufe des Tages abgelöst werden. „Dies soll gewährleisten, dass die Notschlepper für potenzielle weitere Einsätze auf der Ostsee verfügbar sind“, teilte das Havariekommando mit. 

Bislang ist unklar, wann und wo der 274 Meter lange Tanker repariert werden soll. Die Reederei, der die „Eventin“ gehört, hat ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Umweltorganisation Greenpeace rechnet das 2006 gebaute Schiff zur sogenannten russischen Schattenflotte, mit der das mit Sanktionen belegte Russland Öl exportiert. 

Mehr Sicherheit für Ostsee-Schifffahrt gefordert

Der Chef des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf, nahm die Havarie zum Anlass, die Forderung seines Verbandes nach besseren Sicherheitsvorkehrungen in den verkehrsreichen Gewässern der Ostsee zu erneuern. „Gefahrenabwehr darf nicht erst im Schadensfall beginnen. Das muss präventiv und international abgestimmt erfolgen. Das Thema sollte man auf bundespolitischer Ebene höher hängen“, mahnte er.

Die Kadetrinne nördlich von Rostock ist eine der schmalsten und schwierigsten Passagen in der Ostsee. Bis zu 200 Frachtschiffe durchfahren pro Tag die zum Teil nur etwa 1.000 Meter breite Engstelle, in der es schon häufiger zu Havarien kam. Deshalb gibt es immer wieder auch Forderungen nach Lotsenpflicht dort. 2001 etwa hatte der Zuckerfrachter „Tern“ den Öltanker „Baltic Carrier“ gerammt, woraufhin rund 2.700 Tonnen Öl an die dänische Küste gespült wurden. (dpa)