Zwei Frachter stoßen in der Nordsee zusammen. Eine dramatische Suchaktion lief an, um mehrere schiffbrüchige Seeleute zu retten. Nun geht das Havariekommando vom Tod der vermissten Seeleute aus.
Drama in der NordseeHavariekommando: Keine Hoffnung mehr für die Vermissten
Nach dem Zusammenstoß zweier Frachtschiffe auf der Nordsee südwestlich von Helgoland geht das Havariekommando vom Tod der vier vermissten Seeleute aus. Für die Vermissten gebe es keine Hoffnung mehr, sagte der Leiter des Havariekommandos, Robby Renner, am Mittwoch (25. Oktober 2023). Zuvor war die Suche nach den vier vermissten Seeleuten bereits eingestellt worden.
Nachdem einer der Frachter am Dienstagmorgen (24. Oktober 2023) infolge des Zusammenstoßes gesunken war, konnten Rettungskräfte zwei Seeleute aus dem Wasser retten. Für einen Seemann kam jede Hilfe zu spät. Vier Menschen der siebenköpfigen Besatzung des Frachters „Verity“ gelten weiter als vermisst.
Helgoland: Zwei Seeleute konnten gerettet werden
Drei Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hatten in der Nacht zu Mittwoch bei völliger Dunkelheit weiter nach den Vermissten gesucht. Auch ein Bundespolizeischiff, ein Zollboot, ein Schiff der Wasserschutzpolizei und ein Lotsentender waren im Einsatz, teilte das Havariekommando am Abend mit. Sie setzten bei ihrer Suche Wärmebildkameras und Nachtsichtgeräte ein.
Darüber hinaus beteiligten sich laut Behörde die Deutsche Marine mit drei Hubschraubern, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit einem Forschungsschiff und die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit einem Mehrzweckschiff.
Taucher hatten zuvor nach Lebenszeichen auf dem Wrack des infolge der Kollision gesunkenen Frachters „Verity“ in rund 30 Metern Tiefe gesucht – ohne Erfolg. Eine einsetzende starke Strömung machte weitere Versuche zunächst unmöglich, hieß es.
Indes bleibt weiter unklar, warum das Massengutschiff „Polesie“ und das Küstenmotorschiff „Verity“ bei völliger Dunkelheit in der Deutschen Bucht zusammenstießen. Fotos vom Unglücksort zeigten, wie Lichtkegel von Suchscheinwerfer des Kreuzfahrtschiffes „Iona“, das zufällig in der Nähe unterwegs war, kurz nach der Havarie am frühen Morgen die dunkle Wasseroberfläche an der Unglücksstelle absuchten.
Gegen 5.20 Uhr sei das Signal der „Verity“ verloren gegangen, sagte Michael Ippich von der DGzRS-Geschäftsführung. „Man musste davon ausgehen, dass zu diesem Zeitpunkt das Schiff gesunken ist.“ Gut eine Stunde später sei der erste Seenotrettungskreuzer von Helgoland am Unglücksort gewesen. Kurz darauf wurden erste Wrackteile gefunden.
Die unter der Flagge Großbritanniens fahrende 91 Meter lange „Verity“ hatte laut dem Havariekommando sogenannte Stahl-Coils geladen, also Rollen aus großen Blechen. Das Schiff der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships war auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Es hatte auch rund 1300 Kubikmeter Dieseltreibstoff an Bord. Deswegen rückte auch ein Mehrzweckschiff zu der Unfallstelle aus, um möglichen ausgelaufenen Treibstoff vom Wasser aufnehmen zu können.
Havariekommando in Cuxhaven übernahm Gesamteinsatzleitung
Der andere Frachter, die mit 190 Metern Länge größere „Polesie“, war unter der Flagge der Bahamas auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Spanien unterwegs. 22 Seeleute waren an Bord des Frachters, der zu der polnischen Reederei Polsteam Group gehört. Sie blieben alle unverletzt, wie das Havariekommando am Dienstagabend bestätigte. Der Frachter soll noch im Laufe der Nacht aus eigener Kraft Cuxhaven anlaufen.
Der Unfall ereignete sich rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der ostfriesischen Insel Langeoog – in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit. Denn in der Deutschen Bucht verlaufen laut Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) zwei international eingerichtete Schifffahrtsstraßen in Ost-West-Richtung.
Dabei handelt es sich um das Verkehrstrennungsgebiet (VTG) Terschelling-German Bight (Deutsche Bucht) vor den Ostfriesischen Inseln sowie das weiter nördlich liegende Verkehrstrennungsgebiet German Bight Western Approach (Deutsche Bucht West-Ansteuerung). Querend zu den beiden Verkehrstrennungsgebieten verläuft der Schiffsverkehr zu den deutschen Flussrevieren Ems, Jade/Weser und Elbe sowie auch zu den Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. (dpa)