Sie wollen frei sein, fordern das Ende des islamistischen Regimes im Iran, verbrennen ihre Schleier oder schneiden sich die Haare ab: Seit dem Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini demonstrieren Tausende im Land – und werden von der iranischen Führung festgenommen, erschossen, gefoltert.
Vor Gericht bricht er verzweifelt zusammenSänger (27) im Iran zum Tode verurteilt
Es sind Szenen, die einem unter die Haut gehen: In dem Video aus der Gerichtsverhandlung, das die iranischen Behörden veröffentlicht haben, ist ein sichtlich gezeichneter junger Mann zu sehen. Es ist der kurdische Rapper Saman Yasin, seit Mitte Oktober sitzt er im Gefängnis.
Nun sitzt er in dem Schauprozess, wird von den Behörden gefilmt – und muss sich anhören, dass er wegen „Moharebeh“ („Krieg gegen Gott“) verurteilt werde, weil er auf einer Demo drei Schüsse aus einer Pistole abgegeben habe. Damit wird er zum Tode verurteilt. Yasin widerspricht zuvor noch, er habe nur eine Luftpistole dabei gehabt. Doch als er das Urteil hört, schlägt er verzweifelt die Hände vors Gesicht.
Ob er noch lebt oder bereits hingerichtet wurde, ist nicht bekannt.
Iran: Rapper Saman Yasin zum Tode verurteilt
Die kurdische Menschenrechtsorganisation „Hengaw“ hat zuerst über das Urteil gegen Yasin berichtet. Dem Bericht nach sei er am 2. Oktober von iranischen Sicherheitskräften aus seinem Haus entführt und während seiner Haftzeit seelisch und körperlich gefoltert worden. Nur drei Wochen später sei das Urteil gefällt worden.
Der 27-jährige Rapper hat mehrere kurdische Protestlieder veröffentlicht, hat über Themen wie die hohe Arbeitslosigkeit oder die Unterdrückung der Bevölkerung in seiner Heimat gesungen. Nach dem Tod der iranischen Kurdin Amini am 13. September, die in Teheran wegen angeblicher Nichteinhaltung der vom Regime verfügten Kleiderordnung festgenommen worden war und drei Tage später starb, hatte auch Yasin Solidarität gezeigt – auf seinem Instagram-Profil etwa ist Amini zu sehen. Er unterstütze die landesweiten Proteste, indem er mehrere Beiträge und Geschichten über den Fall postete.
Seinen letzten Instagram-Beitrag postete er am 31. August – ein Musikvideo.
Die deutsche Journalistin und Autorin Düzen Tekkal (44) äußerte sich bei Twitter ebenfalls zu Yasins Verurteilung: Die Aufnahmen des Schauprozesses würden „bewusst vom Staatsfernsehen veröffentlicht, um Angst und Schrecken zu verbreiten“.
Iran: Staatsmedien verbreiten Video von angeblichen Entschuldigungen
Dass das Video zum Schauprozess öffentlich gemacht wird, entspricht dem harten Kurs des Regimes in Teheran. Mit derlei Aufnahmen will sie klarmachen: Wer protestiert, riskiert den Tod. Zuletzt hat das Parlament mit großer Mehrheit harte Strafen bis hin zur Todesstrafe für inhaftierte Demonstrierende gefordert.
Trotzdem die Sicherheitskräfte und Milizen gewaltsam gegen die Protestierenden vorgehen und mit scharfer Munition schießen – die Menschen gehen weiterhin auf die Straße. Nach Einschätzungen von Menschenrechtlern mindestens 330 Menschen getötet worden, darunter viele Kinder und Minderjährige. Fast 15.000 Iranerinnen und Iraner seien verhaftet worden.
Seit Ende Oktober werden öffentliche Prozesse gegen rund tausend Demonstrierende angestrengt, neben Yasin droht auch vielen anderen eine Verurteilung unter dem Anklagepunkt „Krieg gegen Gott“, was mit der Todesstrafe geahndet werden kann.
Rapper Saman Yasin ist nicht das einzige bekannte Gesicht aus dem Iran, das vom Regime instrumentalisiert wird: Auch Rapper Toomaj Salehi, der ebenfalls gegen die Regierung und über die Korruption in seiner Heimat gesungen und Beiträge gegen die Sicherheitskräfte auf seinen sozialen Kanälen gepostet hat, wurde festgenommen. Staatsmedien haben ein Video von ihm verbreitet, in dem er mit verbundenen Augen auf dem Boden zu sehen ist. Darin entschuldigt sich der Sänger mit gebrochener Stimme: „Ich habe einen Fehler gemacht“. Auch Salehi soll zuvor gefoltert worden sein, berichten Familienangehörige.