Gauleiter wusste, wo Bernsteinzimmer istFühren Spuren zu Nazi-Geheimnis nach NRW?
Barczewo – Er war einer der schlimmsten und brutalsten Nazis, ein überzeugter Vollstrecker Hitlers – Erich Koch, Gauleiter der NSDAP in Ostpreußen, Chef der Zivilverwaltung im besetzten polnischen Bezirk Bialystok und Reichskommissar in der Ukraine bis zum Zusammenbruch des „Dritten Reiches“.
Der gebürtige Elberfelder ist verantwortlich für den Tod Hunderttausender Menschen. Mit seinem Namen verknüpft sich aber auch ein bis heute ungelöstes Geheimnis: der Verbleib des legendären Bernsteinzimmers, das als „achtes Weltwunder“ gefeiert wird.
Meisterwerk aus Bernstein
Dieses 1716 von dem preußischen König Friedrich Wilhelm I. dem russischen Zaren Peter dem Großen geschenkte Meisterwerk aus Bernstein (dem Gold der Ostsee) war 1941 von den Nazis nach dem Überfall auf die Sowjetunion aus dem Katharinenpalast in Zarkskoje Selo (heute Puschkin) bei St. Petersburg (Leningrad) geraubt und ins Königsberger Schloss gebracht worden – der ostpreußischen Machtzentrale von Gauleiter Erich Koch.
Ein „alter Kämpfer“, der schon lange vor Hitlers „Machtergreifung“ der NSDAP beigetreten war, der schnell Karriere machte und zum engeren Kreis des Nazi-Diktators zählte.
In Königsberg verlor sich vier Jahre später die Spur des Bernsteinzimmers, als die Rote Armee die Stadt im April 1945 erobert hatte.
Es verschwand ebenso wie Gauleiter Koch, der mit seinen fanatischen Durchhaltebefehlen für das sinnlose Massensterben im bereits völlig zerstörten Königsberg gesorgt und die Überlebenden der mörderischen Rache der Sowjets ausgeliefert hatte.
Gauleiter Erich Koch getarnt entkommen
Ihm gelang die Flucht über die Ostsee. Vier Jahre lang konnte er untertauchen – mit falschen Papieren als Major a. D. Rolf Berger. Auch sein Hitlerbärtchen hatte er sich zur Tarnung abrasiert und sich eine Brille zugelegt.
Zum Verhängnis wurde ihm, dass er auf einer Flüchtlingsversammlung am 24. Mai 1949 in der Nähe von Hamburg erkannt wurde. Noch am gleichen Tag wurde er von den britischen Besatzern verhaftet.
Die Giftampullen, die er – wie jeder hohe Nazi – bei sich trug, benutzte er nicht. Im Gegenteil: Dreist verlangte er, nicht ins Ausland ausgeliefert zu werden, da kurz vor seiner Verhaftung das Grundgesetz in Kraft getreten sei.
Doch das half ihm nichts. Nach einigem juristischen Hin und Her wurde der Kriegsverbrecher schließlich im Januar 1950 nach Polen ausgeliefert, das ebenso wie die Sowjetunion einen Antrag gestellt hatte.
Prozess in Polen, aber keine Hinrichtung
Bis zum Prozessbeginn dauerte es aber noch sieben Jahre. Am 9. März 1959 schließlich wurde Koch in Warschau zum Tode verurteilt – wegen Kriegsverbrechen und der Ermordung von mindestens 300.000 Menschen in Polen.
Doch die Hinrichtung wurde nie vollzogen und Koch überraschend begnadigt, indem das Urteil in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt wurde. Der offizielle Grund: In Polen durften Schwerkranke (Koch litt an Blasenkrebs) nicht hingerichtet werden.
Wahrscheinlicher ist aber noch ein ganz anderer Grund: Sowohl der polnische Geheimdienst SP wie die Kollegen vom sowjetischen KGB und später auch Erich Mielkes Stasi erhofften sich von Koch Infos über den Verbleib des Bernsteinzimmers.
Er hatte die Holzkisten, in die es zum Schutz vor Bombenangriffen verpackt worden sein soll, wohl als einer der Letzten gesehen und angeblich ein Versteck ausgesucht, wie es heißt.
Verbleib des Bernsteinzimmers bis heute ungeklärt
Über Jahre wurde er verhört. Das war so eine Art Lebensversicherung für Koch. Mit vagen Andeutungen weckte der frühere NS-Scherge immer wieder die Neugier der Geheimdienstler – auch in seinem 1967 kurz vor einer Operation verfassten Testament.
Es tauchte später bei einem privaten Sammler in Barczewo (dem früheren Wartenburg) auf. Doch auch diese Spur führte ins Nichts. Wenn Koch wirklich das Versteck kannte, dann nahm er sein Geheimnis mit ins Grab.
Er starb am 12. November 1986 im Alter von 90 Jahren im Gefängnis von Barczewo.
Auch in Wuppertal suchten Forscher nach dem Bernsteinzimmer
Heerscharen von Wissenschaftlern und Schatzsuchern haben in vergangenen Jahrzehnten vergeblich nach dem Bernsteinzimmer gesucht – an Hunderten Orten, auch im Raum Wuppertal, der Heimat Kochs.
Am wahrscheinlichsten ist die These, dass das Zimmer in den Katakomben des Königsberger Schlosses verbrannt ist. Gesichert ist auch das nicht.
Der Mythos Bernsteinzimmer aber lebt weiter – auch dank der prunkvollen Kopie, die seit 2003 mit einer Millionenspende der deutschen Ruhrgas AG wieder an ihrem angestammten Platz in Katharinenpalast bewundert werden kann.