Finstere Vergangenheit der KöniginKeine Tränen für die Queen: „Ich fühle nichts“

Trauer um die Queen in London: Eine Britin legt am Samstag (10. September) Blumen vor dem Konterfei Elizabeth II. ab.

Trauer um die Queen in London: Eine Britin legt am Samstag (10. September) Blumen vor dem Konterfei Elizabeth II. ab.

Großbritannien trauert um seine wichtige Symbolfigur, auch Deutschland trauert um die Königin, die hier viel Sympathie und Vertrauen genoss. Ein großer Teil der Welt weint um Elizabeth II. (†96), doch längst nicht die gesamte Welt. Auf dem afrikanischen Kontinent sieht das ganz anders aus.

von Martin Gätke  (mg)

Für die Briten ist sie so etwas wie die liebe Omi, die gestorben ist. Nach dem Tod von Elizabeth II. ist die Trauer in Großbritannien groß, sieben Jahrzehnte lang war sie die Königin des Volkes.

„Königin Elizabeth II. war der Fels, auf dem das moderne Großbritannien errichtet wurde. Unser Land ist unter ihrer Herrschaft gewachsen und aufgeblüht. Großbritannien ist wegen ihr das großartige Land, das es heute ist“, so erklärte es etwa die neue Premierministerin Liz Truss.

„Königin Elizabeth II ist eine Frau, die ein Jahrhundert geprägt hat. Sie hat Zeitgeschichte erlebt und geschrieben. Ihre Majestät genoss auf der ganzen Welt höchstes Ansehen und Respekt“, sagte Deutschlands Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Queen tot: Evangelische Kirche erinnert an dunkles Kapitel ihrer Geschichte

Tatsächlich hat Queen Elizabeth II. eine ganze Ära geprägt – doch der Beginn ihrer Regentschaft ist alles andere als unumstritten. Längst nicht die ganze Welt trauert um die Queen – auf dem afrikanischen Kontinent verbinden viele ihren Namen mit dem einer Kolonialherrscherin. Unter ihrer Herrschaft wurde etwa ein Widerstand in Kenia, die Mau-Mau-Rebellion, blutig niedergeschlagen. Viele Tausende Menschen wurden ermordet. Entschuldigt hat sich die Queen für dieses Unrecht nie.

Die evangelische Kirche erinnert an dieses dunkle Kapitel der Geschichte: Als die 25-jährige Elizabeth im Februar 1952 Königin von England wurde, besuchte sie gerade die britische Kolonie Kenia. Seit 1895 wurde das Land von Großbritannien besetzt. Elizabeth II. übernahm 20 Kolonien und Protektorate in Afrika von ihrem Vater, König Georg VI.

Oft wurde die afrikanische Bevölkerung von einem brutalen Regime beherrscht, so auch in Kenia: Hier wurden die Afrikanerinnen und Afrikaner in Lagern interniert, mussten Zwangsarbeit leisten, währenddessen bauten britische Siedlerinnen und Siedler auf ihrem Land Tee oder Zucker an.

Queen tot: Dunkle Vergangenheit in Afrika

Diese Ausbeutung führte zu reichlich Zorn in der Bevölkerung – in Kenia kam es zur sogenannten Mau-Mau-Rebellion. Die Kämpfe um die Unabhängigkeit wurden brutal niedergeschlagen, nach offiziellen Angaben wurden mehr als 10.000 Kenianerinnen und Kenianer ermordet. Tausende Kämpferinnen und Kämpfer wurden in Zwangsarbeitslager gebracht – Gräueltaten, die die Krone damals billigte, Elizabeth II. war als Staatsoberhaupt verantwortlich.

Offiziell entschuldigt hat sich die Queen nie für die Verbrechen.

Aktuell klagen mehrere Kenianerinnen und Kenianern am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen die Zwangsvertreibung durch die Briten in der Kolonialzeit. Die britische Regierung habe sich weggeduckt und jeden möglichen Weg der Wiedergutmachung vermieden, wirft einer der Rechtsanwälte, der die Afrikanerinnen und Afrikaner vertritt, Großbritannien vor.

Während der Amtszeit von Queen Elizabeth II. wurden immer mehr afrikanische Staaten unabhängig, zunächst 1957 Ghana, zuletzt 1980 Simbabwe. Die Queen wollte ein freundschaftliches Verhältnis zu den Staaten pflegen – doch es blieb seit jeher ein schweres. Das zeigt sich auch an den Äußerungen bekannter kenianischer Persönlichkeiten.

So twitterte der kenianische Autor Mukoma wa Ngugi, dass er sich angesichts des Ablebens der Königin schlecht fühlen würde, hätte sie sich für Sklaverei, Kolonialismus und Neokolonialismus entschuldigt und Entschädigung für die Millionen Menschenleben angeboten, die im Namen der Krone beendet wurden. „Ich als Kenianer fühle aber nichts.“

Mittlerweile versucht Großbritannien, mit Förderungen und Kulturprogrammen die ehemaligen Kolonien zu unterstützen. Immer wieder bereisen auch die Royals Afrika, jüngst war der jetzige König Charles III. in Ruanda, um neugeborene Gorillas zu besuchen. Auch Prinz Harry setzt sich für den Schutz der Natur und der Wildtiere ein. (mg)